Die Familie muss beisammen sein

Muttertag: Wer Kinder hat, nimmt sich selbst nicht so wichtig. Das trifft mit Blick auf die hiesigen Mütter den Nagel auf den Kopf: Gefeiert wird in trauter Runde.

Kempen/Grefrath. Morgen bekommen sie den Kaffee ans Bett gebracht, einen Blumenstrauß auf dem Frühstückstisch gestellt und ein mühsam auswendig gelerntes Gedicht aufgesagt: Der Muttertag, Anfang des letzten Jahrhunderts in den USA erfunden, ist für viele Mütter ein ganz besonderer Tag.

Ob Alt oder Jung, alleinerziehend oder als Teil einer Patchwork-Familie - auf die eine oder andere Weise wird morgen fast jede Mutter von ihrer Familie gefeiert. Und doch scheiden sich die Geister: Einige Mütter finden ihren Ehrentag schlicht unsinnig.

Etwa Marion Pluschke: "Wir feiern den Muttertag zwar, aber eher für meine Mutter, die bei uns im Haus lebt. Ich selbst könnte auch sehr gut darauf verzichten", meint die 53-Jährige. Als die Kinder Sarah (21) und Dorian (16) noch klein waren, habe Marion Pluschke schon mal einen Blumenstrauß bekommen. "Aber eigentlich sollten sich die Kinder jeden Tag vernünftig benehmen, dann bräuchte es auch keinen Muttertag."

Deutlicher formuliert es Ursel Kollmann. Sie hat ihre vier Kinder zum Teil alleine großgezogen und legt keinerlei Wert auf Muttertagsgeschenke. "Ich wäre dumm, wenn ich einen Extra-Tag brauchen würde, an dem meine Kinder an mich denken", meint die 57-Jährige, die auch schon vor Jahrzehnten gut auf den Muttertag hätte verzichten können. "Damals habe ich natürlich mitgespielt. Wenn die Kleinen im Kindergarten lernen, dass man am Muttertag Frühstück machen muss, dann sollte man sie auch nicht enttäuschen und das ablehnen", betont Ursel Kollmann. Doch inzwischen dürfen sich die Kinder, heute zwischen 22 und 38 Jahren alt, Blumen und sonstige Mitbringsel sparen - denn "letzten Endes ist Muttertag doch nur Geschäftemacherei".

Hildegard Gehlen, zwei Söhne

Andere wiederum würden vielleicht gerne Muttertag feiern, können aber nicht. "Wie jedes Jahr fällt der Muttertag mitten in die Spargelsaison", seufzt Luise Nytus, die mit acht Kindern zwischen drei und 27 Jahren derzeit täglich früh aufsteht, um den frisch geernteten Spargel rund um den heimischen Baselshof zu sortieren. "Vom Nesthäkchen Theresa bekomme ich aber etwas Gebasteltes, das konnte sie nicht für sich behalten", schmunzelt Luise Nytus, deren 46.Geburtstag heute auch im Spargeltrubel untergeht.

Einen "Müttertag" feiert Barbara Ulbrich-Armonies: Die Mütter der Familie treffen sich zum gemütlichen Frühstück. "Eigentlich ist es also mehr ein Familientag", meint die 38-Jährige, zu deren Patchwork-Clan neben drei eigenen auch zwei Stiefkinder gehören. "Dass es einen Muttertag gibt, ist schon schön, obwohl man sowieso jeden Tag nett zueinander sein sollte", sagt Barbara Ulbrich-Armonies.

Auch Resi Hermans legt am Muttertag Wert darauf, dass die Familie beisammen ist. Mit Kindern und den drei Enkeln trifft sich die 74-Jährige zum Spargelessen. "Ein großes Geschenk brauche ich aber nicht. Wenn man einen guten Bezug zu den Kindern hat, ist eigentlich jeder Tag Muttertag."

So sieht es auch Hildegard Gehlen, die als berufstätige Mutter zwischen der Arbeit in der Apotheke und den Söhnen Daniel (17) und Philipp(14) hin und her pendelt. "Als sie klein waren, war das schwieriger", erinnert sich die 43-Jährige. "Heute klappt das ganz gut." Am Muttertag plant die St.Huberterin mit Ehemann Michael Gehlen einen Ausflug - die Söhne sind über Pfingsten sowieso nicht zu Hause. "Wenn sie hier wären, würden sie vermutlich schon dran denken. Aber ich komme auch ohne Blumenstrauß am Muttertag sehr gut klar."

Michaela Knauf aus Grefrath hat noch nicht viele Muttertage hinter sich: Ihr Sohn Jonas ist drei, Tochter Hannah erst acht Wochen alt. Im stressigen Alltag hilft der Verein M.u.M. (Mutter und mehr). "Hier habe ich andere Eltern kennen gelernt und mein Sohn, der eher schüchtern ist, konnte erste Kontakte zu Gleichaltrigen knüpfen." Für Muttertag plant die vierköpfige Familie einen Ausflug. "Und wenn Jonas mir morgens ,Alles Liebe zum Mami-Tag’ wünscht, geht sowieso die Sonne auf", freut sich die 29-Jährige.