Kempen Es rumort in der Flüchtlingsfrage
In Sachen Koordination und Unterbringung gibt es viele offene Fragen. Antworten hat die Stadt Kempen aber derzeit nicht.
Kempen. Bei der Lösungssuche zur Unterbringung weiterer Flüchtlinge ist bei der Stadt Kempen Sand im Getriebe. Das zeigt sich derzeit bei den Diskussionen um die geplante neue Unterkunft am Schmeddersweg. In der vergangenen Woche meldete die WZ exklusiv, dass die Verwaltung von den bisherigen Plänen abgerückt ist. Seitdem herrscht Verunsicherung rund um das Thema — eine Analyse.
Seit 28. Juni gibt es einen Ratsbeschluss, dass auf dem Gelände zwischen Sporthotel und Schmeddersweg eine neue Unterkunft für bis zu 250 Menschen errichtet wird. Diese ist laut Stadt nötig, weil die Bezirksregierung bis Ende des Jahres deutlich mehr Flüchtlinge nach Kempen schicken wird. Die Quote der Stadt soll von knapp 44 auf rund 90 Prozent erhöht werden. So wurde es den Teilnehmern einer Bürgerversammlung Anfang Juli vom Sozialdezernenten Michael Klee erklärt. Auserkoren war für den Schmeddersweg eine Containerlösung wie sie die Stadt Willich in Kooperation mit dem Unternehmen Mega-Village umgesetzt hat. In Kempen stand ein Vertrag kurz vor der Unterschrift. Dezernent Klee war von der Idee überzeugt.
Analyse
Das Dezernat seines Kollegen Stephan Kahl sah dies offenbar anders. Mehrere Ratsmitglieder bestätigten der WZ, dass Experten des Bau- und Planungsdezernates nach einem Ortstermin in Willich die Empfehlung ausgesprochen haben, von der Lösung eines Containerdorfes Abstand zu nehmen. In Kempen wolle man eine „langfristigere Lösung“ erreichen — möglicherweise in einer Massiv-Bauweise. Es folgte die Absage an Mega-Village.
Bei allen Überlegungen muss die Stadt Kempen allerdings den Faktor Zeit im Blick haben. Bislang kommunizierte die Verwaltung es so, dass die neue Einrichtung bereits ab September gebraucht werde. Daher auch die Eile vor den Sommerferien mit Ratsbeschluss, Bürgerversammlung einem unterschriftsreifen Vertrag mit Mega-Village. Inzwischen soll die Situation so sein, dass die Flüchtlinge deutlich später — zum Ende des Jahres — in Kempen erwartet werden. Das zumindest bestätigen diverse Quellen aus der Politik.
Und was sagt die Stadtverwaltung zu den offenen Fragen? Nichts. „Wir werden keine Stellungnahme abgeben“, sagt Pressesprecher Christoph Dellmans auf eine mehrfach wiederholte Anfrage der WZ. Im Rathaus werde unter Hochdruck gearbeitet, man stehe im Austausch mit der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg. Auf Fragen zur Bauweise, zur Zahl der Flüchtlinge und dazu, wann diese kommen, gibt es aus dem Rathaus keine Antworten. Zunächst müssten Gespräche mit den politischen Fraktionen geführt werden. Möglicherweise gebe es nächste Woche neue Informationen, die Dellmans bereits in der vergangenen für diese Woche angekündigt hatte.
Eine weitere Baustelle in der Flüchtlingsfrage ist das Begegnungszentrum in der ehemaligen Johannes-Hubertus-Schule in St. Hubert. Hochgelobt wurde Michael Klees Konzept, dort ein Zentrum zur Integration zu einzurichten. „Das ist Begegnung aus der Mitte“, so Klee. Genutzt wird der Schulaltbau seit dem Frühjahr unter anderem für die Betreuung von Flüchtlingskindern.
Dem vielen Lob folgte auch eine finanzielle Belohnung aus Düsseldorf. Am 19. April war Regierungspräsidentin Annemarie Lütkes höchstpersönlich in St. Hubert, um Klee und Bürgermeister Volker Rübo die Zusage über eine Förderung von 372 000 Euro zu geben. Das Geld darf die Stadt Kempen für bauliche Veränderungen am Begegnungszentrum und auch für die personelle Ausstattung zur Organisation der Angebote verwenden.
Bauliche Veränderungen hat es seit April noch nicht gegeben, wie mehrere Ehrenamtler der WZ bestätigen. Und auch Pläne für eine Umsetzung liegen noch nicht vor. „Zurzeit werden Bestandsaufnahmen des Gebäudes begonnen, die auch der Besonderheit eines denkmalgeschützten Gebäudes Rechnung tragen müssen. Danach werden in Absprache mit Architekten die notwendigen Umbaumaßnahmen inklusive des Brandschutzes geplant und mit der Durchführung begonnen“, so eine Stellungnahme aus dem Rathaus auf Anfrage der WZ.
Fertiggestellt seien bereits ein Besprechungsraum und ein Büro für den städtischen Mitarbeiter Bjarne Norlander. Der 72-jährige Rentner wurde mit Mitteln aus dem Fördertopf des Landes eingestellt. Der frühere Leiter des Tönisberger Jugendheims „Mounty“ hat nun eine Teilzeitstelle (24 Stunden pro Woche) bekommen: „Ansprechpartner und Koordinator der Ehrenamtler im Bereich Flüchtlinge“.
Ebenfalls eine Teilzeitstelle hat Frank Jessen inne. Er wurde als „Quartiersentwickler auf dem Sektor Koordination Flüchtlinge“ mit Mitteln aus dem Fördertopf des Landes eingestellt. Nach Angaben der Stadt hat Jessen seine Arbeit bereits aufgenommen und wird in Kürze ein Büro im Begegnungszentrum beziehen.
Aus Sicht von mehreren Ehrenamtlern, mit denen die WZ gesprochen hat, bestehen vor allem in der Koordination der ehrenamtlichen Arbeit Defizite. „Ich habe mich inzwischen an eine andere Institution außerhalb Kempens gewandt, um zu helfen“, sagt ein Freiwilliger (Name der Redaktion bekannt). In Kempen habe es zu viele organisatorische Hürden gegeben. Bjarne Norlander und Frank Jessen haben offenbar einiges zu tun.