Fastenzeit: Die Wege des Verzichts
Die einen wollen abnehmen, die anderen zu sich selbst finden. Ab Mittwoch wird gefastet.
Kempen/Lobberich. Ab Mittwoch wird nicht mehr gefeiert. Überhaupt ist es jetzt vorbei mit all’ dem Überfluss. Zumindest bis Ostern. Dann endet die Aschermittwoch beginnende Fastenzeit. Die meisten nutzen die Zeit des Verzichts, wenn der Hosenbund mal wieder unangenehm im Hüftpolster kneift.
Doch ursprünglich geht es nicht darum, sein Gewicht zu reduzieren, sondern um ein spirituelles Ziel. Haben Christen vor einigen hundert Jahren noch komplett auf Nahrung in der Fastenzeit verzichtet, gibt es heute keine verbindlichen Vorgaben mehr.
Jeder entbehrt, was er möchte. Oder auch nicht. „In der evangelischen Kirche ist das heute grundsätzlich eine freie Entscheidung des Einzelnen“, sagt Pfarrer Matthias Engelke aus Lobberich.
In diesem Jahr lautet das Motto der evangelischen Kirche „Gut genug. Sieben Wochen ohne falschen Ehrgeiz“. Engelke übersetzt: „Wo mache ich eigentlich etwas, nur um gut anzukommen?“ Für ihn sei die Fastenzeit so etwas wie eine Selbstprüfung. Man stelle fest, von welchen dummen Gewohnheiten man abhängig ist und ob „das Leben mit dem Verzicht auf bestimmte Dinge nicht eigentlich schöner wäre“.
Für den Pfarrer persönlich hat das Fasten auch eine politische Dimension: Seit drei Jahren campiert er vor einem Atomwaffenlager in Büchel (Eifel), um zu protestieren.
Doch der Verzicht hat eine empfindliche Grenze. Zumindest in Deutschland. Nämlich dort, wo es um das Auto geht. Seit fünf Jahren ruft die ökumenische Umweltgruppe der Kempener Kirchengemeinden zum sogenannten Autofasten auf.
Allerdings nur mit mäßigem Erfolg, wie eine Dame aus der Gruppe berichtet. „Für viele ist das Auto fast so etwas wie ein unverzichtbares Körperteil“, sagt sie. Selbst verzichten die Frau und ihre Familie seit Jahren auf ein Auto. Und das problemlos.
Der Gruppe geht es um den ökologischen Aspekt, doch „die meisten werden wohl erst auf das Auto verzichten, wenn sie es sich finanziell nicht mehr leisten können“.
Chefarzt Dr. Oliver Schmidt Osterkamp vom Hospital zum Heiligen Geist befürwortet aus medizinischer Sicht natürlich den Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol, Zigaretten oder Süßigkeiten.
Jedoch gar nichts mehr zu essen oder nur sehr einseitig, könne riskant sein — gerade wenn Vorerkrankungen bestehen. Generell gilt: „Auf ausreichend Flüssigkeit achten und die Grundversorgung mit Nährstoffen sicherstellen.“