Kempen Galaktischer Zug in der Altstadt
Beim Kempener Martinszug war die Vielfalt der Fackeln groß. Mehr als 20 000 Besucher bestaunten die Laternen von 2700 Schülern.
Kempen. Lorenz Roppes hat eine der schwersten Aufgaben beim Kempener Martinszug: Das 19-jährige Mitglied des Musikvereins St. Hubert spielt die Tuba. Und sein mehr als hundert Jahre altes Instrument, das in diesem Moment noch mit der großen Öffnung nach unten auf dem Heyerdrink-Wendehammer steht, wiegt nach seinen Schätzungen rund zwölf Kilogramm.
Nichtsdestotrotz: „Ich bin immer wieder gerne dabei“, erzählt der junge Mann. In diesem Jahr ist es sein sechstes Mal im Musikverein — „und davor bin ich natürlich mit Laterne mitgegangen“.
Rund 2700 Schüler nahmen am Donnerstagabend am nach Angaben der Veranstalter größten Martinszug am Niederrhein teil. Erneut waren laut Behörden mehr als 20 000 Besucher in der Stadt.
Fast 2500 Meter lang ist die Strecke, die traditionell an der Mülhauser Straße startet. Direkt vor der Apotheke steht eine kleine Schülergruppe mit den traditionellen Laternen, die den Zugbeginn markieren. Diese werden ebenso wie die üblichen „Schlusslichter“ von Schülern der auslaufenden Martinschule getragen.
Begleitet werden die gerade einmal sechs Mädchen und Jungen zwischen 15 und 17 Jahren von ihrem Lehrer Markus Pricken. Sie erklären die spärliche Gruppengröße damit, dass die Hauptschule nur noch wenige Jahrgänge habe: die jüngeren gehörten bereits zur Gesamtschule. Außerdem seien viele der Jugendlichen bei THW und Jugendfeuerwehr engagiert und somit am Zugabend eingespannt.
Zu den jüngsten Teilnehmern zählt der sechsjährige Jakob, Erstklässler der Astrid-Lindgren-Schule. Die Laternen der i-Dötzchen zeigen „Kinder der Welt“. Jakobs Familie ist bereits zum zweiten Mal hintereinander in Sachen St. Martin unterwegs: Schwester Greta besucht die Kita Paul und Pauline und war entsprechend beim Kleinkinderzug am Mittwoch dabei. Da ist es gut, dass zumindest Jakob am Tag nach dem großen Ereignis ausschlafen kann: „Die Schule hat die erste Stunde am Freitag freigegeben“, sagt Mutter Corinne Lohre.
Ob Eulen (Grundschule Wiesenstraße), pinkfarbene Einhörner (Luise-von-Duesberg-Gymnasium) oder Kempener Ansichten (Erich Kästner Realschule) — die Bandbreite der Laternen-Themen ist wie immer enorm. Masken aus aller Welt hat die Gesamtschule gebastelt, die die augenscheinlich größte Gruppe stellt.
Die Regenbogenschule kommt galaktisch daher: mit Planeten, Sternzeichen, Astronauten, Raketen und Ufos. Auch Sonnen sind dabei. Die Liebfrauenschule aus Mülhausen zeigt klassische Martinsdarstellungen und verweist mit eingearbeiteten Jahreszahlen auf ein besonderes Jubiläum: Im Jahr 316 wurde Martin von Tours geboren, also vor 1700 Jahren. In Kempen wird er — seit 2003 — von Franz-Josef „Jüppi“ Trienekens dargestellt, der von den Herolden Michael Fander und Georg Funken begleitet wird.
Szenenapplaus bekommen unter anderem die großen „Vogel-Dinos“ der Kunst-AG des Thomaeums. In den Fantasie-Figuren aus Reispapierlampen eines schwedischen Möbelhauses, Knicklichtern und Plastikstöcken stecken Schüler, die sich zum Schutz vor der Beleuchtung um sie herum Sonnenbrillen auf die Nase gesetzt haben.
Und falls das Dino-Licht plötzlich ausgeht, ist Jürgen Hemkemeyer zur Stelle: „Ich mache in jedem Jahr den Pannendienst“, erzählt der Kunstlehrer mit Grubenlampe auf der Stirn und Schraubenzieher in der Hand.
Mit Anton, Det, Fritzchen und Co. ist die evangelische Jugend unterwegs. „Wir finden die Mainzelmännchen witzig. Außerdem geraten sie langsam in Vergessenheit oder werden mit den Heinzelmännchen verwechselt“, erklärt Gemeindepädagoge Christian Gläser die Themenwahl.