Start in die Gartensaison Bücherei in Grefrath verleiht jetzt auch Saatgut

Grefrath · Immer mehr Bibliotheken bundesweit bieten Samen für Tomaten oder Bohnen zur Ausleihe an. Ab März ist Grefrath dabei.

In der Bücherei ist alles bereit: Ehrenamtlerin Ann-Kathrin Kranzusch hat die Tütchen mit dem Saatgut schon zur Ausleihe bereitgelegt.

Foto: Norbert Prümen

Wer in Grefrath und Umgebung Tomaten, Bohnen, Erbsen oder Salat im eigenen Garten oder auf dem Balkon ziehen möchte, kann künftig in die Bücherei gehen, um das Saatgut auszuleihen: Ab März bietet die katholische öffentliche Bücherei (KÖB) im Cyriakushaus am Markt die Samen für diese Gemüsesorten an, außerdem die eher unbekannte Gemüsemelde, deren Blätter sich im Salat eignen, aber auch in Gemüsequiches oder Aufläufen verwendet oder wie Spinat gekocht werden.

Teilnehmer erhalten Newsletter während der Aufzuchtzeit

Die Idee, in der Bibliothek auch Saatgut anzubieten, hatte in Grefrath Martina Feldges. Sie gehört dem 15-köpfigen Team von Ehrenamtlern an, das die Bücherei betreut. Über 3000 Medien finden sich dort – wer gern Romane und Krimis liest, wird im Cyriakushaus fündig, auch Kinderbücher, Bilderbücher und Lesestoff für junge Leser gehören zum Programm. Natürlich war es ein Garten, der Feldges auf die Idee mit der Saatgut-Ausleihe brachte: „Wir haben das Haus der Großeltern übernommen“, erzählt die Ehrenamtlerin. Früher habe es dort auch schon einen Nutzgarten gegeben, Rhabarber war noch da. Im vergangenen Jahr fing sie an, erstmals selbst Gemüse zu ziehen. Mit Zucchini und Mangold klappte es, mit den Möhren nicht.

Feldges informierte sich, las viel, beschäftigte sich auch mit altem Saatgut. Und stieß auf den Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) aus Büdesheim in der Eifel, der Büchereien und Bibliotheken den Saatgutverleih als Bildungsprojekt anbietet: Mit ausführlicher Anleitung lernen Interessierte die Samengärtnerei im eigenen Garten oder auf dem Balkon und stellen das selbst vermehrte Saatgut über die Bücherei wieder anderen zur Verfügung. Das Konzept stieß im Team der Ehrenamtler in Grefrath auf großen Zuspruch, doch für eine Anmeldung im vergangenen Jahr war es da schon zu spät. Nun hat es geklappt: Ab März 2024 nimmt die KÖB Grefrath am Projekt teil.

Für die Nutzerinnen und Nutzer der Bücherei ist es ganz einfach: Sie suchen sich in der Bücherei ein Samentütchen aus und entleihen es mit einer Frist von neun Monaten, also für die Zeit der Wachstumsperiode. Gebühren fallen dabei nicht an. Sie säen die Samen nach Anleitung aus und pflegen die Pflanzen bis zur Samenreife – und ernten unterwegs einen Teil des leckeren Gemüses.

Die ausgereiften Samen werden geerntet, getrocknet und in Saatguttütchen abgefüllt, die dann ordentlich beschriftet zur Bücherei zurückgebracht werden. Hilfestellung erhalten Interessierte durch das begleitende Bildungsprogramm: Zehn Newsletter begleiten die Teilnehmer durch das Gartenjahr und vermitteln Wissenswertes, um das eigene Gemüse zu ziehen, am Ende der Saison das Saatgut zu ernten und wieder zurückzugeben.

Mit dem Projekt will das Grefrather Bücherei-Team auch „einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und Besserung der Umwelt leisten“, wie es im aktuellen Pfarrbrief heißt: „Jedes Gemüse, das keine weiten Transportwege zurücklegen muss, ist ein Gewinn für Mensch und Umwelt, gleichzeitig bringt der Genuss des eigenen Gemüses sehr viel Spaß und Wertschätzung!“

Die Ausleihe soll auch ein Beitrag zum Erhalt alter Nutzpflanzensorten sein. So trägt das VEN-Projekt den Titel „Saatgut leihen – Vielfalt ernten“, denn mit der Vermehrung traditioneller, samenfester Sorten bleiben diese erhalten. Und so kommt die Vielfalt auch auf den Teller. „Kulturpflanzen wurden von Menschen seit Jahrtausenden entwickelt. Sie können jedoch, anders als die meisten Wildpflanzen, ohne menschliches Zutun nicht überleben. Nur noch wenige von uns wissen, wie unsere Lebensgrundlage eigentlich gepflegt und vermehrt wird. Das wollen wir ändern“, heißt es vom Verein.

Über die zahlreichen Büchereien und Bibliotheken, die inzwischen teilnehmen, kümmern sich nun immer mehr Menschen um die Saatgutvermehrung der alten Sorten. Für Garten- oder Balkonbesitzer, die sonst alljährlich ihre Samentütchen im Baumarkt oder Gartencenter holen, praktisch: „Dadurch vermehrt man das Saatgut, man muss es nicht immer neu kaufen“, sagt Feldges.