Kempen „Ich möchte unbedingt hier wohnen bleiben“
Nicht zuletzt junge Menschen blicken mit großem Interesse auf die Planungen für das große Wohngebiet im Kempener Westen. Nun fand die erste Planungswerkstatt statt.
Kritik hatte es bei der ersten Bürgeranhörung zum neu geplanten großen Wohngebiet im Kempener Westen zur Genüge gegeben. Vor allem wurde sich über die zusätzliche Verkehrsbelastung beklagt. Jetzt wurde es sachlich und kreativ, als — ebenfalls in der Mensa der Martin-Schule — die erste Planungs-Werkstatt stattfand. Etwa 60 Kempener machten mit, hatten viele Ideen und Anregungen.
Zwischen Straelener Straße und Ziegelheider Straße sollen rund 750 neue Wohneinheiten entstehen. In einem weiteren Verfahrensschritt hatte das Dortmunder Planungsbüro Pesch & Partner zu dieser ersten Werkstatt eingeladen. Zweieinhalb Stunden dauerte diese.
Natürlich gab es dabei weitere Nein-Stimmen, so beispielsweise vom Ur-Kempener und Schäfer Norbert Voetz (65). Das wertvolle Ackerland dürfe in dem Gebiet nicht weiter versiegelt werden.
Aber es gab durchaus viele andere Töne, so von Thomas Körwes (56), ebenfalls ein Kempener Urgestein: „Dies ist eine große Chance, selbst an der künftigen Gestaltung Kempens mitzuwirken. Dies könnte zu einer runden Sache werden, wenn wir schöne Wohnquartiere hinbekommen. Und keine, die dem Auge wehtun, weil das Alte und Neue überhaupt nicht zueinander passt.“
Andreas Bachmann, Geschäftsführer des Dortmunder Büros, und seine Mitarbeiter Felix Kutzera, Holger Everz und Niklas Förstemann hatten vier Arbeitsgruppen gebildet. Es ging um „Siedlungsbild und Städtebau“, „Freiraum und Ortsrand“, „Mobilität und Verkehr“ sowie „Nutzungen und Wohngebiete.“ Bei den Wohngebieten fasste hinterher Gerd-Wilhelm Stückemann (CDU-Ratsherr) die Ergebnisse seiner Gruppe zusammen: Bedarfe an allen neuen Wohnformen seien genügend vorhanden, egal, ob beim Geschosswohnungsbau, für den sozialen Wohnungsmarkt, bei den Reihen-, Doppel- oder Einfamilienhäusern. Das Zauberwort hierbei sei der „Mix“.
Es müsse gelingen, die verschiedensten Baukörper und Formen in der Gesamtheit zu integrieren. Keine Ghettobildung, keine riesige Umgehungsstraße, sondern ein durchdachtes Verkehrskonzept, mit kleinen Begegnungs- und Aufenthaltszentren. „So etwas wie den zubetonierten Concordienplatz wollen wir aber nicht“, stellte ein Redner klar.
An der Gruppenarbeit beteiligte sich unter anderem Kempens Bürgermeister Volker Rübo oder der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Gareißen. Planungsamtsleiter Heinz-Peter Cox hörte sich, wie seine Städteplanerin Bettina von der Linde, die Diskussionen an den vier Tischen ebenso interessiert an wie Kempens Stadtwerke-Geschäftsführer Siegfried Ferling.
Auch einige junge Leute beteiligten sich. So die 26-jährige Ann-Christin Hartmann, Sie sagte der WZ: „Ich möchte unbedingt in Kempen wohnen bleiben, und irgendwann einmal in den nächsten drei Jahren mit meinem Freund Frederik bauen.“ Ihr Freunde aus Tönisvorst, Laura und Daniel Kirch, 26 und 27 Jahre alt, hatten den gleichen Wunsch. Die Beiden hatte sich am 1. Juli das Ja-Wort gegeben.
Den jungen Männern gefiel das Punktesystem nicht: „Erst müssen Kinder da sein, um dafür im Bewerberpool um ein städtisches Grundstück Punkte zu bekommen und dann kommt das Haus, warum geht das nicht andersherum: erst das Haus und dann die Kinder?“
Die Stadt ist dabei, die Ausbaufläche von insgesamt rund 45 Hektar in den städtischen Besitz zu bekommen. In der Werkstatt sprachen einige Wortführer auch die ältere Bevölkerung in Kempen an, erinnerten an die vielen großen Gartengrundstücke, die es nicht nur am Ortsrand gäbe und appellierten an die Eigentümer, die Grundstücke zu teilen und zusätzlich zu bebauen.
Auch dies sei nicht nur für die Wohnungssuchenden eine Hilfe. Sicherlich auch für die Eigentümer, die im Alter solche Areale nicht mehr bewirtschaften könnten. „Plant nicht so wie im Kempener Süden, wo an manchen Straßenzügen jede Bude nahezu gleich aussieht, seid kreativ“, wünschte sich Andre Weiß.
Thomas Hamacher berichtete aus der Arbeitsgruppe „Mobilität und Verkehr“. Auch er sprach sich für die Mischung der Wohnformen aus, wünschte teilweise autofreie Quartiere mit einem durchdachten Parkraumkonzept, wenn möglich unterirdisch.
Keineswegs dürfte die Berliner Allee oder die Birkenallee zusätzlich belastet werden. Moniert wurde von Anwohnern aus dem Außenbereich Ziegelheide noch die „Rote Welle“ auf dem Kempener Außenring, die zu bestimmten Zeiten Staus verursache und den einen oder anderen Autofahrer nötige, sich andere Wege zu suchen.
Thomas Körwes fasste die Arbeit der Gruppe „Siedlungsbild und Städtebau“ zusammen. Er votierte ebenfalls für eine Vielfalt an bezahlbarem Wohnraum, lehnte eine Ghettobildung ab, wünschte fließende Übergänge und einen kleinen Marktplatz, auf dem ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen könne.
Genannt wurde auch noch geeignete Lärmschutzmaßnahmen. Bei „Freiraum und Ortsrand“ wurde sich unter anderem noch für einen maßvollen Flächenverbrauch ausgesprochen. Und dafür, die Grünzonen und vor allem die Kleingartenanlage am Hausheckweg mindesten zu erhalten, wenn möglich sogar auszubauen.