Kreis Viersen Im Kreis gibt’s immer mehr Unfälle

Die Polizei hat die Unfallbilanz 2016 vorgestellt. Erschreckend ist, dass immer mehr Kinder betroffen sind — vor allem auf dem Rad. Deshalb wird nun die „Viersener Sicherheits-Offensive“ gestartet.

Foto: Jungmann

Kempen/Kreis Viersen. Mehr als 9000 Verkehrsunfälle hat es im vergangenen Jahr im Kreis Viersen gegeben. Das entspricht nicht nur einer Zunahme im Vergleich zu 2015 um 3,7 Prozent, sondern bedeutet gleichzeitig den höchsten Wert in einem Zeitraum von zehn Jahren. Kein Wunder, dass gestern die Stimmung bei der Vorstellung der Unfallbilanz 2016 durch die Kreispolizei gedrückt war.

„Die Zahlen sind nicht so berauschend“, stellte der stellvertretende Direktionsleiter Verkehr, Heinz-Josef Reinhart, trocken fest. Anstiege gibt es fast an allen Stellen der Statistik. So ist die Anzahl der Verletzten um 9,18 Prozent auf 1308 geklettert. Bei den Leichtverletzten fiel der Anstieg dabei sehr deutlich (knapp elf Prozent), bei den Schwerverletzten nur leicht (plus 2,38 Prozent) aus. In beiden Fällen wurde der Zehn-Jahres-Durchschnitt übertroffen.

Beim Blick auf die Unfallbilanz 2015 im Februar vor einem Jahr hatte die Polizei höhere Zahlen noch mit einem geänderten Meldeverhalten über Handy relativiert. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Im Gegenteil: Für einige Bereiche kündigte die Polizei verstärkte Kontrollen an, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Etwa bei Unfällen mit Radfahrern. 412 davon gab es 2016, was im Fünf-Jahres-Vergleich einem Plus von 21,9 Prozent entspricht.

Noch erschreckender: Die Anzahl der verunglückten Kinder hat sich von 111 auf 135 erhöht. Hier sind es erneut die Radfahrer, die in der Statistik den schlechtesten Wert seit fünf Jahren verursachen: 77 Kinder sind auf dem Zweirad verunglückt, 59 waren es im Jahr davor — ein Anstieg um 30,5 Prozent.

Was sind die Ursachen für diese sogar im Landesvergleich auffallend schlechte Entwicklung? Wie kann sie gedreht werden? Um dies zu beantworten, nutzt die Polizei ab sofort wissenschaftliche Hilfe: Vor der Jahrespressekonferenz leisteten Landrat Andreas Coenen, Heinz Albert Stumpen von der Deutschen Hochschule für Polizei in Hiltrup sowie Dieter Lambertz von der Kreisverkehrswacht ihre Unterschriften unter einen Vertrag zur „Viersener Sicherheits-Offensive Rad fahrende Kinder im Straßenverkehr“ (VORKIDS). In einem Projektzeitraum von 18 Monaten soll es eine tiefergehende Betrachtung möglicher Unfallursachen geben. Dabei sollen auch „weiche Faktoren“ durch Befragung der Unfallbeteiligten erfasst werden, kündigte Stumpen, ein gebürtige Schiefbahner, an. Das Land unterstützt die Maßnahme mit 40 000 Euro, 20 000 Euro steuert die Kreisverkehrswacht bei.

„Unfälle passieren nicht einfach. Sie werden verursacht“, betonte einmal mehr Landrat Andreas Coenen als Chef der Kreispolizeibehörde. Er und der Leitende Polizeidirektor Manfred Krüchten hoben in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der Prävention, aber auch der Repression hervor, um das Verhalten von besonders unbelehrbaren Verkehrsteilnehmern zu ändern. Beispiel: Wer mit Tempo 50 im Pkw unterwegs ist und nur eine Sekunde aufs Handy schaut, sei 14 Meter „im Blindflug“ unterwegs. Dem steigenden Problem mit der Handynutzung am Steuer begegnet die Polizei mit steigenden Kontrollen. So wurden 2016 acht Handys nach Unfällen beschlagnahmt.

Eine erfreuliche Nachricht gab es bei der Vorstellung der Unfallstatistik auch: Die Zahl der Verkehrstoten sank von acht auf drei — das ist ein historischer Tiefstand.

Zwei der drei Verkehrstoten waren älter als 65 Jahre. Auch insgesamt gesehen ist die Zahl der verunglückten Senioren um 16,3 Prozent auf 214 gestiegen. In fast 43 Prozent der Fälle haben die Betroffenen den Unfall selbst verursacht. Das sieht bei den 18- bis 24-Jährigen aber nicht besser aus: Hier stieg die Zahl der Unfälle um 2,9 Prozent auf 213, in der Hälfte aller Fälle waren die Jugendlichen selbst Verursacher.