Johnson Controls: Kampf um die Arbeitsplätze
Die Zukunft des Grefrather Werks ist ungewiss. Am Montag gab es eine „Politische Mittagspause“. Und Bürgermeister Manfred Lommetz will den US-Boss besuchen.
Grefrath. Die Gefühlslage der Mitarbeiter von Johnson Controls schwankt zwischen Hoffen und Bangen: Zwischen der Zuversicht, dass es doch noch neue Aufträge und damit Arbeit gibt — und der Angst, dass im Herbst 2014 das Licht ausgeht im Grefrather Werk, wenn die Produktion der Instrumententafel für die aktuelle C-Klasse von Mercedes ausläuft. Danach soll in der Lüneburger Niederlassung gefertigt werden, die mit 1000 Beschäftigten dreimal so viele Mitarbeiter wie Grefrath hat.
Das Wetter schien sich den Stimmungsschwankungen anpassen zu wollen: In der Ferne kündigten schwarze Wolken Unheilvolles an, aber dann setzte sich gestern zum Beginn der „Politischen Mittagspause“ auf dem Johnson-Parkplatz am Bronkhorster Weg doch die Sonne durch. Und vor allem war es recht kühl — so wie die Grundstimmung.
Dass die Lage der gesamten Branche nicht gut ist, wurde bei der Ansprache von Michael Reinhard, Leiter des Bezirks Moers der Industrie-Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), deutlich. In Europa würden weniger Autos verkauft und zugleich Teile der Produktion verlagert, vor allem in Richtung Asien. „Deshalb geht es hier auch um ein Zeichen für den Standort Deutschland“, sagte Reinhard.
Es ist kein Geheimnis, dass es in der Branche bis zu einem Drittel Überkapazitäten in Europa gibt. Und zwar nicht nur bei den Auto-Herstellern, bei denen einige Werksschließungen anstehen, sondern auch bei den Zulieferern. Da kommt so mancher ins Grübeln — schließlich hat Johnson Controls in Deutschland zehn Werke. Jedenfalls noch. „Wir erwarten ein klares Bekenntnis zu diesem Standort“, schließt Reinhard seine Rede.
2009 habe man einen Vertrag zur Standortsicherung abgeschlossen und dabei „Zugeständnisse en masse“ gemacht, sagte am Montag Jörg Esser, ebenfalls von der IG BCE. „Doch jetzt läuft es in Richtung eines Abwicklungsvertrags“. Das „Miteinander der Sozialpartnerschaft“ sei gefährdet. „Zeigen Sie, dass Sie ein verlässlicher Partner sind“, appellierte Esser an die Geschäftsführung.
An deren Verlässlichkeit wird nämlich gezweifelt, weil am Freitag ein Termin platzte. Da sollte eine Entscheidungsgrundlage für die Firmenzentrale in den USA auf den Weg gebracht werden, welche Aufträge das Grefrather Werk bekommen soll. Doch weil ein Mitglied der Arbeitsgruppe sich krank meldete, wurde daraus nichts.
„Ich hätte nie gedacht, dass es nötig ist, an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagte Ute Wiegmann, die Vorsitzende des Betriebsrates (BR) von Johnson Controls. Auch sie forderte von der Geschäftsleitung eine klare Entscheidung, „schwarz oder weiß“. Genauso sah es Susanne Heßmer, seit 2001 stellvertretende BR-Vorsitzende aus Tönisvorst, im Gespräch mit der WZ: „Es fehlt das politische Signal.“
Zum Schluss ging Wiegmann noch auf die Diskussion in der Grefrather Politik ein, ob das seit 2008 leerstehende Entwicklungszentrum gekauft und zum Rathaus umgebaut werden soll. „Ich finde es gut, um unsere Fixkosten zu senken. Aber ich fände es makaber, wenn das Geld genutzt wird, um unseren Sozialplan zu finanzieren.“
Eine Idee, die er bisher eher im kleinen Kreis geäußert hat, machte Bürgermeister Manfred Lommetz gestern bei seinem Grußwort öffentlich: Er will zu Bill Jackson in die Firmenzentrale nach Milwaukee (Wisconsin, USA) fliegen, um für den Standort Grefrath zu kämpfen. „Machen Sie einen Termin, ich flieg’ mit“, so Wiegmann auf die entsprechende Lommetz-Einladung.
„Am liebsten diese oder nächste Woche“ will er sich auf den Weg machen, so der Bürgermeister anschließend im Gespräch mit unserer Redaktion. Nun gilt es nur noch, die Frage des Dolmetschers zu klären. Denn für ein Gespräch ohne professionelle Übersetzung fühlen sich Lommetz und Wiegmann nicht gerüstet. Und dann ist noch die Frage zu klären, ob es überhaupt einen Termin bei Bill Jackson im knapp 6700 Kilometer entfernten Milwaukee gibt.