Keine Hoffnung für Becken-Retter

Mit Spannung wird die Diskussion zum Aqua-Sol in der heutigen Ratssitzung erwartet. Die Fraktionen werden den Beschluss zum Umbau aber bekräftigen.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Etwas überspitzt könnte man so die Bemühungen von Bürgern und Vereinen zusammenfassen, das 50-Meter-Außenbecken des Schwimmbads „Aqua-Sol“ doch noch zu erhalten. Aufgrund eines Bürgerantrags ist das Thema auf der Tagesordnung der heutigen Ratssitzung gelandet, obwohl die Politik in nicht öffentlichen Sitzungen von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung den Umbauplänen bereits vor Monaten zugestimmt hatte. Vor der Sitzung heute um 18 Uhr in der „Alten Scheune“ (Rheinstraße 27, Tönisberg) ist die Hoffnung, die Politik noch umstimmen zu können, aber nicht mehr angebracht. Das zeigen die Reaktionen der Fraktionsvorsitzenden auf Anfrage der WZ.

„Wir werden den Beschluss der Gesellschafterversammlung und die Freigabe der Mittel für die Stadtwerke stützen“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Wilfried Bogedain. Das Unternehmen habe den zuständigen Gremien in den vergangenen Monaten plausibel erklärt, dass der Umbau in dieser Form wirtschaftlich sinnvoll und tragfähig sei, um den langfristigen Erhalt des Schwimmbads zu sichern. „In Zeiten, in denen man aus ganz Deutschland von kompletten Bäderschließungen hört, unterstützen wir das Vorgehen der Kempener Stadtwerke“, so Bogedain.

Wie bereits mehrfach berichtet, wollen die Stadtwerke das bestehende Hallenbad schließen. Dafür soll eine neue Halle auf der Fläche entstehen, auf der derzeit das 50-Meter-Freibecken ist. Diese Lösung sei mit Blick auf die Baukosten und die langfristigen Personal- und Energiekosten die sinnvollste, wie die Stadtwerke betonen. Das 50-Meter-Becken sei „am wenigsten frequentiert“, wie es Badleiter Wolfgang Werthschulte bei der Präsentation der Pläne im März ausgedrückt hatte. Unter anderem deshalb haben die Stadtwerke die Entscheidung getroffen, das Becken als Baugrube für die neue Halle zu nutzen.

Diese Pläne, aber auch die Kommunikation gegenüber den Nutzern sorgen seit einigen Wochen für massive Kritik. Vertreter von Vereinen und Schulen haben nach eigenen Angaben aus der Zeitung von den Plänen erfahren.

Die Kommunikation hätte sicherlich besser sein können, findet der CDU-Fraktionschef. Wichtig sei aber nun, dass der Vereins- und Schulsport sowie das Ablegen diverser Abzeichen weiterhin möglich ist, so Bogedain. Und dies hätten die Stadtwerke versichert.

SPD-Fraktionschef Andreas Gareißen folgt der Argumentation der Stadtwerke, dass sich die Bedingungen für Vereine und Schulen sogar verbessern würden. „Und unterm Strich kann man aus wirtschaftlichen Gründen gar keine andere Entscheidung treffen“, sagt Gareißen mit Blick auf die beschlossenen Umbaupläne. Zu diesen wird die SPD auch in der heutigen Sitzung stehen. Dass das Projekt schlecht kommuniziert worden ist, will auch Gareißen heute Abend anmerken.

Seitens der FDP seien die Beratungen zum Thema noch nicht gänzlich abgeschlossen, wie es Fraktionschefin Irene Wistuba ausdrückt. Es gebe aber die Tendenz, an den Plänen der Stadtwerke festzuhalten. Die wirtschaftliche Argumentation der Geschäftsführung habe die FDP überzeugt, so Wistuba. Wie auch Wilfried Bogedain kann die Liberale aber den Ärger der Nutzer des 50-Meter-Beckens verstehen: „Das ist für die Betroffenen ohne Frage bitter.“ Die Stadtwerke sprechen laut Wistuba von etwa „500 regelmäßigen Nutzern“ des Beckens. Im Verhältnis zur Jahresbesucherzahl von 240 000 sei das aber ein geringer Teil. Insofern müsse diese Kröte wohl geschluckt werden, um das Aqua-Sol langfristig zu retten.

Um diese Argumentation zu untermauern, wird die Geschäftsführung der Stadtwerke heute im Rat nach Angaben mehrerer Fraktionsvertreter erstmals konkrete Zahlen zum Verlustgeschäft Aqua-Sol nennen. Diese Zahlen sind seit Jahren nur den Mitgliedern des Aufsichtsrats vorbehalten. „Die Veröffentlichung begrüßen wir ausdrücklich. Dafür setzt sich die FDP schon seit Jahren ein“, so Wistuba. Nach Informationen der WZ fährt das Aqua-Sol jährlich ein Minus von etwa zwei Millionen Euro ein — mehrere Quellen bestätigen diese Zahl.

Günter Solecki betont, dass die Politik bereits im Vorfeld über den Aufsichtsrat, in dem „seine“ Linken-Fraktion ohne Stimmrecht vertreten ist, die Möglichkeit genutzt hat, um auf die Planungen Einfluss zu nehmen und betont die Vorteile, die der Umbau mit sich bringt. Für ihm seien vor allem die Barrierefreiheit und die Verbesserung des Kinderbereichs von Bedeutung, die durch den Umbau ermöglicht würden. „Das 50-Meter-Becken war noch nie für die Allgemeinheit von tragender Bedeutung“, sagt Solecki. Als Politiker müsse man alle Kempener Bürger im Blick haben und könne nicht für „30 bis 40 Leute“, die das Becken intensiv nutzen würden, dieses exklusiv zur Verfügung stellen.

Bei den Freien Wählern Kempen (FWK) wurde das Thema heiß diskutiert, wie Udo Kadagies auf WZ-Anfrage berichtet. Die Entscheidung gegen das 50-Meter-Becken falle schweren Herzens, aber die Sachargumente würden dafür sprechen. „Wir leisten uns seit Jahren in Kempen den Luxus, dass wir Millionen-Verluste hinnehmen“, so der FWK-Fraktionschef. Auch die Finanzbehörden würden Änderungen fordern, daher sei die Stadtwerke-Geschäftsführung gezwungen zu handeln. Nur so könne man verhindern, dass man die Sache nicht ganz vor die Wand fahren lasse, so Kadagies.

Für die Grünen-Fraktion wollte der Vorsitzende Joachim Straeten vorab keine Stellungnahme abgeben, sondern sich erst in der Ratssitzung äußern.

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