In den Kempener Lichtspielen debattierten die Bürgermeisterkandidaten am Dienstagmorgen auf Einladung des Unternehmerkreises Keine Komödie, kein Drama – nur Politik
Kempen · Alle Besucher sind bis zum Ende des Abspanns geblieben. Insofern kann man ohne Frage feststellen, dass es am Dienstagmorgen in den Kempener Lichtspielen äußerst spannend und interessant war. Im Kinosaal gab es aber keine Komödie, kein Drama und kein Science-Fiction.
Es ging um die knallharte Realität. Um Politik. Es ging darum, wer Bürgermeister von Kempen werden will.
Bei einer Podiumsdiskussion des Unternehmerkreises Kempen (UKK) wurde den Kandidaten Georg Alsdorf (Freie Wähler), Christoph Dellmans (parteilos, aufgestellt von SPD und Grünen), Cedric Franzes (FDP) und Philipp Kraft (CDU) auf den Zahn gefühlt. Zum vierten Mal binnen weniger Tage trafen sich die Kandidaten zur Debatte – dabei gab es einige Wiederholungen, aber auch etwas Neues. Rund 30 Interessierte aus dem UKK hörten zu und stellten Fragen.
Wie soll das De-Beukelaer-Gelände vermarktet werden?
So wie Bauunternehmer Jürgen Hamelmann, der sich in Sachen De-Beukelaer-Gelände dafür interessierte, wie sich die Kandidaten die Vermarktung des Areals vorstellen, wenn der Kekshersteller Kempen verlassen hat. „Stehen Sie da auch einem privaten Investor offen gegenüber? Oder muss das unbedingt die Stadt machen? Meines Wissens gibt es schon private Interessenten“, so Hamelmann.
„Einen privaten Investor kann ich mir gut vorstellen. Da habe ich keine Berührungsängste“, so Georg Alsdorf. Die hat auch CDU-Kandidat Kraft nicht, aber er sieht das Areal eher in städtischer Hand. „Wir reden da von einem Filetstück in der Nähe zu Bahnhof und Innenstadt. Daher halte ich es für sinnvoll, das aus städtischer Hand zu planen“, so Kraft. In Sachen Gewerbeflächen müsse es künftig in erster Linie darum gehen, dass sich Kempener Unternehmen innerhalb der Stadt erweitern können. „Ich denke da zum Beispiel ans TZN. Von dort aus wollen sich viele Unternehmer vergrößern.“
„Sie rennen bei mir offene Türen an“, antwortete FDP-Kandidat Franzes auf die Frage von Hamelmann. Wenn ein Privatinvestor ein gutes Konzept hat, „soll er das ruhig machen“. Als Bürgermeister will Franzes aber dennoch Details festlegen. „Klar ist, dass wir da kein AZ 2.0 wollen und auch keinen großen Logistiker.“ An der Arnoldstraße müsse es darum gehen, innovative Arbeitsplätze zu schaffen.
Christoph Dellmans sieht auf dem De-Beukelaer-Areal nicht nur eine gewerbliche Nutzung. Er brachte sowohl Betriebswohnungen für Mitarbeiter als auch einen von der Stadt geführten Betriebskindergarten ins Spiel. Ebenso sollten Firmen angesiedelt werden. Bei dieser Mischung müsse aber genau auf Abstände und immissionsrechtliche Grundlagen geachtet werden. „Das Gewerbe soll keinesfalls beeinträchtigt werden“, so Dellmans. Diese Mischung sahen alle drei anderen Kandidaten als unrealistisch an.
Was passiert in Kempen
in Sachen Gewerbesteuer?
Auch die Gewerbesteuer war ein Thema im Kreise der Unternehmer. „Mit der Gewerbesteuer, mit dem Beitrag der Unternehmer haben wir in Kempen eine wichtige Grundlage für das Handeln der Stadtverwaltung“, sagte Dellmans zu diesem Themenfeld. Der Hebesatz sei in Kempen seit 2013 stabil – und daran solle sich auch in harten Corona-Zeiten nichts ändern. „Mittefristig denke ich aber auch über eine Senkung nach“, so Dellmans.
„Mitten in dieser Wirtschaftskrise, die auch die kommunalen Einnahmen schmälert, eine Senkung in Aussicht zu stellen, halte ich für unredlich. Und was soll überhaupt ,mittelfristig’ bedeuten“, entgegnete Dellmans’ Hauptkonkurrent Philipp Kraft. Kempen liege mit seinem Hebesatz unter dem Durchschnitt in NRW. „Ich kann nachvollziehen, dass Unternehmer sich gerne einen geringeren Steuersatz wünschen“, so Kraft. Dies sollte aber keiner versprechen. „Ich finde viel wichtiger, dass man den Unternehmen versichert, dass diese Einnahmen in die Infrastruktur der Stadt investiert werden, um den Standort attraktiv zu halten.“
Aus Sicht von FDP-Kandidat Franzes muss man eine Senkung der Gewerbesteuer immer im Blick haben. „Jeder Euro, der in einem Unternehmen bleibt, ist besser angelegt als Geld für irgendwelche Machbarkeitsstudien auszugeben“, so Franzes. Dennoch erwähnte auch eher eine angespannte Wirtschaftslage und das in Kempen drohende Haushaltssicherungskonzept (HSK). Georg Alsdorf vertrat die Meinung, dass die Gewerbesteuer „seit vielen Jahren stabil“ sei: „Und das soll auch so bleiben. Die Freien Wähler planen keine Erhöhung.“
Was wird in der
Stadtverwaltung besser?
Für die anwesenden Unternehmer waren auch die Abläufe in der Stadtverwaltung ein spannendes Thema. Unter anderem beim Stichwort Baugenehmigung runzelt der eine oder andere Gewerbetreibende dann und wann die Stirn. „Was wird in der Verwaltung besser, wenn Sie Bürgermeister sind?“, lautete die Frage von Moderatorin Katharina Gerlach.
„Die Führungsgrundsätze in einer Verwaltung sind aus meiner Sicht mit denen in der freien Wirtschaft vergleichbar“, so Kraft, der derzeit als Personalmanager im US-Unternehmen 3M tätig ist. „Es geht darum, die Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistern.“ Dafür brauche es aus der Führungsetage klare Vorgaben und eine Menge Rückhalt. „Aus meiner Sicht hat das in den vergangenen Jahren gefehlt. Wir haben keinen Kompass, keine Richtschnur. Das will ich ändern“, sagte Kraft. In Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sieht der CDU-Kandidat die Verwaltung als Partner. Es müsse immer versucht werden, etwas möglich zu machen. Nichts solle von vorneherein ausgeschlossen werden. „Aber klar sein muss auch, dass es irgendwann einen gesetzlichen Rahmen einzuhalten gilt.“
Auch Christoph Dellmans verwendete das Wort „Partner“ mit auf Blick das Arbeiten mit den örtlichen Unternehmen. „Innerhalb der Verwaltung müssen wir die Dezernatsstrukturen aufbrechen. Ich denke da in Projektstrukturen. So können wir die vielen sehr guten Mitarbeiter mitnehmen, um das Beste für Kempen herauszuholen“, so Stadtsprecher Dellmans, der seit mehr als 25 Jahren für die Stadt Kempen tätig ist. Zudem setze er auf „Timelines“. Wer etwas mit der Behörde zu tun habe, müsse auch verbindliche Zeitabläufe mitgeteilt bekommen.
Georg Alsdorf erinnerte daran, dass die Zusammenarbeit auf Dezernentenebene in den vergangenen Jahren nicht die beste war. Nun sei aber anderes Personal da und deshalb sei er auch zuversichtlich. „Dafür, dass die Zusammenarbeit gut läuft, ist dann aber auch der Bürgermeister verantwortlich“, so Alsdorf. In dieser Rolle wolle er Leitlinien für Kempen vorgeben. „Ich will hören, dass es geht. Und nicht, dass es nicht geht.“
Für Cedric Franzes hängen moderne Verwaltungsstrukturen vor allem mit dem Thema Digitalisierung zusammen. „Im Kempener Rathaus werden zum Teil noch Tools aus den 90er Jahren benutzt“, so Franzes. In Zusammenarbeit mit dem Kreis Viersen und den anderen Kommunen will Franzes eine Digitalstrategie für die Kommunalverwaltungen entwickeln. Daneben gehe es auch um eine neue Grundhaltung. „Ich mache es möglich – so müssen die Mitarbeiter an die Aufgaben gehen.“
Wie verstehen Sie die
Aufgabe eines Bürgermeisters?
Und wie verstehen Sie eigentlich die Aufgabe eines Bürgermeisters? Auch auf diese Frage mussten die Kandidaten eingehen. „Ein Bürgermeister ist für die Bürger verantwortlich, er hat eine offene Tür für die Wirtschaft und er muss sich viel Zeit für die Anliegen verschiedener Menschen nehmen. Und er muss viele Gespräche führen“, beschrieb Alsdorf die Anforderungen an den Ersten Bürger der Stadt.
„Das ist schon eine komplexe Aufgabe“, so Philipp Kraft. „Als Vorsitzender des Rates ist man politisch tätig, man vertritt die Interessen aus der Bürgerschaft. Zudem ist die operative Führung der Stadtverwaltung eine Kernaufgabe. Und ein Bürgermeister vertritt die Stadt nach innen und nach außen.“ Diese Aufgaben seien nur ein kleiner Teil der Gesamtaufgabe. „Aber genau diese Spannbreite finde ich spannend.“
Cedric Franzes begann sein Statement zu diesem Thema damit, dass der Bürgermeister auch noch Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke ist: „Eine sehr wichtige Aufgabe.“ Zudem sieht Franzes den Bürgermeister als „Dienstleister für Bürger und Unternehmer – in der Verantwortung für 34 000 Einwohner“.
Christoph Dellmans betonte auch den Dienstleister-Gedanken „für die gesamte Bürgerschaft“. „Letztlich geht es darum, alles unter einen Hut zu bekommen.“ Dabei müsse ein Bürgermeister auch den Mut haben, Nein zu sagen. Es gehe um Prioritätensetzung. „Als Bürgermeister will ich fernab von Parteipolitik die Fäden zusammenführen. Kempen muss dabei im Mittelpunkt stehen.“