Neue Ausstellung in Kempen Fototeam stellt im Rathaus am Buttermarkt aus
Kempen · Im Foyer des Rathauses in Kempen zeigen Mitglieder des Fototeams Camera Obscura aktuell ihre Arbeiten. Der Titel „Faszination des Alten“ lässt viel Spielraum für individuelle Freiräume.
(evs) Wie schön können Treppenhäuser sein! Die alten natürlich. Ohne Aufzüge. Die einen fast schwindelerregenden Blick in das Gebäudeinnere freigeben. Eingefangen hat solche Eindrücke Ingrid Dierdorf aus Grefrath. Sie gehört dem Fototeam Camera Obscura an, das nun bereits zum zehnten Mal im Foyer des Rathauses am Buttermarkt seine Arbeiten präsentiert.
Wie immer hat das Team ein Oberthema für die Ausstellung gewählt, das einen inhaltlichen Leitfaden vorgibt, aber viel Spielraum für individuelle Freiräume lässt. „Faszination des Alten“ lautet es in diesem Jahr und wird von den ambitionierten Hobbyfotografen sehr unterschiedlich ausgedeutet.
Bei Ingrid Dierdorf ist es die Architektur. „Treppenhäuser liebe ich besonders“, sagt sie. Auf dem Boden hat sie gelegen im Queen‘s House in London, um die „Tulip Staircase“ einzufangen: Wie im Inneren einer Pflanze oder eines Schneckengehäuses dreht sich das Treppenhaus mit dem filigranen blauen Geländer in ein scheinbar unendliches helles Licht hinein.
Wiebke Bulgrin aus St. Tönis fängt die Vergangenheit in den Gesichtern alter Menschen ein. Da gibt es die 97 Jahre alte Dame aus Berlin, die dem Blick des Betrachters ernst und aufmerksam begegnet. Oder die Geschäftsfrau aus Vietnam, die – mit Zigarre im Mundwinkel – ihr Gegenüber kühl zu taxieren scheint. Gemütlich geht es bei den griechischen Rentnern zu, die von einer Bank aus das Straßengeschehen auf Santorin an sich vorbeiziehen lassen.
Rainer Deling aus Vorst hat sich der Industriearchitektur gewidmet. Der Hafen in Krefeld-Linn mit der Jugendstil-Drehbrücke von 1905 und der Roggen- und Gerstenmühle wirkt wie eine historische Aufnahme. Der Blick in das alte Pumpwerk von Krefeld-Uerdingen offenbart die kathedralartige Schönheit alter Funktionsbauten. Walter Nork, ebenfalls aus Vorst, hat Fotos hervorgeholt, die er als Jugendlicher in den 1960er-Jahren gemacht hat. Damals mit einer Pentacon F, wie er erzählt. „Das war ein DDR-Produkt“, erläutert er. Die damals von ihm selbst entwickelten Bilder hat er mittlerweile eingescannt, also digitalisiert. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen entstanden etwa bei Autorennen am alten Nürburgring. „Da hat mich mein Vater noch hingefahren“, so Nork. „Kinderträume“ nennt er die Aufnahme von einem Schaufenster des Kaufhofs in der Weihnachtszeit 1962: Puppen mit lockigen Haaren und karierten Kleidchen sitzen neben Puppenwagen mit Spitzendeckchen, während ein Fernrohr auf ein himmlisches Oval gerichtet ist. „Da bin ich tatsächlich als Jugendlicher mit Anzug und Krawatte samt Kamera unterwegs gewesen“, erinnert sich Walter Nork. Anrührend ist das Porträt seines Großvaters am Tag der Beerdigung seiner Frau.
Bis zum 27. Juni ist die Ausstellung im Rathaus zu besichtigen.