Von Versteck zu Versteck gereicht Holocaust-Überlebende aus Kempen ist 101 Jahre alt

Kempen · In einem Seniorenheim im niederländischen Eindhoven hat Mirjam Honig, geborene Winter, den 101. Geburtstag gefeiert. Als Jüdin musste sie 1936 mit ihrer Familie Kempen verlassen. Heute ist sie die letzte Jüdin aus Kempen, die noch von der Verfolgung durch die Nazis berichten kann.

Mirjam Honig lebt in einem Seniorenheim in Eindhoven.

Foto: Hans Kaiser

(biro) In einem Seniorenheim im niederländischen Eindhoven hat Mirjam Honig, geborene Winter, den 101. Geburtstag gefeiert. Als Jüdin musste sie 1936 mit ihrer Familie Kempen verlassen. Heute ist sie die letzte Jüdin aus Kempen, die noch von der Verfolgung durch die Nazis berichten kann.

Geboren wird Mirjam Winter am 17. August 1922 in Düsseldorf. Sie ist die ältere von zwei Töchtern des Anwalts Karl Winter und seiner Ehefrau Berta. 1931 zieht die Familie nach Kempen, wo der Vater als Anwalt und Notar arbeitet. 1933 wird jüdischen Anwälten die Ausübung ihres Berufs verboten. Um seine Familie durchzubringen, arbeitet Karl Winter als Krawatten-Vertreter, auch in den niederländischen Ortschaften in der Nähe der Grenze. 1936 verlässt die Familie Kempen, zieht zunächst nach Venlo, dann nach Eindhoven. Ab 1940, nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen, muss sich die Familie verstecken.

Kürzlich feierte sie nun ihren 101. Geburtstag in Eindhoven.

Foto: Karl Geuchen

Diese Zeit beschrieb Mirjam Honig später so: „Ich fand zunächst ein Versteck in Eindhoven, das mir die evangelische Kirche vermittelt hatte. In der Nähe der Kirche kam ich bei einer protestantischen Familie unter; abends durfte ich den Kindern am Bett aus der Kinderbibel vorlesen. Auch wenn ich nie vor die Tür ging, wusste jeder in der Nachbarschaft, dass da jemand zu viel im Haus war. Aber alle haben geschwiegen. So kamen wir vier – meine Eltern Berta und Karl, meine Schwester Ruth und ich – an verschiedenen Orten unter. Wir wurden von einem Versteck in das andere weiter gereicht. Das Kriegsende erlebten wir in dem katholischen Dorf Sevenum.“

Das Wohnhaus der Familie befand sich an der Kerkener Straße 1. Dort erinnern heute Stolpersteine an Karl, Berta, Mirjam und Ruth Winter. Vertreter der Stolperstein-Initiative Kempen besuchten die Seniorin nun in Eindhoven. Sie habe sich gefreut, von ihrer Heimatstadt zu hören, berichtete Ute Gremmel-Geuchen für die Initiative danach: „Trotz all dem, was ihr und ihrer Familie widerfahren ist, überwiegen bei ihr Freude und Dankbarkeit für ihr langes, erfülltes Leben.“

(biro)