Kempen: Industrie-Brache ist zu neuem Leben erwacht

Unter Bürgermeister Karl Hensel ist die Fläche der ehemaligen Elektrochemischen Fabrik bereinigt und vermarktet worden.

Kempen. Als Bürgermeister Karl Hensel vergangenen Samstag in den Ruhestand verabschiedet wurde, klang in den Festreden seine Leistung in Sachen Beseitigung des Umweltschadens Elektrochemische Fabrik (ECF) durch. "Noch vor Ihrer Pensionierung ist das seinerzeit verseuchte Gelände wieder komplett vermarktet worden", hob Nachfolger Volker Rübo in seiner Laudatio in der Paterskirche hervor.

Tatsächlich steht ECF für den größten Umweltskandal, den Kempen je gehabt hat. Neun Hektar kontaminiertes Erdreich im Industriegebiet "Am Selder", 6000 Fässer mit giftigen Chemikalien, 2000 Kubikmeter zu einem Wall aufgeschüttete hochbelastete Chromfalzspäne und Lappen aus der Lederindustrie- als die ECF 1985 nach Eröffnung des Konkursverfahrens stillgelegt wurde, hatte Kempen ein Problem. Hensel war 1990 gerade Stadtdirektor geworden, als das erste Gutachten ins Rathaus einging und das ganze Ausmaß des Öko-Schadens offenlegte.

Was sollte aus den ungesicherten Abfällen aus 60Jahren industrieller Tätigkeit eines Chemiebetriebs werden? Für Hensel war klar: Die riesige Brache muss bereinigt und besenrein an künftige Gewerbenutzer übergeben werden. Dass war aus Kempener Kraft nicht zu schaffen.

Also holte man sich neben Kreis und dessen Wirtschafts-Förderungs-Gesellschaft den Altlasten-Aufbereitungs-Verband NRW, kurz AAV, ins Boot. So wurden in 20 Jahren Sanierung 20 Millionen Euro investiert, damit Betriebe wie die Druckerei Nagels erweitern oder neue Betriebe angesiedelt werden konnten. Ende 2005 war die Bodensanierung gestemmt.

"Die stinkenden Altlasten sind Vergangenheit", schreibt Jürgen Karsten im soeben herausgegebenen Buch "Doppel(t)spitze. Ein Leben für die Stadt Kempen."

Die Sanierung des Grundwassers wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen; dafür werden weitere 4,6 Millionen Euro in die Hand genommen. Doch das hat die Firmen nicht davon abgehalten, sich auf der ehemaligen Brache anzusiedeln.

Als das Land NRW im Kempener Rathaus nachfragte, was die Stadt denn gedenke, an geleisteten NRW-Zuschüssen zurückzuzahlen (es war der Löwenanteil der 20 Mio.), antwortete Hensel: "Nichts." Nach mehreren Krisen-Sitzungen in Düsseldorf ist es dabei geblieben...