Neuer Standort Kempen: Der Amazon-Deal ist fix

Kempen · Der US-Handelsriese wird Mieter im Logistikzentrum auf dem früheren Naafi-Gelände. Sichtbares Indiz dafür ist ein weiterer Abriss von Gebäuden. Hinter den Kulissen laufen weitere Vorbereitungen.

Die Fachfirma Frauenrath reißt derzeit die restlichen Naafi-Gebäude ab. Rechts im Bild ist der grün-graue Neubau zu sehen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Offiziell machen die Beteiligten zwar keine Aussagen, mehrere Quellen aus der Logistikbranche und der Politik bestätigten der WZ aber, dass alles klar ist: Der Handelsriese Amazon wird in Kempen ein Verteilungszentrum eröffnen. Wie bereits berichtet, hat Amazon dafür das neue Logistikzentrum der Hamburger Firma Garbe auf dem früheren Naafi-Gelände am Industriering ins Auge gefasst. Vorgesehen ist, dass der amerikanische Konzern den 22 000 Quadratmeter großen Neubau nutzen wird. Damit aber nicht genug: Denn derzeit wird das übriggebliebene Naafi-Gebäude zur B 509 hin abgerissen. Dort soll weiterer Platz für das Amazon-Zentrum geschaffen werden.

Amazon selbst äußert sich nicht zum aktuellen Entwicklungsstand in Kempen. Die Pressestelle, die in München ihre Büros hat, wiederholt ihre Aussage von Ende Juni: „Wir prüfen derzeit die Möglichkeit, ein Verteilzentrum in Kempen zu eröffnen. Das Konzept befindet sich aber noch in einem frühen Stadium.“

In Kempen ist es aber kein Geheimnis mehr, dass es sich seitens Amazon um mehr als nur eine Prüfung handelt. Denn bereits in der vergangenen Woche waren Vertreter von Verwaltung und Politik zu einem Ortstermin in Düsseldorf. Dort konnten sich die Kempener auf Einladung ein Amazon-Verteilzentrum ansehen. In der Thomasstadt solle ein vergleichbares Zentrum für die Paketlogistik entstehen. Zum Umfang (Größe und Arbeitsplätze) dieses Zentrums waren von den Beteiligten keine Informationen zu bekommen. Der Kempener Standort sei aber keinesfalls mit den großen Amazon-Zentren in Rheinberg (Kreis Wesel) oder Mönchengladbach zu vergleichen, heißt es aus Branchenkreisen. Im Gladbacher Stadtteil Rheindahlen hat der Konzern Anfang dieser Woche einen Standort eröffnet, an dem in Kürze rund 2000 Menschen arbeiten sollen. In Rheinberg verfügt Amazon über ein 110 000 Quadratmeter großes Logistikzentrum mit etwa 1700 Angestellten. Wie schon erwähnt, ist der bereits fertige Garbe-Neubau in Kempen „nur“ rund 22 000 Quadratmeter groß.

Garbe ist seit vielen Jahren ein Partner von Amazon

Das Hamburger Entwicklungsunternehmen tritt seit einigen Jahren als Partner von Amazon in Deutschland auf. So hat Garbe bereits einige Zentren in Deutschland gebaut und dann an Amazon vermietet – zum Beispiel in Dortmund. Damit wirbt Garbe auch auf seiner Internetseite. Zu den aktuellen Entwicklungen in Kempen, wo Garbe bislang 28 Millionen Euro investiert hat, machte Geschäftsführer Jan Dietrich Hempel auf WZ-Anfrage aber keine Angaben.

Auch im Kempener Rathaus ist man vorsichtig mit öffentlichen Aussagen zum Thema Amazon. Fakt ist aber, dass das Bauordnungsamt bereits mit dem Gelände am Industriering Ost 93 beschäftigt war und ist. Schließlich wurde für die laufenden Abrissarbeiten eine Genehmigung erteilt, wie das Unternehmen Garbe bestätigt. Weitere Aufgaben für die Kempener Stadtverwaltung werden folgen. Schließlich wird der neue Mieter Amazon entsprechende Bau- und Nutzungsanträge stellen. Mit Blick auf den zu erwartenden Verkehr des Logistik-Riesen gehört dazu auch die Erstellung eines entsprechenden Verkehrsgutachtens.

Diesen 22 000 Quadratmeter großen Neubau hat die Firma Garbe bereits errichtet.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Ein großer und wichtiger Gewerbesteuerzahler dürfte Amazon für Kempen aber nicht werden. Das ist die Erfahrung, die auch schon andere Standorte in Deutschland gemacht haben. Schließlich steht die steuerliche Behandlung entsprechender Konzerne ohnehin in der Kritik. So haben Internet-Giganten wie Amazon, Google oder Facebook ihren Europasitz in Ländern mit entsprechend niedrigen Umsatzsteuersätzen. Luxemburg oder Irland fallen einem da ein.

Mit dem nun laufenden Abriss des Naafi-Gebäudes geht indes nicht weniger als ein kleines Stück Geschichte des Kalten Krieges zu Ende. Von 1989 bis 1999 versorgte die englische Armee ihre Stützpunkte in Deutschland von Kempen aus mit Lebensmitteln. Daher stammt der Name Naafi: „Navy Army and Air Force Institutes“. Danach mietete sich die Wall-Mart-Tochter SCM am Industriering ein. Dort gingen nach dem Verkauf an die Metro 2008 die Lichter aus – 300 Menschen verloren ihren Job. Dann stand das Gelände zunächst leer. 2011 folgte die Krefelder Spedition Geist, die dann im englischen Unternehmen Clipper aufging. 2016 übernahm die Hamburger Firma Garbe vom bisherigen Eigentümer Münstermann aus Krefeld. Es wurden einige Gebäude abgerissen, um den Neubau zu realisieren. Während der Bauphase war im bestehenden Naafi-Gebäude noch die Firma Clipper Mieter. Diese zog sich aber vor einigen Monaten zurück. Nun folgt der komplette Abriss und womöglich weitere Neubauten (Gebäude und Parkplätze) für Amazon.