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Serie „Auf ein Getränk mit ...“ „Menschliche Schicksale, die wirklich erschüttern“
Kempen/Anrath · Mattias Pfefferkorn hat sich für einen Beruf entschieden, der bei vielen Menschen Beklemmungen auslöst.
Seit 18 Jahren arbeitet Mattias Pfefferkorn aus Kempen im Justizvollzug. Der gelernte Dachdecker gelangte als Quereinsteiger in diesen Bereich. Er erläutert, was seinen Beruf ausmacht und welche Eigenschaften ihm bei der Ausübung helfen.
Mattias Pfefferkorn: Es ist der Kaffee mit einem Schuss Milch darin.
Sie arbeiten als Justizvollzugsbeamter. Wie kam es dazu?
Pfefferkorn: Ich bin gelernter Dachdecker, und nach den ersten Gesellenjahren habe ich in der Zeitung eine Anzeige von der JVA Willich II, also dem Frauengefängnis, gelesen, in der Stellen angeboten wurden. Ich wurde neugierig und habe mich beworben, das Auswahlverfahren durchlaufen und bin als Beamter auf Widerruf eingestellt worden. Das liegt jetzt 18 Jahre zurück. Ich war auch gerne Dachdecker, aber ich habe mich bewusst für den Vollzug entschieden. Es ist schon ein besonderer Job.
Was macht die Arbeit in der JVA II aus?
Pfefferkorn: Es ist ein spezieller Arbeitsplatz, an dem Menschen mit besonderen Bedürfnissen leben. Ich sehe in meiner Arbeit einen Beitrag, diese Menschen dabei zu unterstützen, wieder gesellschaftlich integriert zu werden. Viele der Frauen haben Kinder, und wenn uns die Unterstützung zur Resozialisierung gelingt, kommt das auch den Kindern zugute. Die JVA ist ein Mikrokosmos, denn man irgendwie schwer erklären kann. Man muss ihn erleben.
Mussten Sie eine Ausbildung durchlaufen?
Pfefferkorn: Ja. Es startete ein Vorbereitungsdienst von 24 Monaten. Zunächst ging es für neun Monate in Sachen Theorie nach Wuppertal. Es folgten Hospitationen bei Gericht und in der Psychiatrie. Zudem ging es für bestimmte Zeiträume auch in den Jugendvollzug und den offenen Vollzug. Es war eine sehr fundierte Ausbildung. Es galt, Klausuren zu schreiben. Den Abschluss bildete die sogenannte Laufbahnprüfung mit schriftlicher und mündlicher Prüfung. Damit war die Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten abgeschlossen. Ich war zunächst Beamter auf Probe und bin es danach auf Lebenszeit geworden. Ich habe zudem die Ausbildung zum Erstsprecher für besondere Sicherheitslagen absolviert sowie die für die psychosoziale Notfallversorgung. Im normalen Berufsalltag bin ich für die Arbeitsplätze der Gefangenen zuständig. Ich weise die Arbeitsplätze zu und begleite mit dem Koordinator bei der beruflichen Bildung. Die Gefangenen können Ausbildungen durchlaufen sowie Zertifikate in Bereichen wie beispielsweise Garten- und Landschaftsbau oder im Holzbereich erlangen. Durch die Arbeit wird ein Stück Struktur geschaffen. Arbeit hat im Vollzug einen großen Stellenwert.
Was muss man mitbringen, wenn man in einer JVA arbeiten möchte?
Pfefferkorn: Man muss flexibel sein und einen Gerechtigkeitssinn für objektive Beurteilungen haben. Empathie ist dabei natürlich auch sehr wichtig. Als Justizvollzugsbeamter erfährt man von menschlichen Schicksalen, die einen wirklich erschüttern können. Es ist ein Beruf, der viel Fingerspitzengefühl verlangt. Ich würde mich freuen, wenn sich mehr junge Menschen, aber auch Quereinsteiger, wie ich einer war, an den Beruf herantrauen würden. Aber es gibt immer noch viele Vorurteile, wie ich selber merke, wenn ich mit anderen über meinen Beruf spreche.
Haben Sie einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit?
Pfefferkorn: Ja. Das ist das Angeln. Beim Angeln erdet man sich selber. Wenn man an einem Gewässer sitzt und die Ruhe spürt, relativiert sich vieles. An erster Stelle steht aber natürlich meine Familie. Wir haben uns ein Wohnmobil angeschafft, mit dem wir gerne nach Spanien an die Costa Brava fahren. Man ist an nichts gebunden, sondern frei und unabhängig. Das ist irgendwie Entschleunigung pur, die uns allen gut tut.
Fällt Ihnen spontan jemand für die nächste Folge ein?
Pfefferkorn: Da muss ich nicht lange überlegen. Ich denke an Martina Schilder. Sie ist Übungsleiterin beim Kinderturnen der VT Kempen. Meine Frau war schon vor mehr als 30 Jahre bei ihr, unsere Söhne waren es auch. Ich denke, in Kempen kennt jedes Kleinkind zwischen zwei und fünf Jahren Frau Schilder.