Kultur in Kempen Braucht Kempen ein Konzept für die Museen?
Kempen · Ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine kulturpolitische Diskussion in Gang gesetzt. Diese kommt fürs Kulturamt zur Unzeit. Ein Konzept für die Museen lehnt man ab. Darin könnte aber eine Chance liegen.
. Noch sind die Handwerker mit ihren Renovierungsarbeiten im Franziskanerkloster an der Burgstraße in Kempen nicht fertig: Nach dem Erdgeschoss könnte noch in diesem Jahr auch die erste Etage wieder in Betrieb gehen. Wie Kulturamtsleiter Dirk Steimann in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses des Kempener Stadtrates mitteilte, hofft die Stadt sehr darauf, dass die Bauarbeiten in diesem Sommer beendet werden. Nur so könne sichergestellt werden, dass es Ende des Jahres eine erste neue Ausstellung in den renovierten Räumen des städtischen Kramer-Museums geben kann.
Ansonsten würde sich der Neustart in der ersten Etage ins nächste Jahr verschieben. Dass die Renovierung notwendig war, ist unbestritten. Der Gebäudekomplex musste unter anderem aus Brandschutzgründen aufgerüstet werden. Noch steht eine Renovierung der zweiten Etage, in der sich die Kempener Stadtbibliothek befindet, aus. Auch diese will geplant werden. Die städtische Kulturabteilung steckt derweil in einem personellen Umbruch: Die langjährige Leiterin Elisabeth Friese geht demnächst in den Ruhestand. Ihr Nachfolger Steimann ist seit Anfang Oktober 2023 im Amt.
Tourismus- und Kulturabteilung
sollen enger zusammenarbeiten
Neben der Einarbeitung in die neue Tätigkeit und den Bauarbeiten im Kulturforum muss sich Steimann demnächst auch um den Bereich Tourismus kümmern. Mit der seit Wochen geplanten Eröffnung der neuen Tourismus-Information im Wohn- und Geschäftshauskomplex Klosterhof sollen die Kulturabteilung mit dem Kartenverkauf und das Stadtmarketing mit der Tourismussparte verzahnt werden. Bislang gab es kaum Berührungspunkte der beiden städtischen Abteilungen, jetzt soll es sie geben.
Bei den Museen – neben dem Kramer-Museum gibt es noch das Museum für Niederrheinische Sakralkunst in der Paterskirche – hat es einen weiteren personellen Neuanfang gegeben: Mit Julia Ortmeyer hat sich in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses eine neue junge Mitarbeiterin für die Museen vorgestellt. Sie bringt bereits viel Erfahrung aus früheren Tätigkeiten mit. Seit 1. April ist sie im Amt.
In diese Umbruchphase platzt ein politischer Antrag der Grünen-Fraktion mit der Forderung nach einem neuen Konzept für die Kempener Museen. Der Antrag ist nicht von der Hand zu weisen. Eine konzeptionelle Neuausrichtung der Museen könnte mehr kunstinteressierte Besucherinnen und Besucher anlocken. Doch in der Kulturverwaltung sieht man gerade keine Kapazitäten, um ein solches Konzept zu erarbeiten. Also lehnt man den Grünen-Antrag zum jetzigen Zeitpunkt ab.
Berechtigt erscheint das Ansinnen der Grünen allemal: Die Besucherzahlen in den beiden Kempener Museen sind nicht erst seit den Bauarbeiten oder aufgrund der Corona-Pandemie rückläufig. Kritik gab es schon vorher, kritische Stimmen, die eine Neuausrichtung forderten, auch. Dass Museen sich auch den sich wandelnden Interessen und Vorlieben des Publikums anpassen müssen, ist wohl jedem klar.
Wenn also die Museumsmitarbeitenden – es gibt da nur eine Handvoll hauptamtlicher Kräfte – aktuell nicht in der Lage sind, wesentliche konzeptionelle Erneuerungsprozesse anzuschieben, müsste dies mit externer Hilfe versucht werden. Es gilt zunächst, externe Fachleute als Moderatoren für den Prozess zu finden. Die Politik sollte gemeinsam mit den Verantwortlichen im Kempener Rathaus eine solche Lösung unbedingt in Erwägung ziehen und prüfen. Externe Experten könnten mit unverschränktem Blick eine Bestandsanalyse vornehmen und Vorschläge für eine vertiefende Diskussion liefern.
Dieser Prozess sollte idealerweise schon im kommenden Jahr gestartet werden. Spätestens dann aber, wenn die Stadtbibliothek für die in der zweiten Etage des ehemaligen Klosters anstehenden Renovierungsarbeiten ausgelagert werden muss. Denn dies bietet die Möglichkeit, auch über einen dauerhaft neuen Standort für die Bücherei nachzudenken. Der sollte möglichst attraktiv in der Innenstadt liegen, um die Publikumsfrequenz der Fußgängerzone zu nutzen. Dort könnten neue Angebote, zum Beispiel ein attraktives Lesecafé, erprobt und schließlich umgesetzt werden.
Politik und Verwaltung sollten daher die Anregung der Kempener Grünen zum Anlass nehmen, noch einmal über eine inhaltliche Neuausrichtung zumindest in Teilen nachzudenken. Der Grünen-Antrag sollte als Wegweiser in eine bessere Zukunft der Museen verstanden werden. Hinter dem Antrag steht ein profunder Museumskenner. Formuliert hat ihn der frühere Museumsleiter Wilhelm Stratmann, der in seiner langen Laufbahn unter anderem an den Museen Burg Linn in Krefeld, Schloss Rheydt in Mönchengladbach sowie in Bielefeld verantwortlich tätig war. Er gehörte zudem überregionalen Fachgremien an. Stratmann lebt seit Jahrzehnten in Kempen, ging Mitte 2023 in Ruhestand und engagiert sich nun für die Grünen politisch als Sachkundiger Bürger. Seine Expertise im kulturellen Bereich dürfte hilfreich sein.
Gleichwohl: Der Zeitpunkt der Antragstellung war von den Grünen unglücklich gewählt. Sie taten daher gut daran, ihn vorerst zurückziehen. So wurde er von anderen Fraktionen im Kulturausschuss nicht abgelehnt. Dort gibt es indes einige Mitglieder, die – wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand – Gefallen an einem neuen Konzept für die Kempener Museen finden.