Interview „Ich will eine Menge bewegen“

Kempen · In unruhigen Zeiten ist Torsten Schröder in Kempen Technischer Beigeordneter geworden. Mit der WZ sprach er über die vielen Herausforderungen seines Dezernates.

In seinem Büro im Rathaus stellte sich Torsten Schröder (r.) den Fragen von WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Torsten Schröder kennt sich im Kempener Rathaus aus. Seit 2004 war er Leiter des Tiefbauamtes, seit Dezember ist er Technischer Beigeordneter der Stadt Kempen. Im Interview mit der WZ sprach der 55-Jährige über seine neue Aufgabe und die Herausforderungen, die damit verbunden sind.

Herr Schröder, nach den ersten Monaten im Amt werden Sie vonseiten der Politik immer wieder gelobt. Muss man sich Sorgen machen, dass Sie Kempen alsbald verlassen und nach Höherem streben?

Torsten Schröder (lacht): Nein, da muss sich keiner sorgen. Ich fühle mich in Kempen wohl – sowohl privat als auch beruflich. Mein Ziel ist es, hier noch eine Menge zu bewegen und nach einer möglichen Wiederwahl mit 67 bei der Stadt Kempen in den Ruhestand zu gehen.

Bis dahin stehen Sie vor großen Aufgaben, auf die wir später noch eingehen werden. Wie schätzen Sie denn die personelle Lage im Dezernat D ein, um die Aufgaben bewältigen zu können?

Schröder: Zunächst fehlt nun die Leitung des Tiefbauamtes. Die Stelle ist ausgeschrieben. Die ersten Bewerbungen haben wir schon gesichtet. Ich hoffe, dass wir im Sommer die Stelle besetzen können. Dann hätten wir diese Lücke geschlossen, die übergangsweise zu verkraften ist. Auch deshalb, weil ich ein gutes Team habe und bei Bedarf wieder schnell in den Themen drin bin und unterstütze. Aber das darf auch nicht zu viel werden. Schließlich habe ich nun viele andere Aufgaben.

Welche Stellen sind noch vakant?

Schröder: Wir sind dabei, die Sachbearbeitung für Denk- malangelegenheiten neu zu besetzen. Dann müssen wir eine seit Dezember vakante Architektenstelle in der Planung der Schulsanierung besetzen. Gerade in der jetzigen heißen Phase ist das ungünstig. Denn die Planung zum Schulcampus wird zeitintensiv. Daher ist ja das Kontingent auch um eine zusätzliche Architektenstelle aufgestockt worden. Ebenso soll jemand im Bereich Elektro eingestellt werden. Und langfristig denken wir schon ans Ende des Jahres, wenn Planungsamtsleiter Heinz-Peter Cox in den Ruhestand gehen wird. Da sind wir jetzt im Bewerbungsverfahren. Ich hoffe, dass alle Stellen schnellstmöglich besetzt werden können. Dann wären wir auf einem richtig guten Weg. Aber: Es ist kein Geheimnis – der Arbeitsmarkt ist ziemlich leergefegt.

Und wenn die Stellen nicht besetzt werden können?

Schröder: Dann müssen wir mit Überbelastung leben. Wir haben ein gutes und motiviertes Team, das auch bereit ist, über die Grenzen zu gehen. Das müsste dann und wann auch mal häufiger gewürdigt werden. Zudem muss man auch mal sagen, dass ein Projekt jetzt warten muss. Es kann nicht alles höchste Priorität haben.

Kommen wir zu den Projekten in dieser Prioritäten-Stufe. Wie sieht es zum Beispiel bei den Neubauten für die Kitas aus? Dort drängt die Zeit.

Schröder: Also, wir gehen davon aus, dass wir drei neue Kitas bauen müssen. Die erste soll in St. Hubert auf dem Parkplatz-Grundstück neben der bestehenden Kita Bärenstark gebaut werden. Dann gibt es einen zweiten Standort im Kempener Westen am Schmeddersweg. Und dann ist ein dritter Kindergarten wieder in St. Hubert vorgesehen. Im Bereich der jetzigen Kita Bärenstark, die nicht mehr erhalten werden soll.

Das ist soweit bekannt. Aber wie und wann soll es in eine Umsetzung gehen?

Schröder: Wir haben uns gemeinsam mit Vertretern des Jugendamtes Kindertagesstätten in Gelsenkirchen und Leverkusen angesehen. Die Idee ist, möglichst baugleiche Projekte in Kempen zu realisieren. Wir wollen von bestehenden Einrichtungen profitieren, die auf Kempener Bedürfnisse passen. Nun muss das Jugendamt sich zu diesen Bedürfnissen äußern. Und dann müssen wir schauen, dass wir in die Vergabe der Projekte kommen. Wir können ja nicht einfach einen Kindergarten kaufen und bauen.

Sie warten also jetzt auf die Aussagen aus dem Jugendamt?

Schröder: Ja, wir müssen zunächst gemeinsam entscheiden, welches Gebäude wir brauchen. Aber wir sind in einem guten Austausch. Beide Kitas, die wir uns angesehen haben, sind doppelstöckig. Nach dem Anbau der Kita Spatzennest haben wir damit gute Erfahrungen gemacht. Und nach den laufenden Abstimmungen werden wir Details zu Kosten und Bauweisen in Erfahrung bringen. Und dann muss die Politik entscheiden, was gewollt ist.

Was bedeutet das zeitlich?

Schröder: Unser Ziel ist noch in diesem Jahr in die Ausschreibung zu gehen. Und wenn es klappt auch in die Vergabe. Dadurch, dass wir auf vorhandene Kita-Pläne setzen, hoffen wir auf eine Zeitersparnis. Wenn es gut läuft, werden wir in 2021 mit dem Bau in St. Hubert anfangen können.

Das klingt nun nicht so, dass im Sommer 2021 zum dann neuen Kita-Jahr eine Einrichtung fertig ist. Oder?

Schröder: Sagen wir mal so: Das ist das Ziel, aber ich möchte es nicht versprechen. Wir haben in der Vergangenheit viel zugesagt, was nicht eingehalten werden konnte. Hinzu kommt noch die Kommunalwahl. Kann und will der alte Rat noch über Frage X oder Y entscheiden? Oder ist das schon eine Sache für einen neu zusammengesetzten Stadtrat? Auch solche Fragen spielen eine Rolle.

Von der Kita zur Schule. Für viele überraschend gab es nun doch den großen planerischen Wurf zum Schulcampus mit einem Neubau auf dem Ludwig-Jahn-Platz. Wo wollen Sie da in diesem Jahr noch hin?

Schröder: Eigentlich ist unser Ziel, mit dem alten Rat zu einer Beschlussfassung zu kommen. Wir stehen da vor einer großen und teuren Aufgabe. Ich bin froh, dass eine nicht neue Idee nun letztlich doch zugelassen wurde. Zumindest zugelassen wurde, um darüber nachzudenken. Die Alternative, die Schulgebäude im Bestand und während des Betriebes zu sanieren, ist aus meiner Sicht nicht machbar. Die nun angedachte Lösung ist für alle Beteiligten ein Befreiungsschlag. In den ersten Reaktionen aus der Politik sowie von Schulen und Vereinen habe ich festgestellt, dass es zumindest kein K.O.-Kriterium für diese Idee gibt.

Sollte die Politik Ihnen grünes Licht geben, wie sähe danach ein grober Ablauf aus?

Schröder: Losgelöst vom Großprojekt wollen wir jetzt im Bauausschuss den Abriss des Erweiterungsbaus der Martin-Schule und den danach geplanten Holzmodulbau für die Gesamtschule anstoßen. Parallel sind wir in der Planung, um den Altbau der Martin-Schule für die Oberstufe der Gesamtschule zu sanieren. Dort soll ab Sommer unterrichtet werden. Wenn wir an einen Neubau auf dem Jahn-Sportplatz denken, muss zunächst ein neuer Sportplatz an der Berliner Allee her. Dort könnten wir nach Tönisberger Vorbild mit Kunstrasen und Umlaufbahn arbeiten. Zeitlich kann ich dazu jetzt seriös nichts sagen. Langfristig würden wir dann in die umfangreiche Sanierung des Thomaeums und der jetzigen Gesamtschule einsteigen, damit diese vom LvD genutzt werden kann. Da reden wir aber von zehn Jahren oder mehr. Das wird ein großes Projekt für Kempen, in dem mehrere Schulen umziehen müssen.

Wechseln wir in den Kempener Westen. Welche Ziele haben Sie in diesem Jahr noch für dieses neue Wohngebiet, auf das alle so sehr warten?

Schröder: Die Änderung des Flächennutzungsplans für den ersten Bauabschnitt ist auf dem Weg. Parallel steigen wir jetzt in die städtebauliche Rahmenplanung für das gesamte Gebiet ein. Dabei sollte es auch schon darum gehen, welche Bauformen gewünscht sind: Was können wir wo realisieren? Ein wichtiger Faktor ist die Erschließung über die neue Achse von der Straelener Straße aus in Richtung Süden. Das ist sicher noch ein langer Prozess.

Und die Ansprüche und die Aufregung um diesen Prozess sind groß. Oder wie erleben Sie das?

Schröder: Absolut. Im Vergleich zur Erschließung der Gebiete im Kempener Süden ist es um einiges unruhiger. Beim Süden sollte man noch einmal erwähnen, dass wir dort über eine weitaus größere Fläche reden, auf der wir nun bald nach rund 20 Jahren fertig sind. Im Westen stelle ich fest, dass dort viel mehr unterschiedliche Interessen eine Rolle spielen. Es wird von vielen Seiten am Kempener Westen gezerrt.

Wie meinen Sie das?

Schröder: Zum einen ist klar, dass wir andere Wohnformen brauchen. Neben jungen Familien, die dort bauen möchten, hat man auch die Kempener, die ihr Haus aufgeben und nun bald in eine barrierefreie Wohnung wollen. Oder es gibt junge Leute, die eine kleine Wohnung suchen. Das gab es in früheren Planungen nicht. Ebenso soll es um bezahlbaren Wohnraum gehen. Dann das schon erwähnte Thema der Erschließung. Nicht zu vergessen die Kita und zwei Seniorenheime. Für uns geht es nun darum, alle Ideen und Ansprüche mal zu sammeln und zu kanalisieren. Es sollte schon so sein, dass wir Ende Mai einen Rahmenplan zur weiteren Diskussion vorstellen. Und für den ersten Abschnitt wollen wir Ende des Jahres das B-Plan-Verfahren anstoßen.

Sie haben Kita und Seniorenheime angesprochen. Wie viel Zeit wird noch ins Land gehen, bis gebaut werden kann?

Schröder: Bei solchen Projekten ist es so, dass wir nicht auf einen beschlossenen Bebauungsplan warten müssten. Wenn der Flächennutzungsplan beschlossen ist, könnte man loslegen.

Jetzt haben wir über diese ganzen großen Herausforderungen gesprochen. Mit welcher Überzeugung wollen Sie die angesichts einiger struktureller Probleme in der Verwaltung angehen?

Schröder: Mit einer positiven und motivierten Einstellung. Zu den von Ihnen erwähnten Problemen: Eigentlich ist es doch in Kempen so, dass 95 Prozent – das wichtige Grundrauschen – sehr gut laufen. Dinge, nach denen keiner fragt und über die keiner berichtet, weil sie eben gut laufen. Wir haben einige große Herausforderungen, die wir nun geschlossen angehen sollten.