Neue Struktur im Bistum Aachen Kempen und Tönisvorst werden ein pastoraler Raum
Kempen/Tönisvorst · Das Bistum Aachen wird neu strukturiert: Aus den bislang 71 Gemeinschaften der Gemeinden (GdG) im Bistum werden 44 pastorale Räume. Was das für die GdG Kempen-Tönisvorst bedeutet.
Das Bistum Aachen steht vor großen Veränderungen: Aus den bislang 71 Gemeinschaften der Gemeinden (GdG) im Bistum werden 44 sogenannte pastorale Räume. Das ist das Ergebnis eines langen Prozesses hin zu einer neuen seelsorgerlichen Struktur im Bistum Aachen, an dem viele hauptamtliche Mitarbeitende und Ehrenamtliche in den GdG-Räten und Kirchenvorständen, in regionalen und diözesanen Räten beteiligt waren.
Zum 1. Januar umschrieb Bischof Helmut Dieser per Dekret diese 44 pastoralen Räume als neue territoriale Grundstruktur im Bistum Aachen. „Damit möchte ich den Gläubigen Sicherheit im Hinblick auf die zukünftigen seelsorglichen Strukturen geben“, so der Bischof. Die pastoralen Räume im Bistum sollen nun in zwei Schritten – ab dem 1. Juli 2024 und dem 1. Januar 2025 – aus den bestehenden 71 GdG gebildet werden.
Für die Katholiken in Kempen und Tönisvorst ändert sich der Zuschnitt also nicht. Und man kennt einander dort auch schon gut: Die Gemeinden sind bereits seit 2009 in einer Gemeinschaft der Gemeinden zusammengeschlossen, haben ein gemeinsames Pastoralteam und einen GdG-Rat, führen Aktionen wie Erntedankfeste oder zuletzt im Sommer den Pilgertag zur Kapelle St. Peter gemeinsam durch. Auch im KIM-Prozess, als es um das kirchliche Immobilienmanagement ging, wurden alle Kirchen zusammen in den Blick genommen.
Dadurch sowie durch den gemeinsamen Kirchengemeindeverband Kempen-Tönisvorst, der Anstellungsträger der Beschäftigten in den Kirchengemeinden St. Hubertus, St. Mariae Geburt, St. Cornelius und St. Godehard ist, seien vor Ort bereits gute Grundlagen für die Schaffung dieses pastoralen Raumes gelegt, heißt es aus der GdG Kempen-Tönisvorst. Weitere Weichenstellungen sollen nun in den kommenden Monaten folgen. Denn zum 1. Juli soll aus der bisherigen GdG Kempen-Tönisvorst der pastorale Raum Kempen-Tönisvorst werden.
Dennoch wird sich einiges ändern. Was konkret, wird in den kommenden Wochen und Monaten in der GdG entwickelt werden müssen. Um die Koordination und Moderation kümmert sich im Bereich Kempen-Tönisvorst Kempens Propst Thomas Eicker, der vom Bischof zum 1. Januar als so genannter Promotor vom Bischof mit dieser Aufgabe betraut wurde, bis das Leitungsteam des pastoralen Raums steht.
Wie man es schafft, dass Hauptamtliche und Ehrenamtliche, Männer und Frauen, idealerweise paritätisch das Leitungsteam besetzen, wird Teil der anstehenden Herausforderungen sein. Es geht um Gremien-Arbeit, um Verantwortlichkeiten, rechtliche Grundlagen – aber auch um Inhalte und eine Bestandsaufnahme: Wo sind ,Orte von Kirche‘, also Orte, an denen christlicher Geist wirksam wird? Wer darüber nachdenkt, wird sehr viele Orte finden, „natürlich das Gotteshaus, aber beispielsweise auch die Pfadfinder, die Schulseelsorge, die Tafel“, nennt Eicker Beispiele. Wie sollen sie künftig gestaltet sein, wer kümmert sich darum, werden haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeitende benötigt, wo wird Geld gebraucht?
Die neue Struktur wird keine reine Gebietsreform sein, das ist schon klar. Die Kirche verliert Mitglieder, damit steht in der Folge weniger Geld zur Verfügung, „aber diejenigen, die dabei sind, sollen spüren: ,Es macht Freude, dabei zu sein’“, sagt Eicker. Gleichzeitig wird der Priestermangel zunehmen. Die Gemeinden müssen neue Wege finden, um Menschen Angebote zu machen, in denen sie sich wiederfinden. Überlegen, was Ehrenamtliche übernehmen wollen und können – aber nicht alles Ehrenamtlichen zumuten, die dann aufgrund von Überlastung das Handtuch werfen.
Was soll bleiben, was kann geändert werden, weil es in der bestehenden Form wenig Zuspruch findet? Eicker nennt als Beispiel die Kinderkirche in St. Josef: Dort treffen sich regelmäßig 60 bis 70 Familien, gestalten den Gottesdienst selbst, danach gibt es Kekse, „wir müssen dafür sorgen, dass so etwas bleibt“, sagt Eicker. Kirchenchöre hingegen haben es vielerorts schwer, viele Menschen wollen sich nicht mehr über lange Zeit binden, sind für Projektchöre aber durchaus zu haben. Die Erkenntnis daraus: „Wir brauchen offene Modelle, wo Menschen sich aus sich selbst heraus engagieren. Dann sind sie mit Feuer und Flamme dabei“, sagt Eicker.
Er nennt die aktuelle Reform „eine sanfte Weiterentwicklung“, um neue Formate zu entwickeln, auch zu experimentieren. Sorgen, dass in der eigenen Gemeinde, rund um die eigene Kirche nichts mehr angeboten werde, müsse niemand haben, „die Musik spielt nach wie vor vor Ort“, betont Eicker. Klassische Angebote wie die Taufe solle es weiterhin überall geben, andere Dinge vielleicht nicht mehr überall. Er ist gespannt, welche Hinweise es noch vom Bistum geben wird, „manchmal ist es sehr pastoraltheologisch und wenig konkret.“ Sehr konkret soll die Entwicklung des pastoralen Raumes in den nächsten Monaten aber werden. „Der Weg entsteht im Gehen“, sagt Eicker und fügt hinzu: „Es wäre gut, wenn man auch das Ziel wüsste.“