Mobilität in Kempen Brahmsweg – keine Vorfahrt für Radler
Kempen · Ein Gutachterbüro hat Vorschläge erarbeitet, wie die Radverbindung an Knotenpunkten in Kempen für Radler attraktiver und noch sicherer gestaltet werden kann. Die Studie basiert auf dem Radverkehrskonzept von 2019.
(rei) Der Brahmsweg in Kempen ist eine wichtige Verbindung für Radler und Fußgänger im Stadtgebiet. Die ehemalige Bahntrasse beginnt an der St. Huberter Straße am Bahnhof und verläuft in Richtung Südwesten (Oedter Straße) ringförmig um den Stadtkern. Bei der Erarbeitung des Radverkehrskonzeptes 2018 spielte der Brahmsweg bereits als Teil des so genannten grünen Netzes eine besondere Rolle.
Das Kölner Planungsbüro VIA eG hat im Auftrag der Stadt im vergangenen Jahr den Brahmsweg vertiefend untersucht. Ziel der Studie sollte es sein zu prüfen, ob für Radfahrende, die den Brahmsweg nutzen, eine durchgehende Vorfahrt ermöglicht werden kann und wie die Trasse attraktiver gestaltet werden kann. Eine Verbesserung für Radfahrer und Fußgänger sei durchaus möglich. „Eine Fahrt ohne Halt über alle Knotenpunkte ist für den Radverkehr jedoch nicht möglich.“ Zu diesem Ergebnis kommen die VIA-Experten. Ihre Konzeptionsstudie bildet den Einstieg in die konkrete Umsetzung von Maßnahmen, die im Radverkehrskonzept der Stadt vom Stadtrat 2019 beschlossen worden sind. Die Studie liegt seit Oktober 2022 vor. Sie kostete rund 13 500 Euro. Der Umwelt- und Klimaausschuss des Kempener Stadtrates hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem Gutachten beschäftigt. Die Verwaltung wurde beauftragt zu prüfen, ob die Vorschläge der Experten für die einzelnen Knotenpunkte umsetzbar sind. Fest steht schon jetzt, dass sich diese Prüfung hinziehen wird. Denn wie zu Beginn der Sitzung mitgeteilt wurde, hat die zuständige Mobilitätsmanagerin der Stadt ihre Stelle nur wenige Wochen nach ihrem Dienstantritt im Januar Ende Mai schon wieder aufgegeben. Im Rathaus muss man diese nun zuerst neu ausschreiben. Bis eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger eingestellt und eingearbeitet ist, wird es vermutlich noch einige Monate dauern. Solange wird sich in Sachen Brahmsweg nichts tun.
Die Studie des beauftragten Gutachterbüros hat ohnehin nur das noch einmal bestätigt, was bereits während der Diskussionen um das Radverkehrskonzept im Jahr 2018 weitgehend bekannt war: Der Brahmsweg auf der ehemaligen Trasse der Kleinbahn von Lobberich nach Kempen eignet sich nicht als Radschnellweg. Und die Querungen der innerörtlichen Straßen von der Oedter Straße im Südwesten bis zur St. Huberter Straße im Nordosten der Innenstadt sind nicht so ausgelegt, dass sie eine Vorfahrt für den Radverkehr zulassen.
Die Straßen, die den Brahmsweg queren, weisen durchschnittliche Verkehrsstärken von 4700 bis 8000 Kraftfahrzeuge pro Tag auf. Zu viel für eine Bevorrechtigung des Radverkehrs. Die Bundesanstalt für Straßenwesen kommt in einem Forschungsprojekt zu dem Ergebnis, dass nur bei einer Verkehrsbelastung einer Querstraße von unter 2000 Kraftfahrzeugen pro Tag eine Bevorrechtigung des Radverkehrs vor einer untergeordneten Straße als sicher bewertet werden kann.
Die Kölner Gutachter halten zumindest eine Gleichberechtigung des Rad- mit dem Autoverkehr für machbar. Am ehesten wäre die mit Ampelanlagen wie an der St. Töniser Straße zu erreichen. Die Anlagen müssten allerdings so konzipiert sein, dass sie beispielsweise über Induktionsschleifen im Radweg den Radfahrenden eine Grünphase verschaffen, ohne dass diese vom Rad absteigen müssten, so Politiker im Fachausschuss. Auch dies soll Teil der anstehenden verwaltungsinternen Prüfung sein.
Die Experten des Kölner Planungsbüros liefern in ihrer Studie Vorschläge, wie jede einzelne Querung des Brahmswegs mit einer innerörtlicher Straße umgestaltet werden kann. Dazu werden auch grobe Kostenschätzungen genannt. Insgesamt belaufen sich die Kosten für alle sechs Knoten auf rund eine Million Euro. Fest steht: Nur an der Oedter Straße wäre für den Brahmsweg ein neuer Minikreisverkehr denkbar. Für den Bau eines solchen Kreisels kalkulieren die Experten mit Kosten von mehr als 500 000 Euro. Der Vergangenheit angehören sollen in jedem Fall die so genannten Umlaufsperren – auch „Drängelgitter“ genannt. Sie sind nach Ansicht der Experten „für den Radverkehr sehr unkomfortabel“ und bereiten auch Rollstuhlfahrern Probleme. Ein besonderes Problem: Die Knotenpunkte St. Huberter Straße und Hülser Straße liegen so nah an der Bahnstrecke, dass dort Ampelanlagen wegen des zu erwartenden Rückstaus von Kraftfahrtzeugen bei „Rot“ nur schwer zu realisieren sind. Die Bahn habe speziell für den Übergang an der St. Huberter Straße bereits Bedenken geäußert, so die Gutachter im Ausschuss.
Die weitere Prüfung muss ergeben, ob die einzelnen Vorschläge umsetzbar sind. Neben der städtischen Planungsabteilung sind auch das Ordnungsamt als Verkehrsbehörde, die Polizei und – bei den Kreisstraßen – der Kreis Viersen mit ins Boot zu nehmen. Die Politik macht Druck, will dass es bei der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Radverkehrskonzept von 2019 schneller geht. Angesichts der personellen Lage in der Verwaltung wird dies wohl vorerst ein frommer Wunsch bleiben.