Brauchtum St. Martin: „Züge fallen aus, Fest findet statt“
Kempen · . Kann in Zeiten von Corona ein St. Martins-Zug stattfinden? Diese Frage stand nun schon seit Wochen im Raum. Nun hat der Vorstand des St.-Martin-Vereins Kempen eine Entscheidung getroffen, wie der Vorsitzende Rainer Hamm mitteilt.
Der Verein wird beide Kempener Martinszüge, den Kindergartenzug am 9. November und den Schulkinderzug am 10. November, absagen.
„Die Kinder ziehen zwar in Kempen geschlossen im Klassenverband und in den Kindergartengruppen. Hier ist kein höheres Infektionsrisiko erkennbar als tagsüber in der Schule oder im Kindergarten. Wir können aber nicht steuern, wie viele Besucher nach Kempen kommen. Eine notwendige Abstandsregelung ist insofern kaum kontrollierbar“, so Rainer Hamm in einer Pressemitteilung. Die Signale von Seiten der Ordnungsbehörden hatten nicht erwarten lassen, dass überhaupt eine Durchführung der Züge möglich gewesen wäre. „Im Hinblick auf die Verantwortung des Martinvereins für das Infektionsgeschehen während der Martinszüge möchten wir aber eine diesbezügliche Entscheidung gar nicht abwarten.“
Am Dienstagabend hatte sich der Martin-Verein mit den Schulen über das Vorgehen abgestimmt. Die Entscheidung zur Absage war auch gemeinsam mit der Stadt Kempen getroffen worden. Der Verein möchte, dass St. Martin im Herbst in Kempen dennoch präsent ist. So soll es wie immer im Rathaus und in den Schaufenstern der Geschäfte eine Fackelausstellung geben. Die Schulen wollen sich daran beteiligen.
„Wir werden trotzdem basteln. Der Umzug fällt aus, aber das Fest findet statt“, sagt Stefan Ungruhe, Leiter der Grundschule Wiesenstraße. Das gelte auch für die anderen Grundschulen in Kempen. Aber die Laternen können in diesem Jahr durchaus anders aussehen. Vielleicht werden es kleine Fackeln, die man auf den Tisch stellen kann, oder zwei große Fackeln, an denen die Schüler einer Klasse gemeinsam basteln. Die einzelnen Schulen und Klassen werden dazu noch Entscheidungen treffen. Einige Ideen gebe es auch bereits, wie St. Martin vielleicht in einem Projekttag in den Schulen stattfinden kann. Diese Ideen werden nun ausgearbeitet. „Wir wollen das Thema Teilen in den Mittelpunkt rücken“, erklärt Stefan Ungruhe.
Das bestätigt auch Uwe Hötter, Leiter der Gesamtschule. „Wir überlegen verschiedene Projekte rund um das Thema St. Martin“, so der Schulleiter. Um die Idee des Teilens verstärkt nach vorne zu bringen, könnten zum Beispiel die sozialen Projekte der Schule zum Thema werden. Einige Kollegen seien schon sehr aktiv, wie man den Martinstag gestalten kann. Das Fackelbasteln kann auch an der Gesamtschule nicht stattfinden wie sonst. Die Unterstützer, die sonst beim Basteln helfen, können in diesem Jahr nicht in die Schulen kommen. Und auch die Fackelbautage können nicht wie gewohnt stattfinden. „Die Klassen fünf bis sieben werden je zwei Klassenlaternen basteln“, berichtet Hötter, der sich auf viele verschiedene Themen und eine bunte Vielfalt freut.
Auch im Luise-von-Duesberg-Gymnasium bespricht man nun, wie man das Fackelbasteln umsetzt. Die Absage des Zuges ist aus Sicht von Schulleiter Benedikt Waerder eine vernünftige Entscheidung. Nun müsse man sehen, wie man das Brauchtum anders lebendig halten kann. „Martins-Lieder singen im Unterricht geht ja auch nicht“, so Waerder.
„Und wir möchten den Kindern auch auf irgendeinem Wege etwas Süßes zukommen lassen. Wie und was müssen wir noch klären“, so Rainer Hamm. Vor allem möchte man aber den Schulen und Kindergärten die Prämien zukommen lassen, die für soziale Zwecke verwendet werden sollen.
Auch wenn keine Martinszüge stattfinden, soll der Martinsgedanke des Teilens gegenwärtig sein. Daher wird auch die Haussammlung unter den erforderlichen Infektionsschutz-Bedingungen stattfinden. Es sei also durchaus möglich, dass nicht in allen Kempener Haushalten gesammelt werden könne. „Wir freuen uns aber, wenn in diesem Falle unsere treuen Spender einen Beitrag an den Verein kontaktlos überweisen.“ Eine Kontoverbindung für Spenden findet man auf der Homepage des Vereins.
Die Absage sei dem Vorstand sehr schwer gefallen. „St. Martin ist in Kempen im November nicht wegzudenken. Zuletzt gab es im Krieg 1942 keinen Martinszug, also vor fast 80 Jahren. Aber schon 1943, also noch vor Kriegsende haben die Kempener trotz der großen Not wieder einen Martinszug möglich gemacht. Das wird uns in diesem Jahr in dieser schwierigen Zeit leider nicht gelingen.“
Nun hofft der Verein, dass im nächsten Jahr wieder ein Martinszug ziehen kann. Und hat das Ziel auch schon auf seiner Homepage präsent platziert: Mittwoch, 10.11.2021.