Kempener Zentrenkonzept „Ausnahme wäre das völlig falsche Signal“

Kempen · Der Kempener Werbering äußert sich zur Kritik am Zentrenkonzept und zum Fahrradladen im Hagelkreuzviertel.

 Armin Horst (l.) und Rainer Hamm vom Werbering kämpfen dafür, dass nicht am Kempener Zentrenkonzept gerüttelt wird.

Armin Horst (l.) und Rainer Hamm vom Werbering kämpfen dafür, dass nicht am Kempener Zentrenkonzept gerüttelt wird.

Foto: JA/Lübke, Kurt (kul)

Das mögliche Aus für den Fahrradladen Velowelt an der Dunantstraße erregte in den vergangenen Tagen in Kempen viel Aufmerksamkeit. Das Geschäft muss sein aktuelles Ladenlokal verlassen, weil es abgerissen werden soll. An die Kleinbahnstraße soll es daher gehen, nahe der Kerkener Straße. Doch dem widerspricht das Kempener Zentrenkonzept, welches den Verkauf von Fahrrädern, Fahrradzubehör und Senioren-Scootern nur in der Innenstadt zulässt.

Die Grünen fordern nun in einem Antrag, dass der Laden dennoch an der Kleinbahnstraße öffnen darf. Sie halten dies für vertretbar, da die Kleinbahnstraße – zumindest im Bereich der Supermärkte – als Nahversorgungszentrum gilt. Das Fahrradgeschäft nahe am Hagelkreuz wollen sie erhalten, um die Mobilität der älteren Bevölkerung dort zu sichern (Die WZ berichtete). In den sozialen Netzwerken gab es in der Folge jede Menge Kritik am Zentrenkonzept und am möglichen Wegfall von Velowelt im Hagelkreuz.

Darauf reagierte am Mittwoch der Kempener Werbering. „Wer sich näher mit dem Zentrenkonzept beschäftigt hat, weiß, dass wir den guten Zustand in unserer Altstadt heute nur dank dieses Konzeptes haben“, sagt Vorsitzender Armin Horst. Erst 2019 sei das Konzept von 2005 noch mal überarbeitet und beleuchtet worden. „Dass nun eine Partei, die das Konzept mit unterstützt und beschlossen hat, eine Ausnahme fordert, ist doch sehr verwunderlich“, so Horst.

Es sei zudem so, dass Velowelt auch am jetzigen Standort Dunantstraße mit dem aktuellen Sortiment nicht hätte öffnen dürfen. Einen Bestandsschutz gebe es nicht, denn Fahrräder und Fahrradzubehör gelten bereits seit 2005 als zentrenrelevante Artikel, die nur in der Innenstadt verkauft werden dürfen. „Und auch die Sonderregelung für die Kleinbahnstraße greift nicht“, erklärt Werbering-Geschäftsführer Rainer Hamm. Nur bei den Versorgern Lidl und Rewe seien kleine Geschäfte, wie Bäcker oder Kioske zulässig. Der Antrag der Grünen gleich daher einer Aufforderung zum Rechtsbruch.

Werbering: Präzedenzfall könnte zu Dominoeffekt führen

Armin Horst stellt zudem klar, dass es in keiner Weise darum gehe, ein weiteres Fahrradgeschäft in Kempen zu verhindern. In den sozialen Netzwerken hatte man unter anderem Markus Claaßen, Fahrradhändler in der Altstadt und zweiter Vorsitzender des Werberings, scharf angegriffen und „Klüngel“ mit der Politik unterstellt. „Ich bin froh, dass es mittlerweile einen zweiten Fahrradladen in der Altstadt gibt“, sagt Claaßen. „Der Bedarf an Fahrrädern ist groß und für die Verkehrswende ist die Versorgung auch wichtig.“

Warum Velowelt seit Jahren an der Dunantstraße trotz des Zentrenkonzeptes existiert, weiß man beim Werbering nicht. „Wir wären auch im Leben nicht auf die Idee gekommen, die Schließung zu fordern.“ Aber durch den Antrag der Grünen liege die Sache nun anders. „Es geht uns nicht um den Umzug, sondern darum, dass hier offiziell eine Ausnahme geschaffen werden soll“, so Hamm. Das sei unfair anderen Einzelhändlern gegenüber, die vielleicht auch lieber aus der Altstadt weg auf die grüne Wiese ziehen würden. „Solch ein Präzedenzfall könnte zu einem Dominoeffekt in der Altstadt führen, und der muss vermieden werden.“

Gerade aktuell sei die Lage in der Altstadt angespannt. Gleich mehrere Gastronomen schließen. „Und das hat natürlich auch einen Effekt auf den Einzelhandel. Die Altstadt funktioniert nur im Zusammenspiel von Gastronomie und Einzelhandel“, sagt Armin Horst. In solch einer Lage das Zentrenkonzept aufweichen zu wollen, sei „das völlig falsche Signal“.

Sollte Velowelt sich aber dem Werbering anschließen, so wolle man gerne nach Kräften bei der Suche nach einem Ladenlokal helfen, so der Vorsitzende – im ersten Jahr sei die Mitgliedschaft sogar kostenfrei. „Wir haben nicht sehr viel Leerstand in der Altstadt, aber einige Ladenlokale wären durchaus verfügbar.“

Die ehemalige Commerzbank an der Engerstraße würde ihm zum Beispiel in den Sinn kommen. Dort sei viel Platz für ein Fahrradgeschäft mit Werkstatt – und man könne noch Mietzuschüsse beantragen. „Die Mobilitäts-Grundversorgung im Hagelkreuz ist ein anderes Thema, aber auch da setzen wir uns gerne mit der Politik zusammen.“ Denn auch jetzt sei es schon möglich, defekte Fahrräder zur Reparatur in der Altstadt abholen zu lassen.

Auch mit den Grünen hat der Werbering nach deren Antrag gesprochen. „Man wird wohl in der nächsten Fraktionssitzung über das Thema sprechen“, berichtet Hamm. Sollte die Fraktion danach weiterhin an ihrem Antrag festhalten, so werde der Werbering eine Stellungnahme im Stadtrat abgeben.