Kempen Kempens Archiv-Chancen steigen

Viersen hat offenbar kein Interesse an Zusammenlegung von Stadt- und Kreisarchiv.

Foto: Kurt Lübke

Kempen/Kreis Viersen. Die Stadt Kempen würde es gerne behalten, Willich hat großes Interesse daran — und Viersen lehnt offenbar dankend ab: Die Rede ist vom Kreisarchiv, über dessen künftigen Sitz schon seit Monaten diskutiert wird. Derzeit ist es aus Sicht des Kreises Viersen mehr schlecht als recht in der Kempener Burg untergebracht, weshalb die Kreisverwaltung nach einem Standort für einen Neubau sucht. Zumindest bei der Stadt Viersen scheint sie sich jedoch bei der Suche nach Kooperationen einen Korb zu holen.

Am 30. August wird der Viersener Kulturausschuss in einer Sondersitzung über die Anfrage des Kreises entscheiden, ob es zu einer Eingliederung des Stadtarchivs in das Kreisarchiv kommen könnte. Die Viersener Stadtverwaltung erarbeitet dazu im Augenblick eine Vorlage, die zunächst den Fraktionen zugestellt wird. „Zum Inhalt werde ich vor der ersten Fraktionssitzung am 24. August aber nichts sagen“, erklärte der Viersener Kulturdezernent Paul Schrömbges (CDU) auf Anfrage der WZ.

Aus politischen Kreisen in Willich ist aber schon zu hören, Viersen habe gar kein Interesse an einer Zusammenlegung seines Stadt- mit dem Kreisarchiv. Unkalkulierbare Kosten, Verlust der Bürgernähe, geringes Mitspracherecht sollen unter anderem als Gründe im Raum stehen — von der völlig offenen Standortfrage ganz zu schweigen. Statt dessen werde in der Kreisstadt eine verbesserte Zusammenarbeit mit dem Willicher Stadtarchiv bevorzugt. Die beiden städtischen Einrichtungen heben immer besonders ihre enge Verbindung zu den Heimatvereinen und den Schulen hervor. Das Kreisarchiv in Kempen werde dagegen in der Hauptsache von Historikern aufgesucht.

Der Willicher Stadtrat hatte vor der Sommerpause Kooperationsverhandlungen mit Viersen beschlossen. Gleichzeitig ließ er sich die Tür zu weiteren Verhandlungen mit dem Kreis Viersen offen. Klar ist dabei: Eine Eingliederung des Willicher Stadtarchivs in das Kreisarchiv kommt aus Sicht der Stadt nur am Standort Willich in Frage. Vorgeschlagen worden ist dafür ein Grundstück gegenüber dem jetzigen Standort in Schiefbahn. Gleichzeitig führen die Willicher ins Feld, obwohl man zweitgrößte Stadt im Kreisgebiet sei, verfüge man bisher über keine Kreiseinrichtung.

Sauer aufgestoßen ist in beiden Städten eine Bemerkung von Kreisdirektor Ingo Schabrich. Der hatte in einem Zeitungsinterview erklärt, das Bestreben der Willicher und Viersener, ihre Archive am Ort halten zu wollen, sei „emotional und sachfremd“.

Die Kreisverwaltung hat angekündigt, nach der Sommerpause eine Bewertung möglicher Archiv-Standorte vorzulegen. Und falls Willich und Viersen sich nicht anschließen wollten, werde eben ohne sie gebaut, drohte Schabrich.

Die Zurückhaltung aus Viersen in der Angelegenheit Kreisarchiv dürfte man im Kempener Rathaus mit Genugtuung vernehmen. Es ist kein Geheimnis, dass Bürgermeister Volker Rübo (CDU) Stadt- und Kreisarchiv in der Thomasstadt behalten möchte. Die Ideen aus dem Kreishaus mit Blick auf die Stadt Viersen oder eine Art „Kreiskulturzentrum“ im Umfeld des Grefrather Freilichtmuseum haben in Kempen alles andere als Begeisterungsstürme ausgelöst.

Wurde aus politischen Kreisen in den vergangenen Monaten häufig kolportiert, dass Viersen als Archivstandort für Landrat Andreas Coenen (CDU) und Kreisdirektor Schabrich eine gute Lösung sei, dürfte Kempens Position nun deutlich verbessert sein. In der Thomasstadt gäbe es auch durchaus Platz für den Neubau eines Kreisarchives. Ins Auge gefasst hat die Kempener Verwaltungsspitze dafür ein Areal auf dem ehemaligen Arnold-Gelände in der Nähe des Bahnhofes. Dort gibt es mit dem Finanzamt und der Bundespolizei bereits zwei große Behörden.

Dieser Standort war von Politik und Verwaltung auch im Zusammenhang mit dem Neubau eines zweiten Rathauses ins Spiel gebracht worden. Dort sollten einige Nebenstellen zusammengezogen werden. Mit Blick auf diese Pläne ist seit einigen Wochen allerdings auch die Burg im Rennen. Weil sich das Investoreninteresse an der kurkölnischem Denkmal in Grenzen hielt, will die Stadt nun prüfen, ob sich die Burg als Verwaltungsstandort eignet. Rückenwind kommt von allen Fraktionen. Nun sollen Experten herausfinden, ob dieses Unterfangen Sinn hätte. Mehr Details sollen im Herbst beraten werden.