Klassik-Fans trotzen dem Regen
1500 Besucher waren begeistert. Und nach der Pause wurde es neben der Kempener Burg sogar trocken.
Kempen. Zwei Prognosen über den Verlauf des Abends wagte Moderator Wolfgang Schouten zu Beginn von „Klassik an der Burg“: „Sie werden den Dirigenten Kenneth Duryea lieben. Und es wird aufhören, zu regnen.“
Unter den 1500 Zuhörern bestand an beidem kein Zweifel. Bereits am frühen Abend, Stunden vor Beginn, hatten sich die meisten auf der Wiese zwischen Burg und Franziskanerstraße eingefunden und erwarteten gut gelaunt den Auftritt der Niederrheinischen Philharmoniker.
„Genießen Sie die Atmosphäre“, begrüßte Christian Alberts vom Veranstalter Verkehrsverein die Besucher, die sich den Rat zu Herzen nahmen. Man begrüßte Bekannte, flanierte mit einem Glas Wein über die Wiese und summte die Evergreens des A-cappella-Trios „melodic“ mit. Auch die drei Sängerinnen aus Krefeld hatten offensichtlich Spaß an ihrem Auftritt, wurden mit reichlich Applaus bedacht und durften die Bühne erst nach einer Zugabe verlassen.
Dazu, dass die Wartezeit bis 20.30 Uhr niemandem zu lang wurde, trug auch das vielfältige — wenn auch teils recht teure — gastronomische Angebot bei. „Ob Wiesenrind vom Grill oder Asia-Pfanne — eigentlich geht alles sehr gut“, freute sich Metzgermeister Michael Fander, der mit seinem Team 1800 Portionen vorbereitet hatte.
Dass das Publikum nicht geplant hatte, sich von schlechtem Wetter die Laune verderben zu lassen, wurde deutlich, als es pünktlich zu Konzertbeginn anfing, zu schütten. Plastiktüten und wasserfeste Sitzkissen wurden ausgepackt, man half sich gegenseitig in die von der Sparkasse gesponserten Regen-capes. Und verzichtete größtenteils auf Regenschirme, die den hinten Sitzenden die Sicht versperrt hätten.
Als dann die Niederrheinischen Philharmoniker mit der Ouvertüre aus Rossinis „Die diebische Elster“ loslegte, war ohnehin jede Unbequemlichkeit vergessen. Das Orchester bot eine heitere Reise durch die Opern- und Operettenwelt und harmonierte hervorragend mit den Solisten: Isabelle Razawi, Kairschan Scholdibajew und Thomas Peter.
„Ich gehe keinesfalls vor dem Ende. Auch wenn ich befürchte, Montag erkältet zu sein“, betonte die Kempenerin Elisabeth Hesse und sprach damit wohl vielen aus der Seele. Nach einer verkürzten Pause waren die Sitzreihen kaum gelichtet, und das Durchhaltevermögen wurde belohnt: Einerseits mit der Figaro-Arie „Largo al factotum“, die von Bariton Thomas Peter mitreißend umgesetzt wurde. Andererseits damit, dass zu „Rosen aus dem Süden“ der Regen ein Ende nahm. Und die Zuschauer einen Eindruck davon bekamen, wie sich die Veranstalter den Abend wohl gewünscht hatten: Nachtfalter schwirrten durch den Fackelschein, durch die Bäume warfen Lampen ein warmes Dämmerlicht und die hervorragende Akustik auf der gesamten Wiese ging nicht mehr im Trommeln der Tropfen auf der Kapuze unter.
Und so herrschte auch nach gut zwei Konzertstunden und zwei Zugaben allenthalben gute Laune. Am Ende verließ man die Wiese wie versprochen im Trockenen und mit viel Sympathie für die Musiker. Aber auch für die Veranstalter und Besucher, die mit Humor und Gelassenheit aus einem verregneten Augustabend ein wunderbares Open-Air-Erlebnis gemacht haben.