Konzert: Reise durch 100 Jahre Jazz

Einen unterhaltsamen und lehrreichen Abend bot die „Library Jazz and Blues Connection“ in der Stadtbücherei. Jazzclub-Atmosphäre aber kam nicht auf.

Breyell. Der heimliche Star war ein kleiner Störenfried: Ein Marienkäfer auf dem Lesepult brachte Helmut Grüttner bei seinem Vortrag kurz aus dem Konzept, sorgte so für Gelächter. Ansonsten war’s ein unterhaltsamer und lehrreicher Donnerstagabend: Die "Library Jazz and Blues Connection" führte in der Stadtbücherei in Breyell mit Vorträgen und Musikbeispielen durch 100 Jahre Jazz-Geschichte.

"Unsere Interpreten sind gnädig", beruhigte Grüttner das Publikum, als er von wilden Variationen im Jazz erzählte. In der Tat: Lilliana Schmidt und Uli Windbergs gaben sich gnädig gemäßigt. Gefällige Evergreens aus dem Standard-Repertoire des Jazz boten sie, Swing zumeist, durch Windbergs Pianospiel nur selten originell aufgepeppt. So klangen "Sentimental Journey" oder "Tea for Two" nicht wirklich aufregend. Passend also für den Saal einer Bibliothek, nette Unterhaltung - aber nicht die angekündigte Jazzclub-Atmosphäre.

Immerhin sorgte Sängerin Schmidt für kleine Show-Elemente, wechselte die Schals oder trug Hut. Anfangs freilich wirkte sie gehemmt, vielleicht auch, weil das Piano sich oft in den Vordergrund spielte. Erst bei "Kauf dir einen bunten Luftballon" blühte sie auf, dehnte weich die tiefen Töne, hauchte leise hohe Laute, stieß indes ganz oben auf der Tonleiter oft einen Tick zu hart an. Doch das Publikum dankte mit zaghaftem Mitschnipsen und kräftigem Applaus.

Noch mehr Beifall, als Grüttner zeigte, dass er selbst ein alter Jazzer ist: "Bye bye Blackbird" sang er mit Schmidt im Duett, brillierte mit einem gekonnten vokalen "Dubidubidu"-Solo. Das behagte ihm sichtlich mehr, als sich vor jedem kurzen Vortrag erst das Jackett zuzuknöpfen und die Krawatte zurechtzunesteln.

Wobei er amüsant, ja spannend schilderte. Etwa, wie Kriegsmächte die Musik für Propagandazwecke missbrauchten. Oder wie Jazzer selbst aus Kinderliedern was machen: "Ein Jazzmusiker hört morgens einen Titel und abends im Club dreht er ihn um, schüttelt ihn und es kommt was Neues raus."

Nichts Neues hingegen gab’s vom kleinen Störenfried. Lilliana Schmidt sah zwischendurch nach dem Käfer, den Grüttner auf eine Decke am Bühnenrand gelegt hatte: "Er schläft."

Passend zum Thema gab’s die musikalische Untermalung von Sängerin Lilliana Schmidt aus Lobberich und Pianist Uli Windbergs aus Hinsbeck. Beide Musiker treten auch in anderen Besetzungen auf, Windbergs ist zudem Chorleiter.

Eigene Spielfreude und die Begeisterung der Zuschauer ließen das Trio weitermachen. Allein in der Bücherei gaben Grüttner, Schmidt und Windbergs mittlerweile fünf ausverkaufte Konzerte.