Grefrath Nabu feiert erfolgreiche Brutsaison
Zum ersten Mal konnten Grefrather per Web-Cam in die Kinderstube der Turmfalken sehen. Jetzt sind die Vögel „ausgezogen“.
Grefrath. „Ich habe Rotz und Wasser geheult, als die Dohlen einen Jungvogel bei seinem ersten Freiflug attackiert haben und als sie später den Kleinsten aus dem Gelege aus dem Nest geholt haben“, sagt Karin Ites. Sie sei über die Webcam in der Kinderstube der Turmfalken von St. Laurentius zum Nabu Grefrath gekommen. Ziel erreicht. Denn dessen Vorsitzender Rolf Brandt sagt, über Emotionen können Menschen am besten motiviert werden, sich für eine Sache einzusetzen.
Für diesen Einsatz erhielten gestern in Anwesenheit von Bürgermeister Manfred Lommetz aktive Tierschützer eine Urkunde „Zur Unterstützung des Projektes Lebensraum Kirchturm“; gleichzeitig lässt Brandt die Turmfalkensaison 2016 Revue passieren. Zu diesem Zweck sind vor der Buchhandlung von Karl Groß und Regina Ringpfeil Tische mit Fotos aufgebaut, mittendrin die Kamera, die zunächst alle 60, später alle 30 Sekunden das Leben der Familie Turmfalke live ins Internet übertragen hat.
Für die Technik ist beim Grefrather Nabu ein Nettetaler zuständig: Peter Schmitz kann dabei seine Erfahrungen von der Turmfalkenbeobachtung in Kaldenkirchen einbringen. Zu seinem Job gehört auch die Turmbesteigung und die Beförderung des Materials über die steile Treppe.
Nachdem er die Kamera aufgebaut hatte, richtete er eine Funkstrecke ns Haus von Karl Groß ein, um dort Bilder auf einen Bildschirm im Schaufenster zu produzieren. Gleichzeitig geht die Vogelbeobachtung über die Internetseite des Nabu sowie über Facebook. „Da haben wir zehntausende von Klicks“, freut sich Brandt.
Die zweite Falken-Saison und die erste mit Web-Cam ist in Grefrath zu Ende gegangen. Ob es immer die gleichen Altvögel waren, die ihren Nachwuchs im Turm der Pfarrkirche aufgezogen haben, ist nicht belegt. „Aber wir vermuten das“, sagt Brandt. Sechs Eier hatte das Weibchen gelegt, das erste am 8. und das letzte am 16. April. Das erste ist am 11. Mai geschlüpft und das letzte acht Tage später. Dessen frühes Ende hat „viele Menschen berührt“, berichtet Brandt. Es sei das kleinste Küken gewesen. Und eines Tages hätten die Jungvögel in einer Ecke gehockt, als eine Dohle in die Nisthöhle geflogen sei. „Vor seinen Geschwister saß der kleinste und schimpfte die Dohle furchtbar an. Aber die hat ihn sich geschnappt und ist weggeflogen. Das war ein herzzerreißendes Bild.“
Besonders gut sind die Naturschützer nicht auf die Dohlen zu sprechen, die bekanntlich einen weiteren Jungvogel tödlich verletzt hatten. Auch würden sie die Futtervorräte der Turmfalken (Foto: dpa) plündern und versuchten, die Nisthöhle zu besetzen. Deshalb gebe es jetzt die Überlegung, für die Dohlen einen Nistkasten aufzuhängen, „um den Druck von den Falken zu nehmen“, wie Rolf Brandt sagt.
„Greifen die Falken eigentlich Singvögel an“, will der Bürgermeister wissen. „Nein“, die Antwort des Nabu-Vorsitzenden. „Sie fressen zu 95 Prozent Mäuse.“ Aber es gebe andere Arten, wie den Wanderfalken, der beispielsweise Tauben und andere Vögel schlage. Fragen, so Regina Ringpfeil kämen auch von den vielen Kindern und Jugendlichen, die am Vogelleben Anteil genommen hätten. „Außerdem waren wir mit dem Projekt ,Grünes Grefrath’ in den Schulen, das hat viele Schüler motiviert.“ Zudem hätten sich etliche jüngere — aber auch ältere — Schaulustige am Fenster der Buchhandlung die Nase platt gedrückt, um die Bilder der Webcam zu betrachten.
Auf so viel Begeisterung hoffen die Vogelfreunde, die sich spaßeshalber, wie Brandt sagt, Turmfalkenfreundeskreis des Nabu genannt haben, auch für die nächste Saison. Denn Jung- und Altvögel sind ausgeflogen. Das letzte Bild aus dem Kasten im Kirchturm stammt vom 2. Juni. „Jetzt suchen sich die Vögel in der Natur ihre Plätze. Ab und zu schauen sie hier wieder vorbei und kommen hoffentlich im Februar des nächsten Jahres wieder zum Brüten zu uns“, sagt Brandt. Der Nabu jedenfalls würde alles für die Turmfalken vorbereiten, damit sie sich auf St. Laurentius wohl fühlen.