Kempen Schmeddersweg: FDP kritisiert Auftragsvergabe
Die beiden Mehrfamilienhäuser für Flüchtlinge werden gebaut. Im Rat wurde über die Vergabe des 1,8 Millionen Euro teuren Auftrags diskutiert.
Kempen. Jetzt kann es endlich losgehen. Nach wochenlangen Debatten und Überlegungen hat der Stadtrat am Mittwochabend grünes Licht für den Bau von zwei Mehrfamilienhäusern am Schmeddersweg gegeben (die WZ berichtete). Um dort Flüchtlinge unterzubringen, werden zwei zweigeschossige Häuser entstehen. In den Wohnungen zwischen Sporthotel und Reithalle können bis zu 96 Menschen leben. „Nachdem das Signal der Bezirksregierung gekommen ist, dass wir etwas mehr Zeit haben, sind wir noch einmal in die Überlegungen gegangen“, begründete Bürgermeister Volker Rübo vor den Politikern die Kehrtwende der Verwaltung.
Wie berichtet, sollte am Schmeddersweg ursprünglich ein Containerdorf nach Willicher Vorbild entstehen. Dazu gab es bereits einen Beschluss, den der Rat am 28. Juni gefasst hatte. Nun setzt die Stadt auf eine Holzrahmenbauweise, die mehr Langfristigkeit verspricht. Dafür gab es eine breite Mehrheit im Rat — nur die drei FDP-Stimmen bekam die Verwaltung nicht.
Und dafür gab es nach Angaben der Fraktionsvorsitzenden Irene Wistuba mehrere Gründe. „Der Standort Schmeddersweg enthält auf Dauer zu viel Konfliktpotenzial“, sagte Wistuba unter anderem mit Blick auf mögliche Parkplatzprobleme. Die vorgesehene Fläche werde auch als Parkplatz fürs Schwimmbad Aqua-Sol genutzt. Ferner sieht die FDP eine mögliche Lärmbelästigung für die Flüchtlinge durch das Aqua-Sol. Wistuba und Ratskollege Bernd Lommetz hätten am 28. Juni „mit großen Bauchschmerzen“ dem Standort zugestimmt. „Da waren wir von einem Provisorium ausgegangen“, so Wistuba. Ratsherr Jörg Boves hatte den Verwaltungsvorschlag schon damals abgelehnt.
Die FDP sieht ein weiteres Problem: „Bei der Auftragsvergabe haben wir enorme Bedenken“, sagte Wistuba. Sie kritisierte, dass es keine offizielle Ausschreibung gibt. Die Stadt hat sich im Vorfeld Informationen bei Unternehmen geholt und will den Auftrag nun an eine Fachfirma vergeben. „Es muss doch wie eine Farce für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung klingen, dass sie für viel kleinere Beträge drei Vergleichsangebote einholen müssen, während die Verwaltungsspitze diese Gesetze bei 1,8 Millionen Euro mal eben außer Kraft setzt“, so Wistuba.
Bürgermeister Rübo entgegnete, dass man zwar etwas mehr Zeit habe, „aber auch nicht so viel, um in ein langwieriges Vergabeverfahren zu gehen“. „Wir stehen schon unter dem Druck, dass Ende des Jahres ein Haus stehen muss“, so Rübo. Und dies werde durch das Unternehmen möglich gemacht, dass den Auftrag bekommen soll.
Mit Blick auf den Bau der beiden Häuser werde es auch keine böse Kosten-Überraschung geben. Bei den 1,8 Millionen Euro handele es sich um einen Festpreis. Dazu kommen rund 400 000 Euro für die Erschließung des Geländes. Insgesamt muss die Stadt also 2,2 Millionen Euro investieren, weswegen die Sondersitzung des Rates erst nötig geworden war. Im Haushalt stehen für einen entsprechenden Bauzweck nur 1,5 Millionen Euro bereit. Die Verwaltung musste sich diese „überplanmäßige Ausgabe“ genehmigen lassen.
Zustimmung gab es von CDU-Fraktionschef Wilfried Bogedain, der aber noch geklärt haben wollte, dass weitere Bautätigkeiten der Stadt gesichert sind. „Ich gehe davon aus, dass dringende Maßnahmen in den Schulen jetzt nicht durch diese zusätzlichen Ausgaben gefährdet sind“, sagte er in Richtung des Bürgermeisters. „Selbstverständlich, so ist es“, entgegnete Rübo kurz und knapp.
„Es ist keine Frage, dass wir für die Unterbringung weiterer Flüchtlinge diese Unterkünfte bereitstellen“, sagte Bogedain. Die neuen Ideen ziehe die CDU der „Notlösung“ vom Juni vor. Das Thema Vergabe sehen auch die Christdemokraten kritisch. „Wir sehen aber auch den Zeitdruck“, sprang Bogedain Rübo zur Seite.
„Wir geben noch einmal ein deutliches Ja zum Standort“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Gareißen. Es liege nun eine gute Lösung auf dem Tisch. Eine weitere Diskussion über den Standort hielt Gareißen für überflüssig, weil der Beschluss dazu bereits im Juni verabschiedet worden war.
Auch von den Grünen gab es ein Ja zum Verwaltungsvorschlag — verbunden mit der Forderung von Michael Rumphorst, „dass bitte auch das Technische Dezernat in dieser Angelegenheit mitzieht“. In den vergangenen Wochen war aus der Politik kolportiert worden, dass das Sozial- und Baudezernat bei den Containerplänen nicht gut zusammengearbeitet haben.
Das ließ Sozialdezernent Michael Klee nicht stehen: „Dieses Auseinander-Filettieren der Verwaltung halte ich für unappetitlich. Wir lassen uns nicht auseinander dividieren. Um die Flüchtlinge zu versorgen, arbeiten alle städtischen Mitarbeiter gemeinsam. Und ich bin stolz darauf, was wir in den vergangenen Monaten alles erreicht haben.“