Nettetal: Ortsteil-Rivalitäten im Netz
Nettetaler StudiVZ- und Facebook-Nutzer stehen zu ihren Stadtteilen. Andere halten darüber den Kontakt zur Heimat.
Nettetal. Ist die Rivalität zwischen den inzwischen sechs Stadtteilen eigentlich eine Generationen-Frage? Ist Kirchturm-Denken nur bei denen verbreitet, die älter sind als Nettetal, das vor 40 Jahren gegründet wurde?
Ein Blick in die sozialen Netzwerke im Internet zeigt, dass die Generation U40 in Sachen Rivalität zwischen den Ortsteilen genauso ist wie ihre Ahnen. Und das auch gerne kund tut- zum Beispiel bei StudiVZ.
Mehr als 220 Gruppen gibt es, die sich mit einem der Nettetaler Stadtteile beschäftigen wie "Wann kommt IKEA endlich nach Kaldenkirchen???", "Hinsbeck, das Beste aus Nettetal" oder "Ob Blond oder Braun, in Breyell gibt es eh die besten Frauen!!!".
Der Kirchturm-Patriotismus fördert Kreativität. Estella hat die Gruppe "Wäre Breyell eingezäunt hätte Kaldenkirchen nen eigenen Zoo" gegründet: "Früher mochten die Stadtteile sich nicht", sagt sie. Klar gebe es Vorurteile, "aber heute ist es nur Spaß". Trotzdem gefällt ihr, dass Kaldenkirchen die schönere Fußgängerzone hat als der Nachbar im Südosten.
Auch Hinsbecker zeigen im StudiVZ einen besonderen Stolz und sind überzeugt: "Über Hinsbeck lacht die Sonne, über Lobberich die ganze Welt" oder drücken über eine Gruppen-Mitgliederschaft aus, dass sie "Da leben, wo andere Urlaub machen: Dubai, Hawaii, St.Tropez, Hinsbeck".
Jens kommt aus Breyell und findet, dass es Rivalität zwischen Ortsteilen überall gibt, hat aber die Gruppe "Bin ’ne Nette Taler’" gegründet. Sich in einem Netzwerk wie StudiVZ auszutauschen, ist für ihn wichtig. "Ich möchte gerne Kontakte halten, wenn sich was Neues ergibt, und einfach auf die Reize der Umgebung für Urlauber hinweisen." Jens mag an Nettetal, dass, wenn es um etwas geht, wie zuletzt bei der Aktion "WDR 2 für eine Stadt 2010", dann "alle zusammenrücken und gemeinsam für das Ziel kämpfen" - egal aus welchem Stadtteil.
Und im Zweifel hilft es immer einen gemeinsamen "Feind" zu haben: Die Gruppe "Wenn Holland nicht wär’ läg Nettetal am Meer" hat 174 Mitglieder. Einen besonderen Ausdruck von Lokalpatriotismus favorisieren die Mitglieder der Gruppe "Nettetal - Pro eigenes Nummernschild!".
Im aus den USA stammenden Netzwerk Facebook geht es rund um Nettetal friedlich zu. Viele ehemalige Nettetaler schauen, was es so Neues gibt in der Heimat. Tanja wohnt mittlerweile in München und bekennt: "Die üblichen Entzugserscheinungen (Currywurst, Fleischrolle Spezial, Alt und doppelt salzige Lakritze) stellen sich aber immer noch regelmäßig ein." Und dafür bekommt sie viel Zustimmung aus aller Welt.
Für sie ist Facebook die Möglichkeit, zur Heimat Kontakt zu halten. Allerdings ist ihr Datenschutz wichtig: Nur Freunde dürfen aufs Profil zugreifen, private Aufnahmen, auf denen sie zu erkennen ist, mag sie nicht: "Das Internet vergisst nichts!"
Im hohen Norden Deutschlands, in Hamburg, verfolgt Michaela Schneider-Mestrom über Facebook, was es in Nettetal Neues gibt. Sie ist schon seit 20 Jahren aus Breyell weg: "Ich bin da aufgewachsen, meine Eltern und Schwestern leben dort und es ist einfach meine Heimat; mein Herz und meine Seele schlagen dort", berichtet sie.
Über Facebook-Seiten wie "Nettetal kennt doch jeder" kann sie mit alten Freunden in virtuellem Kontakt bleiben und Erinnerungen niederschreiben, zum Beispiel auf der Pinnwand der Gruppe: "Kennt eigentlich noch jemand den Feinkost-Laden meiner Oma Feinkost Küster’, der in Kaldenkirchen direkt neben Axel (also dem Quartier Latin’) war?" Auch wenn sich im Netz an den Laden keiner erinnert, kommt man so doch gut in Kontakt.
Nettetal hat also in den sozialen Netzwerken eine ganze Menge Fans. Bei Facebook haben die Gruppen "Nettetal" (160 Mitglieder) und "Nettetal- kennt doch jeder!" (163) klar die Nase vorn. Und im StudiVZ kommen die einzelnen Stadtteile auch zusammen an die über 1000 Mitglieder der Gruppe Nettetal nicht heran.