Kreis Viersen Neue Notfallseelsorger gesucht
Unfall, Suizid, Herzinfarkt — um Angehörigen Halt zu geben, stehen rund um die Uhr ehrenamtliche Helfer bereit. Die Kirchen werben für die ganz besondere Ausbildung.
Kreis Viersen. Bettina Furchheim kann sich noch gut an ihren ersten Einsatz erinnern. Der Sohn einer älteren Frau war gestorben. Zusammen mit einem Kollegen kümmerte sie sich um die Seniorin, die andernfalls ganz allein mit ihrem Schock und ihrer Trauer gewesen wäre. „Man ist einfach da — und das ist die Hauptsache“, sagt Furchheim, die beim evangelischen Kirchenkreis Krefeld-Viersen für die Pressearbeit zuständig ist. Falsch machen könne man nichts, fügt die Ehrenamtlerin hinzu.
Martin Schumann, Theologe und Koordinator
Was einfach klingen mag, gehört sicherlich zu den herausforderndsten Tätigkeiten auf freiwilliger Basis: die Notfallseelsorge. Wann immer Menschen in Ausnahmesituationen geraten, etwa als Zeugen schlimmer Unfälle oder als Hinterbliebene eines unerwartet verstorbenen Familienglieds, werden die Helfer in Lila gerufen. Im Kreis Viersen erfolgt ihre Alarmierung in der Regel über die Leitstelle der Feuerwehr.
Die Organisation liegt in den Händen der beiden großen Kirchen. Koordinator auf katholischer Seite ist Andreas Bodenbenner, Gemeindereferent der GdG Kempen-Tönisvorst, sein evangelischer Kollege ist der in St. Tönis wohnende Theologe Martin Schumann, der auch die Krefelder Notfallseelsorge mitorganisiert. Vorsitzende des Kuratoriums ist Beate Dahlmann, Pfarrerin der LVR-Klinik Süchteln.
Neben den hauptamtlichen Kräften, darunter sämtliche evangelische Pfarrer, werden seit einigen Jahren auch Ehrenamtler ausgebildet. Derzeit suchen die 55 Helfer wieder Verstärkung. Im Kern geht es um 14 Tage Dienstbereitschaft im Jahr.
Die vorausgehende Ausbildung ist umfassend. Sie läuft ein dreiviertel Jahr und umfasst 160 Unterrichtsstunden. Auf dem Programm stehen Inhalte wie „Überbringung Todesnachricht“, „Notfallintervention“ und „Methoden der Gesprächsführung“. Es sei ein anspruchsvolles Ehrenamt, deswegen gebe es auch eine anspruchsvolle Ausbildung, betont Martin Schumann.
Auch der Umgang mit Suizid wird vermittelt. Andreas Bodenbenner erzählt von einem Fall, den er selbst erlebt hat: Eine Frau hatte Tabletten geschluckt und ihrer Familie einen Abschiedsbrief hinterlassen. Als der Seelsorger in die Wohnung kam, waren die Tochter, der Ehemann und die Schwester der Toten vor Ort. „Gemeinsam haben wir dann Abschied genommen“, sagt er. Auf Wunsch der Angehörigen sei auch ein Gebet gesprochen worden.
Die Notfallseelsorge im Kreis Viersen ist zwar christlich geprägt, doch zum Team gehört auch Ilhan Avci, der Dialogbeauftragte der muslimischen Gemeinde in Kempen.