Konzert in der Paterskirche Beeindruckende Klavierdarbietung von Lukas Sternath

Kempen · (oeh) Was erwartet das Publikum von einem jungen Pianisten, dem die gestrenge Jury beim ARD-Musikwettbewerb 2022 in München nicht nur den ersten Preis, sondern auch die sieben weiteren Preise verliehen hat?

Lukas Sternath beeindruckte bei seinem Auftritt in der Paterskirche in Kempen mit extrem reifem Spiel und enormem Ausdruck.

Foto: Norbert Prümen

Selbstverständlich, dass er sein Instrument hervorragend beherrscht, die erforderliche Virtuosität wie ein Kinderspiel erscheinen lässt und in jeder Phase stilsicher gestaltet. Doch Lukas Sternath begnügt sich damit nicht, bei ihm kommt noch Wesentliches hinzu. Es ist die für einen jungen Mann erstaunliche Reife, die sein Spiel so ganz besonders erscheinen lässt. Der Einfluss seines Lehrers Igor Levit, bei dem er derzeit in Hannover studiert, ist unverkennbar – doch umsetzen muss der Eleve solche Vorgaben alleine.

Sternath wirkt zwar frisch und jugendlich, aber beim Musizieren scheint er völlig in sich zu ruhen, macht keine Bewegung zuviel und meistert selbst vermeintlich kaum zu Bewältigendes ohne jede erkennbare Anstrengung. So werden bei diesem Konzert in der sehr gut, auch von jungem Publikum, besuchten Paterskirche vor allem die ruhigen Sätze zum Ereignis. Lukas Sternath begann mit einem kompositorisch einfach gehaltenen, dennoch tiefsinnigen Allegretto c-Moll, D915, mit dem Franz Schubert seinem „lieben Freund Walcher“ vor dessen Abreise nach Venedig ein freundlich-wehmütiges „Adieu“ schickte. Fast nahtlos war die Überleitung zu Schuberts c-Moll Sonate D958, die 1828, zwei Monate vor dem Tod des Komponisten entstand. Den harmonischen Reichtum und die formale Vielgestaltigkeit der vier Sätze leuchtete der Künstler plastisch aus – Faszinationspunkt war das liedhafte Adagio, in aller Ruhe und dennoch spannungsvoll ausmusiziert. Die sechs Stücke für Klavier op.118 von Johannes Brahms – vier Intermezzi, eine Ballade und eine Romanze – wusste der Pianist in all ihrer Gegensätzlichkeit den Hörern eindrücklich nahezubringen. Brillante Technik und stilsichere Interpretation waren die Garanten für eine fesselnde Wiedergabe. Fast wie einen Kulturschock dürften viele Besucher die darauf folgende Sonate Nr.7 B-Dur op.83 von Sergej Prokofjew (1891-1953) empfunden haben. Erschreckend die schroffe, agressive Sprache des Anfangs – nur wenig gemildert durch ein melancholisches Seitenthema. Nach einem romantisierenden Mittelsatz folgt ein von motorischen Exzessen bestimmter Schlusssatz in unspielbar erscheinenem Tempo. Den Gast aus Wien focht das alles nicht an – er bewältigte auch diese Anforderungen mit Ruhe und Ausgeglichenheit. Die unterstrich er nach nicht enden wollendem Applaus mit einer melodienreichen, sanften Zugabe, wiederum ohne jede Eile, was sich wohltuend auf das Auditorium übertrug.

(oeh)