Rätsel um Zeitpunkt der Geburt

Im Prozess um eine mutmaßliche Kindstötung in Grefrath ist offen, zu welchem Zeitpunkt des 12. Oktober der Junge geboren ist. Vater der Angeklagten war erneut im Zeugenstand.

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Grefrath/Krefeld. Ein weiteres Mal wurde im Prozess um die mutmaßliche Kindstötung in Grefrath am Donnerstag der Vater der Angeklagten vor dem Krefelder Landgericht vernommen. Es ging noch einmal um die Geschehnisse kurz vor oder nach der Geburt des Jungen am 12. Oktober 2017. Denn den genauen Zeitpunkt der Niederkunft des später verstorbenen Säuglings kann bis jetzt noch niemand genau festlegen. Die einzige Person, die das, wenn überhaupt, wissen müsste, ist die 24-jährige Angeklagte. Die gibt allerdings an, keine Erinnerung mehr an den Tag zu haben.

Vater der Angeklagten über den Tag der Geburt des Säuglings

Auch ihr Vater konnte eine genaue Geburtszeit nicht festlegen, obwohl er sich nach eigenen Angaben den ganzen Tag um seine Tochter gekümmert hat. Sie habe ihm gesagt, dass es ihr aufgrund von starken Unterleibsblutungen so schlecht ginge. „Ich habe alle 20 bis 30 Minuten mal nach ihr gesehen“, sagte der Mann am Donnerstag vor Gericht. Nur in der Mittagszeit habe er sich ab 14 Uhr rund 45 Minuten hingelegt. Er äußerte die Vermutung, dass die Geburt zu dieser Zeit stattgefunden habe. „Deswegen mache ich mir auch Vorwürfe“, so der Vater, der sich nach diesen Ereignissen einer mehrwöchigen Reha unterzogen habe.

Das Gericht äußerte allerdings auch die Vermutung, dass die Geburt bereits am Morgen im Badezimmer stattgefunden haben könnte.

Nachdem seine Tochter am Nachmittag immer schwächer geworden war, habe er schließlich den Notarzt gerufen, der sie ins Krankenhaus fuhr, so der Vater. Erst beim späteren Aufräumen habe er bemerkt, wie viel Blut seine Tochter tatsächlich unter der Bettdecke liegend verloren haben muss. „Hätte ich das vorher bemerkt, hätte ich den Rettungsdienst viel eher gerufen.“

Im Kempener Krankenhaus habe man zuerst eine Bauchhöhlenblutung in Verdacht gehabt, sagte einer der behandelnden Ärzte vor Gericht. Aber als die Mediziner noch einen Teil der Nabelschnur entdeckten, war klar, dass es sich um eine Geburt gehandelt haben muss. Die ging auch an der Angeklagten nicht spurlos vorbei. Sie habe in Lebensgefahr geschwebt und musste notoperiert werden, wie der Arzt vor Gericht erklärte.

Nachdem im Krankenhaus zwar die Geburt, aber kein Kind entdeckt wurde, informierte das Hospital die Polizei. Diese durchsuchte das Zuhause der Angeklagten und fand den Leichnam des Jungen.

Auch eine Freundin der Grefratherin sagte am Donnerstag im Zeugenstand aus. Sie war eine der wenigen, die immer vermutet hatte, dass die Angeklagte schwanger sei. Immer wieder hatte sie deswegen nachgefragt. Irgendwann habe die Angeklagte sogar eine Krankheit erfunden, die die Gewichtszunahme erklären sollte. Die Freundinnen hätten heute noch Briefkontakt.

Laut Anklage soll die 24-jährige Grefratherin im Anschluss an die Geburt ein T-Shirt um den Hals ihres Kindes gewickelt, es zusammengezogen und den Säugling unter ihrem Bett versteckt haben. Dort sei das Kind qualvoll erstickt. Die Angeklagte habe das laut Staatsanwaltschaft billigend in Kauf genommen. Daher ist sie wegen Totschlags angeklagt. Das Verfahren soll am 11. Juni fortgesetzt werden.