Schreiben in der Schule Viele Wege führen zum Lernziel
Kempen/Tönisvorst · Das Land führt in den Grundschulen einen verbindlichen Wortschatz ein und geht auf Abstand zur Methode „Schreiben nach Gehör“. Die WZ hat Reaktionen gesammelt.
Wenn aus Düsseldorf neue Vorgaben für die Schulen kommen, ist nicht immer gleich die Begeisterung groß. Nun kommt vom NRW-Schulministerium die Idee eines verbindlichen Wortschatzes mit künftig 533 Wörtern, die Kinder bis zum Ende der vierten Klasse richtig schreiben können sollen. Die umstrittene Schreiblernmethode „Schreiben nach Gehör“ soll nur noch in der ersten Klasse gelten.
Für viele Eltern ist das ein großes Thema. Wie die Rechtschreibvermittlung bei ihnen aussieht, müssen Schulleiter bei den Info-Abenden für die Eltern der i-Dötzchen immer wieder erklären. Vielen Eltern graust es bei der Vorstellung, die Rechtschreibfehler der Kleinen in den ersten Jahren unkommentiert ansehen zu müssen. Die WZ hat sich dazu in Kempen und Tönisvorst umgehört und festgestellt: So arbeiten viele Schulen heute nicht mehr. Vor Ort sind die Schulleiter angesichts der neuen Regeln gelassen.
Ein Grundwortschatz sei nichts Neues. Damit arbeite man schon länger, sagt Stefan Ungruhe, Schulleiter der katholischen Grundschule Wiesenstraße in Kempen. Damit soll die Strategie „Schreiben nach Gehör“ aber keinesfalls abgelöst werden. Durch das Hören könne man schließlich viele Schreibweisen erschließen. Wichtig sei aber, die Kinder in diesem Prozess früh zu verbessern und ihnen zu zeigen, wie es richtig gehe. „Damit erzielen wir auch immer sehr gute Ergebnisse“, so Stefan Ungruhe.
Ähnliches berichtet auch Silvia Specker-Mattißen, Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Corneliusstraße St. Tönis. Durch das Hören die Schreibweise der Wörter zu erlernen, sei eine Strategie von mehreren. „Diese allein führt nicht zum Ziel“, so Silvia Specker-Mattißen. Schon ab der ersten Klasse müssten die Kinder lernen, dass nur ein Teil der Wörter so geschrieben wird, wie es sich anhört. Andere Strategien lernen die Jungen und Mädchen dazu. Zum Beispiel das Phänomen der „Auslautverhärtung“. So erfahren die Kinder, dass sie Wörter verlängern müssen, um die Schreibweise herauszufinden. Hund könnte man nach Gehör noch mit „t“ am Ende schreiben wollen. Bei „Hunde“ wird das „d“ hörbar. Ähnliches hat man bei Berg – mit „g“ oder „k“ – oder auch Korb – „b“ oder „p“. Silben erkennen sowie Vokale und Konsonanten unterscheiden, kann auch Aufschluss über die richtige Schreibweise geben. Die Wortarten helfen dabei, Groß- und Kleinschreibung zu unterscheiden.
Rechtschreibung hat heute schon einen hohen Stellenwert in der Grundschule, sagt Silvia Specker-Mattißen. Aber die Entwicklung sei nach der vierten Klasse noch längst nicht abgeschlossen.
Nach den neuen Vorgaben müsse man eventuell überrpüfen, ob die Schulbücher auch die gewünschten Wörter des Grundwortschatzes enthalten.
Auch an der katholischen Grundschule in St. Tönis setzt man von Anfang an auf die richtige Rechtschreibung, sagt Schulleiterin Sabrina Broll. Viel ändern werde sich durch die neue Vorgabe nicht. Der neue Grundwortschatz enthalte bereits viele Wörter, die schon jetzt zum Stundenplan gehören.
Seit dem vergangenen Jahr arbeitet man auch in der Regenbogenschule in Kempen in allen Jahrgangsstufen mit Lernwörtern. Zuvor war das besonders in den Klassen drei und vier der Fall, sagt die kommissarische Schulleiterin Mareike Mevißen. In der ersten Klasse geht es mit Wörtern zu den Buchstaben der Wochen los, deren richtige Schreibweise geübt werden muss. „Wir bekommen von den Eltern positive Rückmeldungen zu den Lernwörtern“, sagt die Schulleiterin. In den Arbeitsheften müssen die Kinder die Worte auch richtig schreiben. Es gebe dazu Übungen des freien Schreibens. Aber auch bei diesen würde man die Kinder auf richtige Rechtschreibung hinweisen.
Im Grundwortschatz, den das Land ab dem nächsten Schuljahr vorgibt, werden systematisch Wortgruppen erfasst. Dazu zählen etwa 29 Wörter mit dem Konsonanten „ie“ (Dienstag, Spiegel, vielleicht), 33 Wörter mit „sch“ (Schaf, schenken, Schmetterling) sowie Wörter mit Umlautung (Ball/Bälle, Fahrrad/Fahrräder). Zudem sind 111 Merkwörter im Leitfaden aufgelistet, die keiner Regel folgen, sondern die einfach auswendig gelernt werden müssen, wie „bisschen“ oder „nämlich“.