Soll die Stadt Kempen die Burg übernehmen?

Am 6. Februar muss der Rat in einer Sondersitzung darüber entscheiden, ob Kempen die Burg vom Kreis Viersen übernehmen soll oder nicht. Ein Pro und Contra.

In der nächsten Woche wird in der Politik intensiv über die Zukunft der Kempener Burg diskutiert.

Foto: Friedhelm Reimann

<h2>Pro

Ja, weil die Stadt die historische Chance nutzen muss, aus der Burg etwas Sinnvolles für die Bürger zu machen.

Ulrike Gerards, redaktion.kempen@wz.de

Rathaus, Kitas, Schulen, Sportplätze, Wohngebiete — die dringenden Handlungsfelder der Stadt Kempen sind sehr wohl bekannt. Soll man sich da auch noch den Klotz Burg ans Bein hängen? Nach den vielen Gesprächen der vergangenen Wochen komme ich zu dem Ergebnis: Ja. Denn das Herz vieler Kempener hängt sehr an diesem Klotz. Und viele wollen, dass die Burg so bleibt wie sie ist — ohne irgendwelche Anbauten, die Türme für Besteigungen und Co. nutzbar und am besten noch mit einer öffentlichen Nutzung. Wie soll das alles mit einem privaten Interesse vereinbar sein — zum Beispiel von Menschen, die dort einmal wohnen könnten? Zum jetzigen Zeitpunkt ist öffentlich zu wenig bekannt darüber, wer dort in was investieren könnte, als dass die Stadt die Entscheidung Landrat Andreas Coenen in Viersen überlassen sollte. Allein auf den Einfluss durch Planungsrecht und Denkmalschutz zu setzen, reicht nicht. Da kann man im Zweifel etwas verhindern, aber nicht gestalten.

Es muss eine öffentliche Diskussion geben, was in der Burg entstehen kann. Diese Möglichkeit nimmt sich die Kempener Politik, wenn sie jetzt nicht zuschlägt. Hier besteht eine historische Chance, die Verantwortung für die Burg zu übernehmen und die Mauern nicht nur zu erhalten, sondern mit einer neuen Nutzung zu einem für die Stadt noch prägenderem Bauwerk zu machen. Das Schloss Neersen ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Ruine zu neuem Leben erweckt wurde und nun als Rathaus und Kulisse für die Schlossfestspiele eine wichtige Funktion für die Stadt Willich hat. Ob die Stadt Kempen am Ende selbst in die Sanierung investiert oder sich einen Partner sucht, ist eine Frage, die im zweiten Schritt beantwortet werden kann. Nun gilt es, erst einmal alle Möglichkeiten offen zu halten.

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Nein, weil es nicht die Aufgabe Kempens ist, das Projekt zu entwickeln. Die Burg gehört dem Kreis, er hat Verantwortung.

Von Tobias Klingen, tobias.klingen@wz.de

Verstehen Sie mich nicht falsch: Obwohl ich erst seit rund 13 Jahren in Kempen lebe und damit wohl nie den Status eines „echten Kempeners“ erreichen werde, liegt mir die schönste Stadt im Kreis Viersen und damit die Burg am Herzen. Noch mehr: Mein Sohn Moritz liebt die Burg. Regelmäßig will er dahin, um sich dort umzuschauen, wo seiner Meinung nach einst Ritter gelebt haben. Ein Traum für einen Dreieinhalbjährigen. Ebenso ein Traum ist es, das Denkmal mit Millionen Euro aus öffentlicher Hand zu einer „Bürgerburg“ zu machen. Das Ansinnen ist sicher wunderbar. Die Realisierung dieses Traums darf aber nicht die Aufgabe der Stadt Kempen sein. Erstens: Die Stadt muss ihr Geld an anderer Stelle ausgeben. Da spielt es auch keine Rolle, ob es Zuschüsse von Land oder Bund für eine Burgsanierung gibt oder nicht. Steuergeld bleibt Steuergeld.

Zweitens: Der Kreis Viersen ist Eigentümer der Burg. Und als solcher trägt er die Hauptverantwortung für die Zukunft des Denkmals. Deshalb wäre es aus Sicht der Stadt Kempen fahrlässig, Landrat Andreas Coenen jetzt aus seiner Verantwortung für die Burg zu entlassen. Vielmehr müssen Stadt und Kreis nun einen gemeinsamen Weg finden, auf dem beide zu gleichen Teilen Verantwortung tragen. Kleinbürgerliche Animositäten vergangener Jahrzehnte, die in der Archiv-Debatte wieder aufgekommen waren, gehören zu den Akten gelegt. Bürgermeister und Landrat sollten ein Konzept aufstellen, an dem sich ein Privatinvestor orientieren muss. Dass dies in Kempen funktionieren kann, hat das Projekt Klosterhof auf dem Grundstück des früheren Kreishauses gezeigt. Freiwillig hat die Firma Schmitz eine öffentliche Tiefgarage und die jetzige Anzahl an Ladenlokalen nämlich nicht gebaut.