Starker CDU-Chef hat neue Stellvertreter
Beim Kreisparteitag in Oedt stellten die Christdemokraten die personellen Weichen für die nächsten Jahre.
Oedt/Kreis Viersen. Die CDU im Kreis Viersen ist eine besondere CDU. Während Christdemokraten im ganzen Land mit dem Koalitionsvertrag und der Ressortverteilung im Bund hadern und zum Teil wohl auch das Ende der Ära Merkel herbeisehnen, blieb der Parteitag der Kreis-CDU am viel zitierten schwarzen Niederrhein arm an harscher Kritik. Beim Tagesordnungspunkt Aussprache meldete sich in der Oedter Albert-Mooren-Halle nur der frühere MIT-Vorsitzende aus St. Tönis, Günter Stammes, aus den Reihen der rund 290 anwesenden Mitglieder. „Die SPD bestimmt die Inhalte. Der Wahlverlierer hat gesiegt“, sagte Stammes mit Blick auf die neue Regierung.
Vorsitzender Marcus Optendrenk entgegnete, dass im Koalitionsvertrag sehr wohl christdemokratische Inhalte „deutlich erkennbar“ seien. Das werde man in den kommenden Jahren — in der politischen Arbeit — noch deutlicher erkennen. Sehr energisch konterte später der Bundestagsabgeordnete Uwe Schummer die Kritik am Koalitionspapier. „Regierungen sind keine Therapiegruppen“, sagte Schummer lautstark während seiner Vorstellung als Kandidat für den stellvertretenden Vorsitz. Es müsse jetzt regiert werden — und zwar schnell.
Schnell verlief auch die Wiederwahl von Marcus Optendrenk zum Vorsitzenden. Nach 252 Ja-Stimmen (22 Nein, drei Enthaltungen) freute sich der Landtagsabgeordnete über starke 91 Prozent.
Spannung herrschte im Vorfeld der Wahl der vier Stellvertreter Optendrenks. Wie exklusiv von der WZ berichtet, hatte die stellvertretende Landrätin, Luise Fruhen, einige Tage vor dem Parteitag ihre erneute Kandidatur zurückgezogen. Damit wollte sie eine Kampfkandidatur verhindern, weil sich überraschend die 33-jährige Viersenerin Henriette Gehse hatte aufstellen lassen. „Jetzt ist es Zeit, Platz für Jüngere zu machen“, hatte Fruhen, die 17 Jahre stellvertretende Vorsitzende war, der WZ gesagt. Für ihre langjährige Arbeit erhielt sie am Samstag auf dem Parteitag stehende Ovationen, die sie zu Tränen rührten.
Eine Kampfkandidatur konnte Fruhen mit ihrem Verzicht aber nicht verhindern. Denn kurz vor dem Parteitag warf noch Anne Daniels ihren Hut ins Rennen. Die Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels (CDA) aus Süchteln stand neben Gehse, Stefan Berger (MdL/Schwalmtal), Uwe Schummer (MdB/Willich) und dem neuen Kreistags-Fraktionschef Peter Fischer aus Kempen zur Wahl. Er war bislang Beisitzer im Vorstand.
Beim Rennen der Fünf um vier Plätze zog Henriette Gehse den Kürzeren. Sie holte nur 118 Stimmen (41,8 Prozent). Peter Fischer kam auf 158 (56 Prozent), Anne Daniels auf 169 Stimmen (59,9 Prozent). Deutlich vorne lagen Berger mit 219 (77,6 Prozent) und Schummer mit 213 Stimmen (75,5 Prozent).
Gehses Niederlage wiederum hatte Auswirkungen auf die Beisitzerwahlen. Die Lehrerin kandidierte kurzerhand für einen der acht Beisitzer-Posten — und wurde zur neunten Kandidatin in der Runde. Am Ende stach Gehse ganz knapp Sonja Fucken-Kurzawa aus. Die Vorsitzende der Kreis-Frauen-Union aus Willich kam auf 107 Stimmen, Henriette Gehse auf 110. Damit ist die Willicher CDU als zweitgrößter Stadtverband im Kreis nur noch mit Uwe Schummer im Vorstand vertreten. Die weiteren Besitzer: Angelika Feller (Tönisvorst/153 Stimmen), Christian Lange (Nettetal/148), Martin Plum (Viersen und Junge Union/138), Claudia Wendt (Niederkrüchten und Agrarausschuss/125), Heike Höltken (Kempen/121), Reinhard Maly (Tönisvorst und Senioren Union/120) und Dietmar Maus (Grefrath/118).
Eine reibungslose Staffelübergabe gab es beim Posten des Schatzmeisters. Nach 27 Jahren — das ist die längste Amtszeit eines CDU-Schatzmeisters in NRW — trat der Dülkener Augenarzt Volker Müller nicht mehr an. Traditionell humoristisch trug er seinen letzten Bericht vor — und erhielt im Nachgang stehende Ovationen. Müllers Nachfolger ist Michael Aach, der mit 246 Ja-Stimmen (94,2 Prozent) gewählt wurde. Aach, ebenfalls aus Dülken, war bis zu seinem beruflichen Wechsel in die Geschäftsführung der Baugesellschaft GWG Chef der Kreistagsfraktion und stellvertretender Vorsitzender der Partei.
Im Mittelpunkt des Parteitags stand neben den Wahlen ein „Stargast“ aus Düsseldorf: NRW-Innenminister Herbert Reul. Zu zünftiger Marschmusik, über die er sich augenscheinlich selbst wunderte, zog der Minister in den Saal in Oedt ein. Dann sprach er über die vielen Probleme, die er nun mit Blick auf die Polizeiarbeit und die Innere Sicherheit zu lösen habe.
Wie man es von Reul gewohnt ist, wählte er dabei deutliche Worte: „Die Polizistinnen und Polizisten in diesem Land brauchen Anerkennung. Stattdessen gibt es die Zahl von 8000 tätlichen Angriffen auf Polizisten im vergangenen Jahr. Menschen, die sich für uns alle den Arsch aufreißen, werden auch noch angegangen. Das kann und will ich einfach nicht verstehen.“
Das Innenministerium habe im Bereich der Polizei bereits Stellen aufgestockt. Reul geht davon aus, dass das Wahlversprechen von 1500 neuen Beamten in fünf Jahren eingehalten wird. Er gehöre nämlich zu den „Worthaltern“. 1500 sei aber noch zu wenig. Zudem müsse in die technische Ausstattung der Polizei investiert werden. Reul: „Wir müssen uns entscheiden, ob wir eine moderne Polizei des 21. Jahrhunderts haben wollen oder eine aus der Steinzeit. Ich will eine moderne Polizei.“
Vorsitzender Marcus Optendrenk sprach in seinem Bericht über 2017 von einem Jahr mit Höhen und Tiefen. „Es gab hart erarbeitete Siege, die wir feiern durften, aber auch manche Enttäuschungen“, so der Nettetaler. Zu den Höhen gehörten die Siege von Optendrenk und Berger, aber auch von Britta Oellers (Krefeld/Tönisvorst) bei der Landtagswahl — und auch der direkte Sieg von Uwe Schummer im Bund. Zu den Tiefen zählte Optendrenk die „Hängepartie“ im Bund, die nun durch die schwarz-rote Koalition endlich beendet werde. „Der gute Start in Düsseldorf wurde von einer Berliner Lähmung überlagert“, so Optendrenk.
Die Verjüngung im Bundeskabinett lobte der Kreis-Parteichef. Ebenso blickte er frohen Mutes auf die bevorstehende Veränderung der Partei unter der neuen Generalsekretärin Anngret Kramp-Karrenbauer. Die CDU müsse ihr „verschwindendes Profil“ schärfen. „Wofür stehen wir eigentlich?“ Diese Frage müsse die CDU in erster Linie beantworten. Der Kreisverband Viersen werde an diesem Erneuerungsprozess mit großem Engagement mitwirken.