Kempen Tönisberg: Ein Zechenvorbild in Hückelhoven?
Bei der Suche für eine neue Nutzung des Tönisberger Zechengeländes gibt es bislang keinen Fortschritt. Dabei könnte sich ein Blick in den Kreis Heinsberg lohnen.
Tönisberg. Die zukünftige Nutzung des Tönisberger Zechengeländes ist weiter unklar. Konkrete Konzepte gibt es noch nicht. Bei der Erarbeitung durch die Stadt Kempen, den Förderverein der Zeche und die Ruhrkohle AG (RAG) gibt es keinen sonderlichen Fortschritt. Um nachzuvollziehen, wie eine erfolgreiche Neugestaltung aussehen kann, lohnt der Blick in den Kreis Heinsberg.
Der Fall der 1997 stillgelegten Zeche Sophia-Jacoba in Hückelhoven zeigt, wie sich ein Bergwerksgelände erfolgreich entwickeln kann. Die RAG wollte nach der Schließung alle Gebäude samt Förderturm abreißen — genauso wie es in Tönisberg geplant war. Die Kumpel konnten Sophia-Jacoba in Teilen retten und betreiben heute ein beliebtes Besucherbergwerk. Der Stadtverwaltung in Hückelhoven ist es gelungen, auf umliegenden Flächen neues Gewerbe anzusiedeln. Die Entwicklung kann Vorbildcharakter für Tönisberg haben.
In einem Spitzengespräch im Dezember im Kempener Rathaus haben unter anderem die Stadt, der Förderverein zum Erhalt der Zeche, der Nabu, die RAG und das NRW-Bauministerium Abrisspläne zumindest vorerst verworfen. Im Dialog soll ein Nutzungskonzept für die Industriebrache mit ihrem markanten Förderturm erarbeitet werden.
Das laufe allerdings nicht wie geplant, sagt Peter Kunz, Vorsitzender des Fördervereins: „Die RAG ermöglicht uns keinen Zugang zum Zechengelände.“ Einen festen Ansprechpartner stelle der Konzern auch nicht zur Verfügung. Unter diesen Umständen könne der Förderverein seine Vorstellungen zur Nutzung nicht konkretisieren, so Kunz. Ideen haben er und seine Mitstreiter. Ein Museum soll eingerichtet werden, der Nabu möchte ein Naturschutzzentrum beisteuern, ein Raum für Veranstaltungen kommt zusätzlich in Betracht.
Diese Ideen sind laut Kunz bereits der NRW-Stiftung vorgestellt worden. Für eine Umsetzung habe sie eine Förderung in Aussicht gestellt. „Wichtig ist auch, dass auf dem Gelände neues Kleingewerbe angesiedelt werden darf“, sagt Kunz. In dieser Frage vermeldet die Stadt Kempen seit längerer Zeit denselben Sachstand. „Der Landesentwicklungsplan sieht dort kein Gewerbe vor“, sagt Stephan Kahl, technischer Beigeordneter der Stadt. Allerdings laufe die Prüfung möglicher Ausnahmen. Diese auszuloten, hatte die Politik von der Kempener Stadtverwaltung gefordert.
Ideen für die Zukunft gibt es also. Und erfolgversprechend sind sie auch. Zumindest, wenn man den Ausführungen von Detlef Stab folgt. 42 Jahre arbeitete er auf Sophia-Jacoba in Hückelhoven. Nach der Schließung kämpfte er mit zahlreichen Kumpeln gegen den kompletten Abriss. Mit Unterschriftensammlungen konnten Schacht 3, einige Gebäude und der Förderturm erhalten werden. Im Vorstand des Hückelhovener Zechen-Fördervereins hat Stab den erfolgreichen Neustart mitgestaltet und sagt, worauf es ankommt.
Unabdingbar sei langfristiges ehrenamtliches Engagement. Die ehemaligen Bergleute haben ein Besucherbergwerk mit Museum eingerichtet. „Über Tage haben wir einen Stollen für die Gäste nachgebaut“, sagt Stab. Jährlich kommen 2500 Menschen. Um Betrieb und Reparaturen zu finanzieren, organisiert der Förderverein regelmäßig Trödelmärkte.
Unterstützung durch eine Stiftung, wie sie die Tönisberger anstreben, gibt es in Hückelhoven. Die Stiftung „Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“ konnte für das Projekt gewonnen werden. „Wenn etwas zukunftsfähig ist, sind die dabei“, sagt Stab. Aktuell sei die Hilfe der Stiftung wichtiger denn je. „Schacht 3, die Gebäude und der Förderturm müssen restauriert werden. Das wird mehrere Millionen kosten“, sagt Stab. Die gemeinsame Stiftung des Landes und der RAG werde Geld zur Verfügung stellen.
Wichtig bei der Neugestaltung in Hückelhoven sei auch das gemeinsame Vorgehen mit der Stadt gewesen. Sie unterstützte die Bergleute in ihrem Anliegen, die Zeche in Teilen zu erhalten. Zudem hat sich die Stadt um die Ansiedlung neuen Gewerbes zur Wiederbelebung des Areals bemüht. Hückelhoven profitiere von seinem Industriedenkmal, sagt Stab. Besonders der Förderturm sei Wahrzeichen und Anziehungspunkt. Auf Grund des Erfolgs gehe die Entwicklung auch knapp 20 Jahre nach dem Ende des Bergbaus weiter, so Stab: „Das Neueste, was geplant ist, ist eine Arena mit 3000 Plätzen hinter Schacht 3.“ Sicherlich eine Nummer zu groß für Tönisberg. Aber den meisten Beteiligten reicht es wohl auch, den Hückelhovener Weg im Kleinen zu gehen.