Vom süßen Heinrich und Bohnermaschinen

Herbert Persson war Hausmeister im Franziskanerkloster und im Kreishaus. Sein Sohn erzählt.

Kempen. Der Blick aus dem Fenster weckt in Dieter Persson viele Erinnerungen. Hier, im zweiten Stock des Franziskanerklosters, verbrachte der heute 63-Jährige seine halbe Kindheit.

Sein Vater Herbert Persson, vielen Kempenern als „Laternen-Pitt“ bekannt, war Hausmeister im ehemaligen Kreishaus und hatte seine Dienstwohnung dort, wo heute die Stadtbibliotheks-Mitarbeiter Sandy Krötzsch und Klaus Edelhagen am Schreibtisch arbeiten.

„Die Küche war früher kleiner“, sagt Persson und öffnet eine weitere verschlossene Tür: „Ach ja, da ging’s die Treppe runter.“ Heute führen diese Stufen in den ersten Stock zur jetzigen Hausmeister-Wohnung.

Von sich selbst sagt Dieter Persson, er sei ja „nur der Sohn“ gewesen. Sein Vater, ein gebürtiger Flensburger, kam in den Kriegswirren nach Kempen. Er lernte Käthe Kampendonk kennen und heiratete sie 1943 in der Prop- steikirche.

Bekanntheit erlangte der Zugezogene als Laternenwächter. Außerdem arbeitete er als Straßenarbeiter und am Hochofen des alten Gaswerks am Bahnhof, bevor er 1958 Hausmeister im Dienste der Stadt wurde. „Er war zuständig fürs Franziskanerkloster, für die Burg sowie für die Außenstellen“, erzählt Dieter Persson.

Etwa 1960 entstand das Kreishaus und die Perssons zogen in die Wohnung ins Kloster gegenüber. „Ich hatte einen guten Blick direkt in den Sitzungssaal“, erinnert sich der Hausmeistersohn. „Die Sitzungen gingen manchmal bis spät in den Abend. Mein Vater — grauer Kittel, Hut — sorgte im Kreishaus für die Ordnung im Gebäude. Seine Werkstatt lag dort im Keller, repariert haben wir damals viel selber. Zum Beispiel die Bohnermaschinen.“

Nach außen hin war alles „sehr vornehm gestaltet“, wie Persson betont. So erinnert er sich an den automatisch verdunkelbaren, mit schwerem Holz zeitgemäß gestalteten Sitzungssaal, an passende Platzdecken, schwere schwarze Aschenbecher und — für den Kaffee unentbehrlich — den „süßen Heinrich“, also die Zuckerstreuer.

Manchmal durfte Dieter Persson seinem Vater bei der Arbeit helfen, er vertrat ihn schon mal abends, wenn seine Eltern in Gesellschaft waren. „Das war ganz schön gruselig, so alleine im großen Gebäude“, sagt er. Da knackte es, da gluckste die Heizung, da drückte der Wind hörbar gegen die Fensterscheiben.

Aber auch tolle Erlebnisse hatte er dort: „Oftmals habe ich an Wochenenden die Platten der Beatles oder die Rolling Stones laut aufgedreht. Gestört hat das ja niemanden“, erzählt Persson mit dem Grinsen eines kleinen Schuljungen im Gesicht.

Den nahenden Abriss des ehemaligen Kreishauses sieht Dieter Persson locker: „Kempen verändert sich, die Zeit ist da. Und eigentlich hätte man das so nicht bauen dürfen — es war ein Zweckbau, wenn auch mit Persönlichkeit.“ Persson ist sich sicher, dass der geplante Klosterhof-Bau die Stadt aufwertet: „Das ist eben nur eine Frage des Preises. Und der spricht für hohe Qualität.“