Wangerooge, Wittenberg und Wüste

Die WZ hat ihre Leserinnen und Leser nach den schönsten Urlaubserinnerungen gefragt. Genannt wurden ganz unterschiedliche Ziele und Erlebnisse rund um den Globus.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Mit einem weißen Helm kommt Gisela Herterich auf den Buttermarkt geradelt. Den Kopfschutz zieren mehrere Aufkleber. Einer stammt von der Insel Formentera. „Da habe ich vor einigen Jahren mal einen Gitarren-Workshop besucht“, erzählt die Trägerin, die schon die halbe Welt bereist hat. Ob Shanghai oder Hongkong, Santiago de Chile, Rio oder Buenos Aires, USA oder Thailand — Gisela Herterich kennt viele Länder und Metropolen. Ihr Dauer-Favorit seit 40 Jahren aber ist Korsika. Deswegen hat sie auch den berühmten „Korsenkopf“ gleich mehrfach als Sticker auf dem Helm. Sie schwärmt von der Landschaft („Berge und Meer“) und den Leuten. Diese seien zwar zunächst sehr zurückhalten, würden sich aber schnell öffnen, wenn man auf sie zugehe. „Ich mache es über die Musik und singe das einzige korsische Lied, das ich kenne.“ Solche Begegnungen machten eine Reise aus, findet sie.

Im Rahmen ihrer „Redaktion vor Ort“ war die WZ am Freitag am Wochenmarkt, um die Passanten nach ihren schönsten Urlaubsgeschichten und -erinnerungen zu fragen.

Foto: Lindner

Im Vorfeld waren bereits Geschichten per Mail in der Redaktion eingegangen. So auch von Lothar Lindner, der im Oktober 2000 die Takla-Makan, „die berüchtigte Sandwüste in der autonomem Provinz Xinjiang im äußersten Westen Chinas“ besucht hat. „Auf den Spuren berühmter Asienforscher der Jahrhundertwende sollte die Wüste von der südlichen Route der alten Seidenstraße zur nördlichen Route durchquert werden“, schreibt der Kempener.

Foto: Irmgard Borgmann

In der alten Uiguren-Oase Kashgar startet sein „Abenteuer Takla-Makan“. Mit gecharterten Geländefahrzeugen ging es zunächst bis zur Oase Keriya, dann auf Sandpisten 200 Kilometer in die Wüste bis zur letzten Siedlung Daheyen. „Die Uiguren mit den Kamelen und der gesamten Ausrüstung für die Expedition durch die Wüste sollen hier bereit stehen. Nach einer weiteren Zelt-übernachtung startet die Gruppe am nächsten Morgen mit der Kamelkarawane. Nun heißt es, in sieben Tagen den Khotan-Fluss zu erreichen“ - rund 140 Kilometer Fußmarsch vom Startpunkt in Daheyen entfernt.

Aber: Am Morgen fällt den Reisenden ein „eigenartiges Licht“ auf: Das Wetter hat sich geändert. „Schon in der Nacht war Wind aufgekommen und hat den Sand aufgewirbelt. Dennoch will man losziehen. Die Karawane sollte dann später den Spuren folgen und die Gruppe am Nachmittag wieder einholen“, berichtet Lothar Lindner. Und dann sei etwas geschehen, womit keiner gerechnet habe. Das Vorhaben drohte zu scheitern. Denn der Wind verwehte alle Spuren.

„Die Karawane hat uns verpasst, hat unseren Spuren nicht mehr folgen können. Die Wanderfreunde werden langsam nervös. Mit Hilfe von Navigationgeräten wird nun der Versuch gestartet, den letzten Lagerplatz wiederzufinden, in der Hoffnung, dass einer der uigurischen Führer ebenfalls dort auftaucht.“ Der alte Lageplatz wurde im „Dünengewirr“ tatsächlich gefunden. „Und dann plötzlich ist er da: Süleyman, einer der Uiguren, erscheint am alten Lagerplatz. Ohne Kompass und Navigationsgerät, allein mit dem Instinkt eines Wüstenbewohners. Noch vier Stunden sind es bis zum Lagerplatz der Karawane Es ist bereits Nacht, als wir dort eintreffen. Doch das Abenteuer Takla-Makan kann weitergehen.“

Deutlich weniger abenteuerlich, aber ebenfalls wunderschön verlief der Urlaub von Thekla und Karl-Heinz Dammann. Die Grefrather haben sich erst kürzlich „auf Luthers Spuren“ begeben. Zum Reformationsjubiläum besuchten sie Wittenberg, Erfurt, Eisenach und Eisleben. Sie hatte die Reise mit dem Pkw selbst organisiert. Besonders schwärmen sie vom Panoramakunstwerk „Luther 1517“ von Yadegar Asisi in Wittenberg.

Ebenfalls in Deutschland liegt das bevorzugte Reiseziel von Dagmar Wolf und ihrer Familie. „18 Jahre lang sind wir mit den Kindern nach Wangerooge gefahren“, erzählt sie. Gerade für junge Familien sei diese Insel „einfach wunderbar“. Im vergangenen Jahr war sie mit ihrem Mann über Ostern vor Ort. „Und wir hatten tolles Wetter.“

Sehr poetisch ist, was Irmgard Borgmann über Italien schreibt. „Als ich aus dem Gewölbegang des Hotels Gardesana in Torri del Benaco auf die Piazza am Hafen laufe, hat der Vormittag den Platz mit Sonne übergossen und ihn in seidige Farben getaucht.“ Als sie sich auf einen der vielen Bänke am Gardasee setzt, fragt sie sich, „ob es ein größeres Glück für mich gibt. Der leichte Wind lässt die Blätter der Ahornbäume rascheln, und aus der kleinen noch ruhigen Gasse am Hafen dringt der Duft von Mandeltorte und frischen Backwaren in meine Nase. Ich laufe an der Promenade entlang und die Wellen brechen an den Steinen.“

Sie schreibt von knatternden Vespas, freundlichen grüßenden Fischern und einem Espresso an der Bar, serviert von Francesco. „Wenn ich über Italien schreibe, sitze ich nicht mehr an meinem Schreibtisch, ich bin in dieser Geschichte, rieche, höre und sehe, und es macht glücklich. Sehnsucht nennt man das, Glücksmomente die ich brauche an trüben verregnerischen Tagen hier in Deutschland.“