Kempen Wohnhäuser statt Containerdorf
Nach mehreren Anfragen ging die Stadt Kempen am Donnerstagabend mit den neuen Plänen für den Schmeddersweg an die Öffentlichkeit. Zunächst sollen zwei Häuser in Holzrahmenbauweise für 96 Flüchtlinge entstehen.
Kempen. Seit Wochen gibt die Stadtverwaltung trotz mehrerer Medienanfragen keine Informationen zur Kehrtwende in der Flüchtlingsfrage heraus. Nun geht sie doch mit Fakten zur geplanten Unterkunft am Schmeddersweg an die Öffentlichkeit. Auf Anfrage sagte Bürgermeister Volker Rübo, dass zwischen Reithalle und Sporthotel nun zwei Mehrfamilienhäuser mit Platz für insgesamt 96 Bewohner entstehen sollen. Die Pläne sehen eine zweigeschossige Holzrahmenbauweise vor.
Ursprünglich wollte die Stadt Kempen am Schmeddersweg ein Containerdorf für die von der Bezirksregierung angekündigten Flüchtlinge bauen. In Kooperation mit dem Unternehmen Mega-Village, das ein entsprechendes Dorf in Willich errichtet hat. Vor den Sommerferien gab es im Rat einen Beschluss dazu. Es folgte eine Bürgerversammlung. Und es hieß, dass es bereits einen unterschriftsreifen Vertrag mit Mega Village gebe. In den Ferien folgte dann die Kehrtwende — aus baulichen Gründen, wie es aus Kreisen der Politik hieß (die WZ berichtete exklusiv).
„Wir haben uns nun für eine langfristige Lösung entschieden“, begründet Rübo die Planänderung. Das Containerdorf sei eine Lösung für rund fünf Jahre gewesen. Nun sollen Häuser in einer Holzrahmenbauweise entstehen. Diese würden auch mit einem Dämmputz versehen. „Die Wohnungen können langfristig genutzt werden — möglicherweise jahrzehntelang“, so Rübo. Das Projekt stehe generell unter dem Aspekt „sozialer Wohnungsbau“. Es müsse also keine reine Flüchtlingsunterkunft bleiben. Die Maßnahme stehe auch in dem Zusammenhang, dass die Flüchtlinge, die kommen werden, eine sogenannte Bleibeperspektive haben.
Ferner sei der bauliche Aufwand für das Containerdorf zu groß gewesen. „Mit Blick auf die Erschließung ist dann die Idee gereift, in die Holzrahmenbauweise einzusteigen“, so der Bürgermeister. Sollte sich das Projekt bewähren, bestehe auf dem Gelände die Möglichkeit, zwei weitere Mehrfamilienhäuser für jeweils 48 Menschen zu bauen. Das hänge aber auch von der Bedarfsentwicklung im Bereich Flüchtlinge und sozialer Wohnungsbau ab.
Für die nun geplanten zwei Häuser will die Stadt rund 2,2 Millionen Euro investieren. Daher steht das Thema am kommenden Mittwoch auf der Tagesordnung einer Sondersitzung des Rates. Für bauliche Tätigkeiten der Stadt im Flüchtlingsbereich stehen nach Angaben von Rübo 1,5 Millionen Euro im Haushalt 2016. „Daher handelt es sich um eine überplanmäßige Ausgabe um 700 000 Euro, die der Rat genehmigen muss“, sagt Volker Rübo.
Bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz am Donnerstagabend erläuterten Rübo und Sozialdezernent Michael Klee einen weiteren Grund für die Kehrtwende. „Nach einer erneuten Rücksprache mit der Bezirksregierung in Arnsberg ist der Zeitdruck ein wenig zurückgegangen“, so Rübo. Ursprünglich war der Stadt avisiert worden, dass man bis Jahresende insgesamt rund 500 weitere Flüchtlinge aufnehmen müsse — 300 davon bis Ende September. Laut Rübo hat sich nun herausgestellt, dass die Stadt ihre Aufnahmequote durch die 220 Menschen, die in Ferien nach Kempen gekommen sind, bereits zu 79 Prozent erfüllt hat. Zu den vom Land geforderten 90 Prozent fehlten nun nur noch rund 120 Menschen.
Auf den Punkt: Statt der erwarteten 500 kommen vorerst nur 340 Flüchtlinge bis Ende des Jahres nach Kempen. „Und sie kommen auch deutlich später als bislang angekündigt“, ergänzt Michael Klee.
Auch aus diesem Grund habe man das Thema in der Verwaltung noch einmal neu aufgerollt. Mit dem Ergebnis, dass nun die Holzrahmen-Häuser entstehen, deren Art sich die Stadtspitze in Siegen angeschaut habe.
Sollte der Rat am Mittwoch grünes Licht geben, will die Stadt gleich danach den Auftrag an eine Fachfirma vergeben. „Unser Ziel ist, dass Ende des Jahres eines der Häuser bezugsfertig ist“, so Klee. Einen grundsätzlich neuen Beschluss zum Vorhaben oder gar eine Änderung des Bebauungsplanes ist nach Angaben der Verwaltungsspitze nicht nötig. „Die Vorlage für den Beschluss am 28. Juni war offen gewählt. Erst jetzt gibt es konkrete Angaben zu der Maßnahme. Und die stehen auch in der Vorlage für nächsten Mittwoch“, so der Bürgermeister.