Alle Macht den Möhnen!

Trotz Regens hatte Bürgermeister Christian Wagner keine Chance: Am Donnerstagnachmittag stürmten die Narren das Rathaus.

Foto: Frank Hohnen

Nettetal. Seit Donnerstagnachmittag regieren Narren die Stadt Nettetal. Was daran neu ist, wollen Sie wissen? - Nun, die Rede ist vom Stadtprinzenpaar Wolfgang I. und Anne I. (Koch) aus Lobberich samt Narrenschar. Bereits die Vorverhandlungen zum Machtwechsel in der Rathauskantine am frühen Nachmittag verliefen nicht wirklich optimal für Bürgermeister Christian Wagner. Dann, nach der symbolischen Übergabe des Stadtschlüssels, zwangen knapp 100 „alte Weiber“ den CDU-Politiker schließlich zur Aufgabe aller weltlichen Macht bis Aschermittwoch.

Foto: Hohnen,Frank (hoh)

Dieser Erfolg sei den Jecken gleich doppelt gegönnt, denn die äußeren Rahmenbedingungen beim Auftakt des Straßenkarnevals waren nicht wirklich würdig. Starker Wind und teilweise heftiger Regen hielten zahlreiche Zuschauer davon ab, sich mehr als das Spektakel der Weiberschar-Ankunft gegen 16.11 Uhr anzusehen.

Rathaussturm in Nettetal
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Rathaussturm in Nettetal

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„Echte Narren gehen auch bei diesem Wetter aus“, sagt Sabrina Vierling aus Lobberich mit dem Regenschirm in der Hand. Auch ihre Tochter Finja (3) trotzt im Prinzessinnenkleid dem Wetter — wirklich angenehm war dies aber augenscheinlich nicht.

Zeitgleich waren Prinzenpaar und Bürgermeister zu ersten Gesprächen in der zum Festsaal umgestalteten Rathaus-Kantine zusammengekommen. „Wir sind für Nettetal da“, machte Prinz Wolfgang I. klar, was Christian Wagner zuerst sprachlos machte. Kurz vor dem Kommunalwahlkampf gingen ihm die Argumente aus. Anscheinend erkannte er, dass seine Amtszeit (vorübergehend) vorbei ist. „Das wird meine letzte Rede sein“, wandte er sich deshalb ans Narrenvolk.

200 Narren durften im Rathaus bei Getränken und Musik mitfeiern, der Rest hatte unter einem der Zelte auf dem Rathaus-Vorplatz Schutz gesucht. Wie bereits im Vorjahr gab es dort ebenfalls Musik, Getränke — und die Möglichkeit zu rauchen. Diesmal waren die Zelte mit Holzböden, Seitenwänden und Heizgebläsen ausgestattet, um allen Narren die Zeit so angenehm als möglich zu machen.

Erst kurz nach 16 Uhr füllte sich der restliche Vorplatz mit Menschen — von oben sah man aber nur Schirme. Nach der offiziellen Schlüsselübergabe grüßte das Prinzenpaar sein Volk aus dem Feuerwehrkorb in luftiger Höhe und warf Kamelle. Anschließend griff Prinz Wolf- gang I. zum Mikrofon und bewies, dass er eine sehr kräftige Stimme hat. „Das Wetter ist uns sch . . .egal, denn heute, da ist Karneval“, reimte er lautstark und weithin hörbar.

Als sich kurz darauf der Hinsbecker Musikverein Cäcilia akustisch ankündigte, wussten alle Bescheid: Die Möhnen kommen! Drei von ihnen enterten den Feuerwehr-Drehleiterkorb, der Rest rückte bis zur Eingangstür vor. Es dauerte nicht lange, da hatten die zwei Sicherheitsleute keine Chance mehr.

„Das Gefühl, endlich an der Macht zu sein, ist sensationell!“, freut sich eine von fünf Nettetaler Freundinnen. Seit 9 Uhr morgens sind sie unterwegs, erzählt die maskierte Unbekannte. Zwei ältere „Weiber“ blicken gar auf „zwei mal elf Jahre als Möhnen“ zurück — weiter so, Mädels! Seit Donnerstagnachmittag regieren Narren die Stadt Nettetal — gut gelaunt und wetterfest.