Hotels und Ferienwohnungen in Nettetal Betriebe rebellieren gegen Übernachtungssteuer
Nettetal · Die Industrie-und Handelskammer als Unternehmer-Lobby tut es immer, wenn Gewerbesteuer-Erhöhungen geplant sind: protestieren. Doch auch gegen einen anderen Plan der Stadt regt sich Widerstand.
Im Prinzip haben sich Stadtverwaltung und Stadtrat schon entschieden: In Nettetal soll eine Übernachtungssteuer eingeführt werden. Wie die konkret aussehen soll, darüber soll die Politik nun am Donnerstag, 10. Oktober, entscheiden. Dem Nettetaler Beherbergungs-Gewerbe wäre es lieber, der dann tagende Haupt- und Finanzausschuss würde den Steuer-Plan komplett beerdigen. „Nicht nur werden wir bei so eingreifenden Entscheidungen im Vorfeld übergangen, sondern auch massiv in unserm Tun behindert und am Ende (finanziell) abgestraft. Und das durch eine Maßnahme, deren Berechnungsgrundlage fragwürdig ist und die, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dem ,zarten Pflänzchen Tourismus’ in Nettetal mehr schaden als nutzen wird“, heißt es in einem Schreiben an Bürgermeister Christian Küsters. Darunter stehen die Namen von rund 40 Hotels und Ferienwohnungen in Nettetal.
Die Politiker sollen, so der Vorschlag der Stadtverwaltung, am Donnerstag entscheiden, ob für jede Übernachtung ein Euro Steuer erhoben wird, oder ob zwei Euro fällig werden, dafür aber Übernachtungen im Rahmen von Schul- und Jugendfahrten unbesteuert bleiben sollen. Die zweite Variante würde der Jugendherberge und dem Erlebnisdorf des Landessportbundes nutzen. In beiden von der Stadt vorgeschlagenen Regelungen soll zudem gelten: Für einen Dauercamping-Stellplatz soll eine Steuer von fünf Euro im Monat erhoben werden, und zwar unabhängig davon, wie lange und häufig der Stellplatz benutzt wird.
Dass zwei Varianten zur Entscheidung vorliegen, ist ein Resultat der Sitzung des Stadtrates Anfang Juli. Dort war kontrovers über die Einführung einer Übernachtungssteuer diskutiert und schließlich mit Stimmenmehrheit entschieden worden. Die CDU war dagegen: Der Verwaltungsaufwand bei den Beherbergungsbetrieben und auch bei der Stadtverwaltung sei zu hoch und stünde in keinem Verhältnis zum Ertrag. Der soll laut Stadtverwaltung etwa 125.000 Euro im Jahr betragen. Das solle einen Teil der rund 163.000 bis 175.000 Euro kompensieren, die die Stadt jedes Jahr in den Tourismus investiere.
Hintergrund der geplanten Steuer-Operation sind die wachsenden Finanznöte, in die Nettetal wie viele andere Kommunen geraten ist. Das führt dazu, verstärkt nach Einnahmen zu suchen. Im Fall Nettetal nicht nur in Gestalt einer neuen Beherbergungssteuer, die eine ganz bestimmte Branche alleine trifft. Die Stadt möchte auch die Gewerbesteuer erhöhen, die von allen Unternehmen zu zahlen ist. Dagegen hat sich soeben die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein ausgesprochen. Als Interessensvertretung von Unternehmen legt sie immer wieder Protest ein, wenn es um höhere fiskalische Belastungen für die Wirtschaft geht. Aber die IHK unterstützt auch speziell die Beherbungsbetriebe. Eine Übernachtungssteuer sorge „im krisengeplagten Gastgewerbe für weitere finanzielle und bürokratische Belastungen“, so Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.
Die Betreiber von Beherbergungsbetrieben sind vergrätzt, weil Stadt und Politik über die Pläne für eine Steuer nicht vor einer Entscheidung mit ihnen gesprochen hätten. Doch auch die konkrete Ausgestaltung der Steuer halten sie für handwerklich schlecht und unklar. Muss für einen ganz jungen Gast, für den aufgrund seines zarten Alters der Hotelier keinen Übernachtungspreis verlangt, etwa auch eine Steuer entrichtet werden? So lautet eine Frage. Wie die Steuer nun konkret abgewickelt werden soll, eine andere. Zudem halten es die Betriebe für eine „Mär“, dass sie den Steuerbetrag problemlos ihren Gästen in Rechnung stellen könnten und daher letztlich nicht selbst zahlen müssten. Sie befürchten dadurch negative Folgen für den Tourismus in der Stadt, zumal es in anderen Kommunen in einem Umkreis von 50 Kilometern keine solche Steuer gebe und ihre Einführung in Nettetal zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. Sollte die Steuer eingeführt werden, so die Beschwerdeführer, wollten einige Ferienwohnungen-Betreiber das Handtuch werfen.