Richard Hoffmans in Breyell Leder made in Nettetal – seit 125 Jahren
Nettetal-Breyell · Die Firma Richard Hoffmans fertigt in Breyell hochwertiges Leder für Taschen, Schuhe und Accessoires. Dabei wird besonders auf die Nachhaltigkeit geachtet. Gegründet wurde das Unternehmen vor 125 Jahren.
Gerade war Messe in Mailand – die Lineapelle. Diese Fachmesse gilt in der Branche für Lederwaren und weitere Produkte als richtungsweisend für die kommenden Trends in der Mode. Zu den Ausstellern gehört auch die Nettetaler Firma Richard Hoffmans, die dort der Modewelt ihre Lederkollektion präsentiert. Zweimal im Jahr geht es nach Italien, zudem zweimal jährlich nach New York. Etwa 100 verschiedene Artikel werden in Breyell produziert, gefertigt wird, wenn ein Auftrag eingegangen ist.
„Wir kaufen ausschließlich Ware aus einem Umkreis von 1000 Kilometern“, erklärt Vincent Bergmans, der sich in der Firma – in der sechsten Generation – um den Vertrieb kümmert. Er zeigt bereits gegerbte Lederhäute aus Skandinavien. Tierhäute wurden bereits in der älteren Steinzeit gegerbt, vornehmlich, um die Haut zu konservieren, zu stabilisieren, die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und um die Zersetzung zu verhindern. „Wir sind quasi der Recyclinghof der Fleischindustrie“, sagt Bergmans. Bergmans versichert, dass nur für die Lederproduktion kein Tier – in diesem Fall Rinder und Kälber – geschlachtet werde.
Die Firma Richard Hoffmans arbeitet mit den Hälften einer Tierhaut, die so perfekt für die maschinelle Produktion geeignet sind. Vorher hat ein Bauer seine Tiere an einen Schlachthof verkauft, dieser bringt die Häute zu einem Gerber, der die Rohware nach Nettetal verkauft. „Wir sind in der Lage, genau nachzuverfolgen, wo jedes einzelne Tier stand“, erläutert Bergmans.
In der Firma Richard Hoffmans durchläuft die Ware die Falzerei, die Nachgerbung, die Trocknung, die sogenannte Vorzurichtung, schließlich die Zurichtung. Diese Ware wird im nächsten Schritt an Kunden, vornehmlich nach Italien und Frankreich, auch nach Europa insgesamt und nach Übersee verkauft. „Rund 70 Prozent für Taschen, 20 Prozent Schuhe, zehn Prozent verteilen sich auf weitere Accessoires“, sagt Bergmans.
Da stehen sie, die riesigen Paletten mit der Rohware: Wetblue, chromgegerbtes Leder, nicht getrocknet, nicht gefärbt, bläulich schimmernd und leicht feucht. Die hälftige Haut eines Kalbes misst zwischen 1,6 und 1,8 Quadratmeter, beim Rind zwischen 1,8 bis 2,4 Quadratmeter. In der Falzerei wird das Leder auf die gewünschte Dicke gebracht. Nächster Schritt: Nachgerbung. In großen Fässern wird das Leder wie bei einem Rezept mit verschiedenen Zutaten behandelt, ehe es in die Trocknung geht. Im Vakuumtrockner dauert dieser Prozess seine Zeit, um möglichst wenig an Maß zu verlieren.
Ist der Trocknungsprozess beendet, hält man einen sogenannten Crust in den Händen – das Leder vor dem Feinschliff, wie Bergmans erklärt, vor der Vorzurichtung und der Zurichtung. Das Leder erhält jetzt sein Finish. Bügeln, Prägen, Weichheit, Glanz, wie bestellt, so gefertigt. Schließlich, das ist Pflicht, durchläuft das Leder die Qualitätskontrolle.
Vor 125 Jahren, also 1899, gründete Richard Hoffmans die Firma genau an der Stelle, wo man sie auch heute noch findet – in Nettetal. Dort, wo sich vormals eine Weinkellerei befand, wurde damals Leder für Kunden aus den Niederlanden produziert. Die Firma überstand Krieg und auch die Inflation in den frühen 1920-er Jahren. Geprägt war und ist das Unternehmen vor allem durch seinen familiären Charakter. Jede Generation konnte neue Aspekte setzen. So wurde Leder in immer neueren Variationen gefertigt, sogar das Vulkaleder für angespritzte Sohlen bei Sicherheitsschuhen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Produktionshallen gebaut, neue Maschinen angeschafft.
Josef Gerhard Hoffmans war bis zu seinem Tod 1968 eng mit der Kommunalpolitik verbunden, war sogar zwölf Jahre lang Bürgermeister in Breyell. 1979 setzte ein Großbrand der Firma zu, doch schon bald wurde die Produktion wieder aufgenommen. In den frühen 1980er Jahren wurde das Wetblue Ausgangsmaterial für die Lederproduktion. 1989 trat Jutta Hoffmans in die Firma ein, in der fünften Generation. Das Unternehmen blieb innovativ: Lederpartien sind bis heute rückverfolgbar – die so genannte Traceability, die Energieversorgung wurde ständig auf den modernsten Stand gehievt, mit dem Ziel Energie nachhaltig und umweltschonend nutzen zu können.
Bestes Beispiel heute: Auf dem Betriebsgelände wurde jüngst auf 6000 Quadratmetern eine Photovoltaik-Anlage installiert. Etwa 20 Prozent des Energiebedarfs können so generiert werden. Auf den Rasenflächen grasen übrigens Ouessantschafe, die das Gras auf ganz natürliche Weise auf Länge halten. Kurz vor der Fertigstellung ist die neue Halle für die Nachgerbung.
Eine Feier zum 125-jährigen Bestehen mit der Belegschaft ist in Sicht. 56 Mitarbeitende sind derzeit in der Firma Richard Hoffmans beschäftigt. Gesucht werden weitere Mitarbeiter, vor allem in der handwerklichen Fertigung „Der Reiz liegt darin, ein sehr nachhaltiges Produkt zu erstellen“, sagt Bergmans. Und genau dieses Produkt Leder habe ihn immer fasziniert.