Drehleiter für Feuerwehr in Nettetal Lobberichs Löschzug hat eine neue Königin
Nettetal-Lobberich · Sie war nicht billig, kann aber einiges mehr als ihre Vorgängerin: Nettetal hat für die Feuerwehr in Lobberich eine neue Drehleiter angeschafft. Und zwar nicht nur für Löscheinsätze.
Wie hilfreich es ist, eine Drehleiter einsetzen zu können, hat Johannes Boyxen schon oft erlebt. Erst recht bei einem Einsatz in Breyell vor einigen Jahren. Bei einem Brand in einem mehrstöckigen Haus mussten Bewohner aus der vierten oder fünften Etage evakuiert werden. „Die standen im Rauch, da musste es schnell gehen“, erzählt der Vize-Chef des Feuerwehr-Löschzugs Lobberich. Gut, dass seine Einheit zu denen gehört, die über eine Drehleiter verfügt.
„Königin der Löschfahrzeuge“, würden diese Geräte im Feuerwehrjargon genannt, sagt Löschzugführer Jörg Peschkes. Die Königin, die vor einigen Jahren bei besagtem Brand in Breyell und bei unzähligen anderen Einsätzen benutzt wurde, hat nun aber bald ausgedient. 25 Jahre war sie für den Lobbericher Löschzug da. Viel Zeit, in der sich die Technik auch bei Feuerwehrfahrzeugen weiterentwickelt hat. Darum hat die Stadt dem Löschzug nun ein neues Gerät angeschafft – und das hat einiges mehr drauf als die Vorgänger-Version. Mithin gilt, was auch in Monarchien schon oft die Devise war: Die Königin ist tot – es lebe die Königin!
Die neue Drehleiter ist schon beschafft, Lobbericher Feuerwehrleute haben auch schon mit ihr geübt. Zurzeit steht sie aber in einer Werkstatt, wo hie und da noch ein wenig nachjustiert und nachgerüstet wird. Wenn das erledigt ist, kann weiter geübt werden. In der zweiten Monatshälfte nach einer Show-Premiere bei einem Tag der offenen Tür soll die neue Königin dann offiziell in den Dienst gehen. Die ausgiebige Vorbereitung sei nötig, sagt Peschkes. „Wenn nachts um 2 Uhr der Pieper losgeht und wir zum Einsatz ausrücken, muss alles funktionieren“, sagt Peschkes.
An Höhe schafft die neue Leiter nicht mehr als die alte: 23 Meter, wenn sie zwölf Meter von einem Haus oder einem anderen Objekt entfernt steht – ein Standardmaß. Wenn sie näher am Objekt steht und steiler aufgerichtet werden kann, sind bis zu 30 Meter drin. Aber die 980.000 Euro, die für die neue Königin ausgegeben wurden, bringen dennoch erheblichen Mehrwert. Die neue Leiter hat – mal laienhaft ausgedrückt – einen beweglichen Korb an der Spitze. Der kann nun insgesamt fünf statt bislang drei Personen fassen und somit mehr Menschen auf einen Schlag evakuieren. Und er kann bis auf den Erdboden abgesenkt werden. Heißt: Feuerwehrleute können unten einsteigen und müssen nicht über die Leiter den Korb erklimmen und auch Passagiere können unten abgesetzt werden.
Das beschleunigt die Abläufe erheblich und kann im Ernstfall eine schnellere Rettung bedeuten. Zumal einmal „gefahrene“ Wege bei einer solchen Aktion dank fortgeschrittener Computertechnik auch gespeichert und mehrmals automatisch wiederholt werden können. Auch das Löschen wird mit der neuen Drehleiter etwas einfacher. Denn sie verfügt über eine feste Verrohrung, es müssen nicht umständliche Schläuche nach oben gezogen werden.
Doch es muss nicht immer ein Brand sein, damit die Königin in Betrieb genommen wird. Sie kann Feuerwehrleute etwa zur Inspektion eines Daches bequem in die richtige Position heben; sie kann mithilfe eines anzuhängenden Geschirrs bei der Rettung von größeren, in Notlagen geratenen Tieren genutzt werden. Und sie ist auch so ausgestattet, dass sie extrem schwere, bettlägerige Patienten aufnehmen kann, die mit keinem anderen Hilfsmittel aus ihrer Wohnung geholt werden können, um etwa in ein Krankenhaus transportiert zu werden. Bis zu 300 Kilogramm schwere Menschen kann die neue Königin stemmen.
Und die alte? Die wird wahrscheinlich nicht völlig abdanken, sondern sich andernorts nützlich machen. Sie soll in einer Auktion angeboten werden. Dabei können beispielsweise andere Feuerwehren, aber auch Unternehmen zuschlagen, die ein Gerät mit solchen Lift-Qualitäten nutzen können. Eine Million D-Mark hat die nun entthronte Königin vor einem Vierteljahrhundert gekostet. Sie mit Inspektionen und Reparaturen weiter zu päppeln, machte auf Dauer angesichts der Vorzüge ihrer Nachfolgerin wenig Sinn.