Geschichte Alte Galoschen aus Hinsbeck für das NRW-Heimatmuseum
Hinsbeck · Das Land NRW ist für sein Heimatmuseum auf der Suche nach ganz besonderen Exponaten. Das Dorfmuseum Hinsbeck ist gerne behilflich und kramt nicht nur besondere Schuhe hervor.
(hk) Die Landesregierung NRW plant, in den kommenden Jahren im Behrenshaus in Düsseldorf ein „Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen“ einzurichten. Anfang August kam hierfür die Leitung des Hauses mit dem „MuseumMobil“ nach Kempen, um dafür zu werben, Exponate für das geplante Heimatmuseum zur Verfügung zu stellen.
An dieser Sammelaktion beteiligte sich auch das Dorfmuseum des VVV Hinsbeck mit vier Exponaten. Den Start des Landes NRW symbolisieren Schuhe des 1925 geborenen Kriegsgefangenen Franz Vanderheiden. Dieser wurde mit 18 Jahren zum Heer eingezogen. Nach der Ausbildung ging es Ende 1944 an die russische Front, wo er mit Kriegsende in Gefangenschaft geriet. Er kam in ein Werk zur Eisenherstellung, wo sich rund 4000 Gefangene befanden.
Der Winter 1945 war extrem kalt, wegen der Kälte klebten die Finger am Stahl fest. Zu essen gab es höchstens ein Stück Brot und eine Wassersuppe mit grünem Inhalt, meistens Gras, die in eine verrostete Büchse abgefüllt wurde. Viele überlebten diese Tortur nicht, von den etwa 4000 Personen lebten nach dem ersten Jahr nur noch ca. 400.
Im Herbst 1946 wurde Franz Vanderheiden mit anderen aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Er litt unter Dystrophie (Schädigung von Organen durch Unterernährung) und wog bei einer Größe von 1,85 m nur noch 45 kg (vorher 85 kg). Per Bahn wurden sie zunächst in das Lager Friedland gebracht, einige Zeit später ging es in Richtung Heimat. Überall standen Deutsche an der Strecke und reichten den Heimkehrern Speisen. Viele, die diese annahmen, erkrankten noch auf der Fahrt und starben, da ihr Körper nicht darauf eingerichtet war.
Da am Abend in Kempen kein Zug mehr in Richtung Kaldenkirchen fuhr, nahm ihn ein Bahnbeamter mit zu sich, versorgte ihn und bot ihm Platz zur Übernachtung. Morgens ging es mit dem ersten Güterzug bis zum Bahnhof Lobberich.
Sein Äußeres war auffallend: Er trug alte, verschlissene Militärkleidung, die stark an Lumpen erinnerten, dazu in russischer Kriegsgefangenschaft hergestellte Galoschen, deren Grundlage ein Holzbrett war und deren Oberteil aus Segeltuch bestand. Getragen wurden die Schuhe mit Fußlappen, ausgepolstert mit Heu oder Stroh. Mit diesen klobigen Schuhen ging es nun in Richtung Hinsbeck, wo er, als einziger von drei Söhnen, aus dem Krieg heimkehrte. Diese Schuhe blieben erhalten und wurden nun dem Haus der Geschichte NRW übergeben.
Das zweite Exponat, ein Plakat zur „Neubegründung der Selbständigkeit der Gemeinde Hinsbeck“, weist auf die Wiedergründungen der Gemeinden in NRW hin. Mit Datum vom 17. Mai 1946 feierte damals die Gemeinde Hinsbeck, mit Grußworten des Bürgermeisters Ernst Imhorst, musikalischer Unterhaltung durch den MGV Eintracht und Ria Rübsam als Sopranistin, die Auflösung der im 2. Weltkrieg gebildeten Amtsgemeinde mit Lobberich.
Das dritte Exponat betrifft das Verhältnis der Flüchtlinge und Vertriebenen zur neuen Heimat. Im Dezember 1958 erstellte ihr Vertrauensmann, der spätere Ortsvorsteher Harry Dolch, ein reich dekoriertes Dankesschreiben an die Hinsbecker Gemeinde „für den guten Willen und die tatkräftige Unterstützung der Bürger und der Gemeinde-Verwaltung von Hinsbeck“ bei der Integration der rund 600 Neubürger. Das Schreiben war von ihm mit gemalten Bildern Ostdeutscher Ansichten und einer Auflistung der verlorenen Gebiete von Ostpreußen bis Schlesien dekoriert.
Die positive Entwicklung auch der kleinen Gemeinden in NRW wurde durch das vierte Exponat dokumentiert. Es ist eine Plakette der Aktion „Unser Dorf soll schöner werden“, an dem Hinsbeck 1967 (auf Landesebene) sowie von 1973 bis 1993 (auf Kreis- und Landesebene) teilnahm und stets gut beurteilt wurde. Aus den zahlreichen Plaketten wurde die des Jahres 1981 herausgesucht, als Hinsbeck auf Kreisebene Sieger wurde und einen Sonderpreis „für mustergültige Innenhofgestaltung und Blumenschmuck“, auf Landesebene die Silbermedaille sowie einen Sonderpreis „für mustergültige Anlegung von Wanderwegen für Behinderte“ erhielt.