Kultur in Nettetal Stifter des Textilmuseums lehnen Umzug ab

Nettetal-Hinsbeck · Die Kreisverwaltung könnte sich vorstellen, die Sammlung des Textilmuseums in Hinsbeck in das Freilichtmuseum in Grefrath zu übernehmen. Das würde auch die Stadt Nettetal befürworten. Doch die Stifter sind ganz anderer Meinung.

Hildegard und Walter Tillmann haben die Museumssammlung über Jahrzehnte zusammengetragen.

Foto: Heribert Brinkmann

Es sei ein „sensibles Thema“, denn das Textilmuseum sei ein „Herzensthema“ der Familie Tillmann, meinte Claudia Jacobi (FDP), als im Kulturausschuss des Kreistages jetzt über die Zukunft des Museums in Hinsbeck gesprochen wurde. Wohl wahr. Schließlich hat das Ehepaar Hildegard und Walter Tillmann ein halbes Jahrhundert lang Zeugnisse der Textilmanufaktur und Textilindustrie am Niederrhein gesammelt und in eine Stiftung und das Museum „Die Scheune“ in Hinsbeck, unweit der Krickenbecker Seen, eingebracht. Nach Ansicht der Stadtverwaltung können die Exponate dort aber nicht bleiben, wenn sie auf Dauer erhalten bleiben sollen.

Schon vor einem Jahr hat der Kulturausschuss des Nettetaler Stadtrates beschlossen, mit der Kreisverwaltung zu sprechen und zu erkunden, ob diese sich einen Umzug der Sammlung in das Grefrather Freilichtmuseum Dorenburg vorstellen kann. Im Kulturausschuss des Kreistages gab Kreisdirektor Ingo Schabrich jetzt die Antwort auf diese Frage: Ja, grundsätzlich kann sich die Kreisverwaltung einen solchen Umzug vorstellen. Jedoch: Ursula Tillmann-Sage, Tochter des Stifter-Ehepaars, und Mitglied des Stiftungs-Kuratoriums, kann das nicht. „Wir möchten das Museum gerne in der Scheune in Hinsbeck behalten“, sagt sie. In der Dorenburg werde das „ganze Flair unseres Museums“ verloren gehen und wahrscheinlich das in Hinsbeck praktizierte Konzept über den Haufen geworfen, fürchtet sie. In der Scheune könnten Besucher Ausstellungsstücke nicht einfach nur anschauen. Sie könnten sich alte Webstühle und -techniken dort auch erklären lassen und zudem gehörten auch Ausstellungen zur Textilkunst mit dazu. „Wer soll das in der Dorenburg machen? Wo sollen die Sachen da hin? Ich habe keine Ahnung, wie das ablaufen soll. Da müsste mal ein Konzept vorgelegt werden“, sagt Tillmann-Sage. Für die Stadtverwaltung, die bei der Stiftung und in dessen Kuratorium im Boot sitzt, ist das Thema auch ein heikles. Denn es ja nicht so, dass etwa Bürgermeister Christian Küsters das Engagement und die Arbeit der Stifterfamilie nicht zu würdigen weiß. Gleichwohl, so erklärte die Verwaltung schon im September 2023 dem Kulturausschuss des Nettetaler Stadtrates: „Aus verschiedenen Gründen, insbesondere aufgrund des Alters der maßgeblichen Unterstützer, erscheint die zukünftige Sicherstellung des laufenden Betriebs und der laufenden Angebote gefährdet.“ Neben der Altersfrage – das Stifterehepaar ist über 90 – ist für die Stadt letztlich wohl das finanzielle Problem das zentrale. Denn schon vor mehr als 14 Jahren haben Gutachter dem Scheunengebäude bescheinigt, von Feuchtigkeit bedroht zu sein, was auf Dauer auch den Ausstellungsstücken schaden werde. 2016 kam dann eine gutachtende Architektin zu dem Schluss, dass eine Renovierung der Scheune inklusive nötiger Brandschutzmaßnahmen und Umbauten für Menschen mit Behinderungen wohl 800.000 Euro kosten würde. Ein Betrag, der heute, acht Jahre später, angesichts gestiegener Baupreise wohl noch um einiges höher läge. Die Stifter hingegen halten das Gebäude nicht für ungeeignet und verweisen darauf, dass sie selbst schon für kleinere Reparaturen gesorgt hätten.

Das Museumsgebäude zu renovieren, würde nach Erkenntnissen der Stadt hohe Kosten verursachen.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Mit einer Art Kompromiss, wie im September 2023 von der Nettetaler SPD vorgeschlagen, mag sich Ursula Tillmann-Sage auch nicht anfreunden. Die SPD hatte damals den Beschluss des Kulturausschusses herbeigeführt, in Hinsbeck eine Zweigstelle des Museums einzurichten, falls die Kreisverwaltung sich bereit erkläre, die Sammlung in die Dorenburg zu übernehmen. Doch das damals dafür anvisierte Gebäude habe in Hinsbeck zu weit abseits gelegen, mein die Tochter der Stifter: „Da wäre niemand hingekommen.“ Am Stammplatz hingegen würden in diesem Jahr voraussichtlich 1.000 Besucher gezählt werden. Mithin habe das Museum für Hinsbeck und Nettetal auch einen touristischen Wert, dessen Stellenwert leider nicht ausreichend erkannt werde, beklagt Tillmann-Sage. Eine Dependance in Hinsbeck würde schnell unwirtschaftlich, fürchtet hingegen Christian Küsters. Im Kulturausschuss des Kreistages war von einer Zweigstelle nicht die Rede.