Im Infozentrum an den Krickenbecker Seen Fotoausstellung: Naturpädagoge zeigt heimische Schleimpilze

Hinsbeck · Erste Reaktion: Igitt! Zweite Reaktion: Hm, was sind Schleimpilze überhaupt? Antworten gibt eine Ausstellung im Infozentrum Krickenbecker Seen. Fast 30 Fotos zeigen faszinierende Wesen, die wir in der Natur häufig übersehen.

Alien? Oder ein Kronleuchter? Falsch, einer der Schleimpilze, die David Cornette fotografiert hat.

Foto: David Cornette

Eine braune Raute, von einem dunklen, lippenartigen Rand umgeben, an der 14 weiße Kugeln auf kurzen Stummeln andocken. Der Kopf eines vieläugigen Besuchers aus dem All? Oder einfach nur ein Kronleuchter? Sieht so aus, doch David Cornette war weder im Möbelhaus noch hatte er Besuch von Aliens, als er dieses Motiv fotografierte. Der 44-Jährige hat es in der irdischen Natur gefunden: eines von fast 40 verschiedenen Mitgliedern der Familie Schleimpilz, die er inzwischen kennengelernt hat.

Seit zwei Jahren ist der Naturpädagoge diesen Wesen auf der Spur, fotografiert sie mit einer Kompaktkamera und vergrößert sie. Ergebnis: faszinierende Bilder wie aus einer anderen Welt, von denen rund 30 bis zum 28. August im Infozentrum der Biologischen Station Krickenbecker Seen ausgestellt werden. Ein Katalog liefert kompakte Informationen, und die Bilder sind auch käuflich zu erwerben – wen die Faszination packt, kann sich im Zentrum also rundum „einschleimen“.

Schleimpilz ist eigentlich ein irreführender Name. Denn was Cornette bei Streifzügen durch die Natur etwa unter Totholz aufspürt, ist weder Tier, noch Pflanze, noch Pilz, sondern irgendwie eine ganz eigene, uralte Lebensform. „Amöbenartige Wesen“, nennt Cornette seine Models. Wissenschaftler sprechen auch von Myxomyceten. Klingt zwar wie ein Nachbarstamm der südamerikanischen Azteken oder Tolteken, ist dennoch etwas ganz anderes.

Schleimpilze können für ihre Verhältnisse durchaus stattlich wachsen und sich zum Teil über einen Quadratmeter ausdehnen. Und obwohl völlig hirnlos, sind sie zu erstaunlichen Leistungen fähig, wenn sie Hunger haben. Wissenschaftler, so wird es jedenfalls im Internet überliefert, haben einen Schleimpilz mit einem Labyrinth konfrontiert, an dessen Ausgängen Nahrung ausgelegt war.

Schleimpilze bewegen sich wie in einem echten Bahnnetz fort

Der Pilz breitete sich aus, schnappte sich das Futter und zwar – oh Wunder! – auf dem kürzesten Weg durch den Irrgarten. Schleimpilze, sagen Forscher der Uni Bremen, seien auch in der Lage, realen Bahnnetzen verblüffend ähnliche Transportnetze zu entwerfen. Schlechte Nachrichten für gut bezahlte Verkehrs- und Stadtplaner, wenn es denn wirklich funktioniert.

Auf die Schleim-Spur ist der Naturpädoge aus Lindlar geraten, als die Corona-Pandemie ausbrach. Da war plötzlich noch mehr Zeit für Expeditionen in die Botanik und Aufmerksamkeit für die kleinen Dinge, die man gewöhnlich im Alltag übersieht. Wenn Cornette auf Fotopirsch geht, nimmt er inzwischen immer eine Unterlage mit, damit er im Wald auf die Knie gehen oder sich auch mal auf den Bauch legen kann.

Lohnende Objekte gibt es übrigens nicht nur an irgendwelchen exotischen Orten, sondern auch in der Natur rund um das Infozentrum an den Krickenbecker See, das seine Bilder zeigt und das Cornette kennt, weil er Klassenfahrten in die Jugendherberge Hinsbeck begleitet hat. Viele seiner Fotos, sagt Cornette, seien nicht nachbearbeitet, in manchen Fällen werde der Optik halber ein wenig Hand angelegt. Der „Kronleuchter“ etwa ist gespiegelt und dann leicht bearbeitet.

Bleibt die Frage: Würde Cornette einen Schleimpilz anfassen? Die Antwort ist: eher nicht. Aber nicht des Ekels wegen, sondern weil der Pilz dann zerstört werden könnte.