Kosten für den Nettetaler Friedhof explodieren
Private Anbieter erhöhen den Druck. Als Konsequenz könnten einzelne Gebäude abgerissen werden.
Nettetal. Die Stadt ist in den vergangenen Jahren vom radikalen Wandel der Begräbniskultur überrannt worden. Sie kann kaum mehr die explodierenden Gebühren für das Friedhofswesen bändigen. Das betrifft vor allem die Kosten der Friedhofskapellen und der Aufbahrungsräume darin. Gewerbliche Unternehmen machen der Stadt mit regelrechten Discountpreisen und anderen Formen der Bestattung erheblich Konkurrenz.
Die Stadt kalkuliert die Gebühren auf der Grundlage von Kosten, die bei der Unterhaltung von Friedhöfen und mit Beerdigungen anfallen. Im vergangenen Jahr ging die Rechnung aber nicht auf, weil die Zahl der Bestattungen hinter den Erwartungen zurückblieb. Das heißt nicht unbedingt, dass weniger Menschen gestorben sind.
Vielmehr entscheiden Angehörige immer häufiger, Beerdigungen in private Hände zu geben. Dazu gehört auch, dass nicht jeder verstorbene Nettetaler auf einem Friedhof in der Stadt beigesetzt wird. Die Stadt sieht sich einem immer härteren Wettbewerb auf einem wachsenden Markt ausgesetzt.
Ihr Hauptproblem besteht in der Infrastruktur, die vorgehalten werden muss. Vor Jahrzehnten gewann die längst untergegangene CWG noch Wählerstimmen damit, dass sie auf dem Friedhof in Kaldenkirchen den Bau der Friedhofskapelle mit Aufbahrungsräumen durchsetzte. Aber weder in Kaldenkirchen noch in Lobberich werden die Gebäude auch nur annähernd auskömmlich bei Sterbefällen gebucht.
„Wir kommen nicht umhin zu überlegen, Gebäude oder zumindest Gebäudeteile abzutragen, weil sie so schlicht nicht mehr benötigt werden“, erklärte die Technische Beigeordnete Susanne Fritzsche im Ausschuss. In diesem Jahr kostet die Miete einer Friedhofskapelle 189,95 Euro.
Nach der Kalkulation für 2015 müssten ab Januar dafür 205,42 Euro gezahlt werden, ein Anstieg von 8,1 Prozent. Das ist moderat im Vergleich zu den Kosten der Aufbahrungsräume. Aktuell sind dafür 314,98 Euro zu zahlen. Im kommenden Jahr müsste die Stadt jedoch 1352,88 Euro verlangen, ein Preisanstieg um 330 Prozent.
Einen solchen Sprung will und kann die Stadt ihren Bürgern nicht zumuten. Sie schlägt vor, eine Grundgebühr zu erheben und dann „verbrauchsabhängige Aufwendungen“ zu berechnen. Ein Aufbahrungsraum kostet danach im neuen Jahr 421,72 Euro, die Friedhofskapelle 162,74. Auch die Bestattungen selbst in Gräbern unterschiedlicher Kategorien werden teurer. Der Ausschuss empfahl dem Rat, die günstigere Alternative zu beschließen.
Die Grundsatzdebatte über die Zukunft des Friedhofswesens hat aber erst begonnen. Die Stadt muss einerseits die hergebrachten Begräbnisformen für einen Teil der Bürgerschaft erhalten und das zu erträglichen Preisen. Sie muss andererseits aber unter dem hohen Wettbewerbsdruck eine höhere Flexibilität sowohl im Angebot als auch in der Ausgestaltung erzielen.
Die Friedhofskapelle Lobberich wird möglicherweise rückgebaut, für Kaldenkirchen wird die Einrichtung eines Kolumbariums (Urnengrabstätte im Gebäude) diskutiert. In Breyell wurde das Gebäude, das rege genutzt wird, jüngst noch saniert. Und dann bleibt die Frage, ob mittelfristig in allen Stadtteilen alle umfassenden Dienstleistungen des Friedhofswesens vorgehalten werden können.