Denkmal-Restaurierung in Nettetal Putz ade – Die Pestkapelle ist „abgeschminkt“

Lobberich  · Es war wohl nicht die beste Idee, der 350 Jahre alten Kapelle im Sassenfeld einst einen kunststoffvergüteten Putz zu verpassen. Bei der Restaurierung ist er nun entfernt worden. Die auch mit Spenden finanzierten Arbeiten dauern an.

Sie kümmern sich um die Restaurierung der inzwischen vom Putz befreiten Kapelle: (v. l.) Architekt Markus Lücker, Restaurator Antonius Kiwall, Denkmalpfelgerin Sonja Herbrand, Restaurator Christoph Kiwall und VVV-Vorsitzender Ralf Stobbe.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Noch bestimmen ein Bauzaun und ein mit Plane abgedecktes Dach das Bild an der Ecke Sassenfeld/Lindenallee in Lobberich. Auch abgesehen von diesen Hinweisen auf Bautätigkeit ist ein ungewohnter Anblick für die Anwohner entstanden. Die dort stehende Pestkapelle hat ihr Äußeres verändert. Statt auf weißen Putz blickt man nun auf die Feldbrandklinker, mit denen die kleine Kapelle vor rund 350 Jahren gemauert wurde. „Wir haben die Kapelle im Außenbereich komplett von mehreren Putzschichten befreit. Im Lauf der Jahre ist irgendwann auch einmal ein kunststoffvergüteter Putz aufgezogen worden. Der hat dafür gesorgt, dass eindringendes Wasser eingesperrt wurde. Damit entstand Feuchtigkeit, die dann unter anderem für abspringenden Putz gesorgt hat“, erläutert Christoph Kiwall vom gleichnamigen Brüggener Unternehmen für Restaurierung und Denkmalpflege. Die Firma ist im Auftrag des Lobbericher Verkehr- und Verschönerungsvereins (VVV) und in Abstimmung mit der Nettetaler Denkmalbehörde seit Ende März mit der Restaurierung der Kapelle beschäftigt.

„Bislang wurde die Pestkapelle von der Schützengesellschaft St. Rochus betreut. Aus deren Reihen kam bereits vor zwei Jahren die Anfrage, ob sich der VVV mit einbringen könnte, um die Rochuskapelle, wie sie auch genannt wird, zu erhalten“, berichtet VVV-Vorsitzender Ralf Stobbe. Der Verein informierte sich, drehte ein kurzes Video zum Zustand der Kapelle, setzte es auf seine Internetseite und startete damit im Frühjahr 2021 einen Spendenaufruf für die Restaurierung der Kapelle. Zudem verteilte Stobbe 150 Handzettel in der Nachbarschaft der Kapelle. Die gute Resonanz zeigte, wie wichtig den Menschen diese Kapelle ist. Mit den Spenden aus der Nachbarschaft, der Unterstützung der Sparkassenstiftung, der Volksbank, aus dem PS Sparen der Sparkasse, des Lions Clubs und Fördermitteln des Landes konnte der Grundstock für die Restaurierung gelegt werden.

„Bei den Arbeiten haben wir so manche bauliche Überraschung erlebt und gemeinsam mit dem Denkmalschutz der Stadt Nettetal und der Firma Kiwall immer wieder neu überlegen und agieren mussten“, sagt Markus Lücker, betreuender Architekt und VVV-Mitglied. Alle Beteiligten heben dabei die gute Zusammenarbeit hervor, bei der alles innerhalb kürzester Zeit geklärt werden konnte und die Arbeiten entsprechend weiterlaufen konnten.

„Wir sind nicht nur im Außenbereich auf mehrere Putzschichten gestoßen. Im Innenbereich war dies noch extremer. Wir konnten letztendlich auf den Steinen die Spuren von Schlämmkreide erkennen, mit denen einst gearbeitet worden war“, sagt Christoph Kiwall. Für die weiteren Arbeiten sieht es so aus, dass im Außenbereich die Verfugung dort, wo es nötig ist, ausgebessert wird und beschädigte Steine mit Steinergänzungsmörtel aufgearbeitet werden. Danach ist ein Anstrich mit Mineralfarbe vorgesehen. Für den Innenbereich wird noch nach der optimalen Lösung gesucht.

Die Kapelle sei ein Beispiel dafür, wie einst mit einer gut gemeinten Sanierung der Zerstörung des Materials Vorschub geleistet wurde, sagt Antonius Kiwall. Damit spielt der Restaurator auf den kunststoffvergüteten Putz an. Die Holzfiguren, die in der Pestkapelle standen, sind eingelagert. Es handelt sich um eine Jesus-Figur am Kreuz, eine Marienstatue mit Jesuskind und einen Heiligen mit einer Mitra. „Wir wissen nicht, um welchen Heiligen es sich genau handelt. Es fehlen Attribute, nach denen wir gehen könnten“, sagt Sonja Herbrand von der Unteten Denkmalbehörde bei der Stadt Nettetal. Alle Figuren seien kunsthistorisch geprüft worden und sollen ebenfalls noch überarbeitet werden. Fest steht, dass das Kreuz jünger als die Jesusfigur ist. Es ist für die Proportionen des Körpers eigentlich zu klein. „Über den Bau der Kapelle wird erzählt, dass ein Knecht versprach, er werde eine Kapelle bauen, wenn seine Familie von der Pest verschont bliebe“, erzählt Lücker.