Arbeitskräfte-Potenzial für die Region Nettetal bangt um Venlos Studenten

Nettetal · Wird die Zahl deutscher Studenten an niederländnischen Hochschulen reduziert? Das wäre schlecht für Nettetal, findet der Bürgermeister.

Die Fontys Hochschule wirbt mit ihrer internationalen Ausrichtung auch um deutsche Studenten.

Foto: Fontys Venlo

Natürlich soll es eine Verbesserung sein, eine Optimierung des Managements der in die Niederlande kommenden ausländischen Studenten. Unter dieser Überschrift hat Robert Dijkgraaf, Bildungsminister des Nachbarlands, im April seine Absicht verkündet, die Zahl der ausländischen Studenten an niederländischen Hochschulen zu regulieren und einzelne Studiengänge oder Kurse unattraktiver zu machen für Studierende, die kein Niederländisch sprechen. Ein Vorhaben, das in Nettetal mit Stirnrunzeln registriert wird. Schließlich wohnen nach Angaben eines Stadtsprechers im Nettetaler Stadtgebiet mehr als 500 junge Frauen und Männer, die an der Fontys Hochschule im nahe gelegenen Venlo studieren. Und auf sie möchte Bürgermeister Christian Küsters (Grüne) ungern verzichten.

Denn Küsters setzt darauf, dass der ein oder andere, der wegen seines Studiums in Venlo nach Nettetal gezogen ist, dauerhaften Gefallen an der Stadt findet. „Für uns ist wichtig, dass die jungen Leute nach dem Abschluss des Studiums nicht in alle Welt zerstreut werden“, sagt Küsters. Er denkt dabei auch an das Arbeitskräfte-Potenzial, das diese Hochschulabsolventen für in Nettetal ansässige Unternehmen bedeuten.

Dijkgraaf hingegen hatte bei seinem Plan Probleme im Blick, die die hohe Zahl ausländischer Studenten in den Niederlanden seiner Meinung nach bereiten: Ziehen Studierende in die Niederlande um, verschärfen sie dort die Lage auf dem angespannten Wohnungsmarkt. Zudem sorgen sie für überfüllte Hörsäle und mit Arbeit überlastete Dozenten – und sie nehmen womöglich niederländischen Studenten Studienplätze weg, vor allem, wenn es um Studienangebote geht, die nicht in Niederländisch, sondern in Englisch unterrichtet werden.

Da es innerhalb der EU Freizügigkeitsregelungen gibt, schlug Dijkgraaf eine subtile Art vor, den Hebel ansetzen. Er denkt an ein zentrales Management und daran, die Zahl der in Englisch unterrichteten Kurse zu verringern und so bestimmte Angebote gezielt unattraktiver für internationale Studierende zu machen, die kein Niederländisch beherrschen.

Mit den Bemühungen der Fontys Hochschule in Venlo um ein internationales Image scheinen Dijkgraafs Vorstellungen nicht so ganz zu harmonieren. „Das Studium an der Fontys Venlo zeichnet sich durch eine starke internationale Ausrichtung aus und bereitet dich ideal auf eine internationale Karriere vor“, wirbt die Hochschule für ihre Ausrichtung. Und fügt hinzu: „Die Fontys Venlo University of Applied Sciences befindet sich in unmittelbarer Nähe zur deutsch-niederländischen Grenze und bietet insgesamt 16 Bachelor- und Masterstudiengänge in den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften & Management, Ingenieurwesen, Informatik und Logistik an. Die Studenten können dabei zwischen Deutsch, Englisch und Niederländisch als Unterrichtssprache wählen.“ Diese Lockrufe gehen gezielt an junge Studieninteressenten auf der deutschen Seite der Grenze: In Venlo befinde man sich immer noch „spürbar in der Nähe der Heimat“, und wegen der „günstigen Lage braucht man nur eine halbe Autostunde nach Düsseldorf“.

Schon vor sieben Jahren hat die Fontys Venlo eine Niederlassung im Technologie- und Gründerzentrum Niederrhein in Kempen eröffnet. Diese soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Hochschule mit deutschen Unternehmen ermöglichen und vertiefen – zum Nutzen für den Arbeitsmarkt in der Region beiderseits der Grenze.

Ob Dijkgraafs Pläne umgesetzt werden, muss sich noch zeigen. Am 7. Juli hat Ministerpräsident Mark Rutte seinen Rücktritt und den seines Kabinetts verkündet, im September stehen in den Niederlanden Neuwahlen an. Gleichwohl meldete sich Nettetals Bürgermeister mit seinen Befürchtungen vorbeugend zu Wort. „Die Bildungsvielfalt darf nicht an der Grenze, die wir gar nicht kennen, enden“, sagt Küsters. Das Problem sei nicht nur eines, das die grenzübergreifende Euregio-Rhein-Maas-Nord betreffe. Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung sei gefragt. Er wolle mit dem NRW-Europa-Ministerium daher Kontakt aufnehmen.