Wie Nettetal plant und kalkuliert Stadt braucht weiter dringend Wohnraum für Geflüchtete
Nettetal · Eigentlich sollte die neue Notunterkunft in der ehemaligen Hauptschule schon mit Geflüchteten belegt sein. Doch das hat sich verzögert. Woran es liegt und wie die Stadt den weiteren Bedarf an Unterbringungs-Plätzen einschätzt.
Einige Container stehen schon auf dem Schulhof der ehemaligen Hauptschule in Kaldenkirchen. Genutzt werden können die darin untergebrachten Sanitäranlagen jedoch noch nicht – und mithin konnten bislang noch keine Geflüchteten in die ehemalige Schule einziehen. Das sollte nach ursprünglichen Plänen der Stadt zu Jahresbeginn schon geschehen. Der Grund für die Verzögerung nach Angaben von Bürgermeister Christian Küsters: Auf Anforderung des Kreises musste das Leitungssystem noch auf einen Befall mit Legionellen-Bakterium überprüft werden, das im Wasser lebt, bei haushaltsüblichen Temperaturen zwischen 25 und 50 Grad bestens gedeiht und bei Menschen Lungenentzündungen auslösen kann. An dem in Kaldenkirchen von manchen kritisierten Plan, in der ehemaligen Schule Geflüchtete unterzubringen, ändert sich jedoch nichts. „Wir hoffen, dass das im Laufe des Monats Mai geschehen kann“, sagt Küsters.
Der Plan sieht vor, in einem ersten Schritt in der neuen Notunterkunft Aufnahmekapazitäten für 36 Personen, später soll es dort Raum für bis zu 100 Geflüchtete geben. Raum, den die Stadtverwaltung nach eigener Einschätzung dringend braucht, um die ihr zugewiesenen Flüchtlinge und Asylsuchenden in Nettetal unterbringen zu können. Sie rechnet nicht damit, dass sich die Zahl der Menschen, die zugewiesen werden, auf absehbare Zeit verringern wird.
Am Stichtag 31. März waren einem Bericht der Stadtverwaltung für die Mitglieder des Rats-Sozialausschusses 656 Geflüchtete in Nettetal untergebracht. Verfügbar waren 700 Plätze in 28 Unterkünften unterschiedlicher Größe. Die Differenz von 44 noch unbelegten Plätzen besagt nach Ansicht der Stadt jedoch nicht, dass Nettetal ausreichend mit Unterbringungskapazitäten versorgt ist. „In der Praxis kann nie eine 100 Prozent-Belegung der Soll-Kapazitäten erfolgen, da Plätze aufgrund von Familienkonstellationen oder besonderen Bedarfen der Geflüchteten nicht vollständig belegt werden können“, heißt es in dem Bericht. Und: „Erfahrungsgemäß sind die tatsächlichen Kapazitätsgrenzen bei einer Belegung von maximal 85 - 90 Prozent erreicht.“
Hinzu kommt: Nettetal hat das Kontingent der Flüchtlinge, die der Stadt zugewiesen werden können, noch nicht erfüllt. Werden weitere Menschen zugewiesen, muss die Stadt also auch noch weitere aufnehmen – am Stichtag wären es noch knapp 130 gewesen. Als Erfahrungswert aus legt die Stadt bei ihrer Kalkulation 25 Zuweisungen und zehn Fortzüge pro Monat zugrunde, macht also unterm Strich einen Zuwachs von 15 Menschen pro Monat. Wenn diese Prognose richtig ist und es nicht gelingt, schnell weitere Unterbringungsplätze zu schaffen, würden Nettetal im Dezember 150 Plätze fehlen.
Vor diesem Hintergrund wird klar, warum Lara Lutz vom städtischen Fachbereich Soziale Betreuung, Asyl und Wohnungslosigkeit dem Sozialausschuss erklärte: „Stand jetzt ist noch nicht absehbar, wann die Notunterkunft in der Turnhalle Lobberich aufgegeben werden kann.“ Die Halle an der Süchtelner Straße wird seit Frühjahr 2022 als Notunterkunft genutzt und ist bislang Nettetals einzige Notunterkunft. So lange nicht genügend andere Unterbringungsplätze geschaffen sind, wird sie weiterhin als Sportstätte ausfallen.
Da auch die Plätze in der ehemaligen Hauptschule Kaldenkirchen voraussichtlich nicht ausreichen werden, hofft die Stadt 70 Plätze in Leuth schaffen zu können, der Nettebetrieb verhandelt derzeit mit dem Eigentümer eines Wohnobjekts. Auf einer stadteigenen Fläche im Gewerbegebiet Nettetal-West weitere Plätze zu schaffen, ist auch eine Idee, aber diese befindet sich offenbar noch in einem sehr frühen Stadium: „Hinsichtlich der Entwicklungsmöglichkeiten“ lasse „der derzeitige Planungsstand keine Prognose hinsichtlich der Kapazität oder der Zeitschiene zu.“ Mit der Fertigstellung der geplanten Unterkunft für 70 Menschen an der Von-Waldois-Straße in Breyell ist nicht vor 2026 zu rechnen.