Jonas Niemanns Ideen als Partizipationsmanager Manager für Bürgerbeteiligung
Nettetal · Was hilft gegen Politikverdrossenheit? Für Partizipationsmanager Jonas Niemann lautet die Antwort mehr Bürgerbeteiligung. Das sind seine ersten Ideen, um die Nettetaler stärker in Entscheidungen einzubeziehen.
(hb) Seit gut acht Monaten ist der neue Partizipationsmanager der Stadt im Rathaus tätig. Jetzt stellte sich Jonas Niemann (28) in der Sitzung des Stadtrates vor und informierte über seine bisherige Arbeit. Niemann muss in Nettetal ein Pionier sein. Waren Großstädte wie Wuppertal und Bonn Vorreiter, so sind Partizipationsmanager in kleineren Städten wie Nettetal noch ein Novum.
Seine Stelle ist an das Büro von Bürgermeister Christian Küsters (Grüne) angebunden. Partizipation, also Teilhabe der Bürger am politischen Geschehen, ist Küsters Herzensangelegenheit. Wie Niemann das Amt ausfüllt, muss er noch konzeptionell entwickeln. Der 28-Jährige stammt aus Oelde im Münsterland und hat in Bielefeld Sozialwissenschaften und „Politische Kommunikation“ studiert. Inzwischen wohnt er in Lobberich, hat alle Abteilungen im Rathaus und alle Stadtteile von Nettetal erkundet.
Niemann möchte generell
mehr Bürgerbeteiligung
Das Berufsbild eines Partizipationsmanagers steckt noch in der Entwicklung. Etliche Städte haben eine solche Stelle in der Stadtentwicklung angesiedelt. In Nettetal will man die Teilhabe nicht auf den Baubereich beschränken, sondern breiter anlegen. Es gehe um formelle und informelle Teilhabe der Bürger am Geschehen in ihrer Stadt. Darunter fielen nicht nur Bauleitpläne oder Bürgerbegehren, sondern auch Demokratiekompetenz, heißt es aus der Verwaltung.
Seit Niemann im März anfing, hat er bereits einiges begleitet und Neues angestoßen. Als erstes nannte er den Bürgermeister-Dialog auf den neu gestarteten Feierabendmärkten. Nettetal wurde zudem Mitglied im internen Portal für Bürgerbeteiligung. Das Beteiligungsportal des Landes bietet den Kommunen Software an, die auf den städtischen Seiten installiert werden können, wie Dialogforen, Umfragen oder Mängelmelder. Niemann will das „Kommunalpolitische Praktikum“ für Schüler ab der neunten Klasse forcieren.
Auch wenn das Stadtentwicklungskonzept Kaldenkirchen oder das Mobilitätskonzept bereits gute Beispiele für eine stärkere Einbindung der Bürger seien, will der Partizipationsmanager generell mehr Bürgerbeteiligung. Warum? „Das ist wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein Mittel gegen Politikverdrossenheit“, so Niemann.
Im Stadtrat zitierte er aus einem Handbuch für Bürgerbeteiligung, 2012 erschienen und von der Bundeszentrale für politische Bildung Bonn vertrieben, die Forderung nach einem notwendigen Perspektivwechsel. Man müsse sich von einer „top-down-Politik“ (von oben nach unten) verabschieden. Ziel müssten ein offener Austausch und mehr Mitwirkungsprozesse sein.
In der Diskussion im Rat störte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Boyxen am Begriff „top-down-Politik“. Durch sechs Ortsausschüsse sei seine Fraktion schon seit Langem nah dran an der Basis, die kommunale Politik kümmere sich um die Bedürfnisse der Bürger. „Wir haben uns schon lange von einer ,top-down-Politik‘ verabschiedet“, sagte Boyxen. So sehr man die neue Stelle mitgetragen habe, warnte Boyxen davor, von der Verwaltung neue Strukturen zu schaffen, die in Konkurrenz zu den vorhandenen demokratischen Strukturen stünden.
Auch Renate Dyck, Vorsitzende der SPD-Fraktion, sagte zum Begriff „top-down-Politik“: „So sind wir nicht.“ Und Johannes Peters (FDP) führte „Bottom-up“ (von unten nach oben) als Gegenbegriff an. Bei den Grünen merkte Guido Gahlings an, die geringe Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen im September 2020 von nur 48,73 Prozent gebe ihm zu denken. Bürgermeister Küsters sagte am Ende der Diskussion, er sei gespannt, welche neuen Ideen Jonas Niemann in Zukunft einbringen werde.