Gaudi beim Nettetaler Ferkesmarkt in der Kritik Tradition des Ferkelrennens polarisiert
Nettetal-Lobberich · Tierfreunde wettern gegen eine Tradition beim Lobbericher Ferkesmarkt: Das Ferkelrennen müsste verboten werden, meinen sie. Des Tierschutzes wegen. Was Veranstalter und Landwirte dazu sagen.
An der 35 Meter langen Rennstrecke rund um den Wenkbüll auf dem Alten Markt in Lobberich knubbeln sich die Zuschauer hinter den Absperrgittern, die die mit Sägespänen bestreute Rennstrecke abschirmen, in deren Mitte ein Hänger steht. Stephan Jöriskes hat die Hängerrampe geöffnet und der Blick fällt auf die fünf drei Monate alten Ferkel, die ihre Rüssel neugierig an das Gitter pressen. „Die sind topfit und bestens trainiert“, bemerkt der Nettetaler lachend.
Jöriskes muss es wissen. Er hat die Ferkel mit auf die Rennen vorbereitet. Die Startklappen sind geöffnet und die fünf rosigen Kerlchen, allesamt mit einer Nummer ausgerüstet, wandern hinein. „Seid ihr alle bereit? Wir zählen von drei an rückwärts, dann geht es los“, ruft Helmut Schatten ins Mikrofon. Sekunden später heißt es „Los!“ und die Ferkelbeine flitzten, angefeuert von den Zuschauern, über die Bahn. „Flash ist vorne. Unser Favorit scheint erneut das Rennen zu machen. Keine Chance für die anderen“, tönt Schattens Stimme über den Markt. Das dritte Rennen endet mit einem dritten Sieg von Flash.
„Wir lagen richtig“, freut sich die neunjährige Jenny, die zusammen mit ihrem Opa zwei Euro auf Flash gesetzt hat. Wer den richtigen Riecher hatte, holte sich beim Stand der Katholischen Landjugendbewegung (KLFB) Lobberich seinen Gewinn ab.
Das Ferkelrennen der KLJB ist beim traditionellen Ferkesmarkt in Lobberich nicht wegzudenken. Schließlich verdankt der bunte Herbstmarkt im Herzen der Seenstadt den Schweinen seinen Namen. „Der Ferkesmarkt soll an das seit dem Jahr 1505 in Lobberich bestehende Marktrecht erinnern. Von 1910 bis 1964 kam es an der heutigen Ecke Hochstraße/Von-Bocholtz-Straße zudem zu einem regelmäßig stattfindenden Viehauftrieb, zu dem auch der Schweineverkauf gehörte“, berichtete Ralf Stobbe, Vorsitzender des VVV Lobberich, bei seiner Begrüßung.
Landwirte und Markt-Veranstalter verteidigen das Rennen
Das Schweinerennen beim Ferkesmarkt ist nicht jedermanns Sache. „Blöde Tradition“, „purer Stress für die Tiere“, „Ferkelei“ – so lauten Kommentare in sozialen Medien zu dem, was es am Wochenende in Lobberich zu sehen gab: Ferkel, die angelockt von Futter über eine 35 Meter lange Rennstrecke rund um den Wenkbüll flitzen. Eine Tradition beim Ferkesmarkt, die mancher gerne abgeschafft sähe. So wie etwa in Nieukerk, wo der örtliche Werbering 2019 nach Kritik der Tierschutzorganisation Peta ein bis dahin auch dort gepflegtes Ferkelrennen in ein Rennen mit schweinchen-rosafarbenen Bobby Cars für Kinder verwandelt hat.
Dem Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV) Lobberich, der Katholischen Landjugendbewegung und der Bauernschaft sei das Beispiel Nieukerk bekannt gewesen, sagt VVV-Vorsitzender Ralf Stobbe. „Wir haben uns aber entschieden, das Rennen wieder zu machen, weil wir meinen, dass die zehn Sekunden Laufen für die Tiere kein Problem sind. Das ist auch vom Kreisveterinäramt genehmigt“, erklärt Stobbe.
So sieht es auch Rudolf Platen von der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen. Der Landwirt aus Kempen ist Mitglied im Fachausschuss Schweinehaltung des Rheinischen Landwirtschaftsverband und hält selbst Schweine. Bei dem Rennen in Lobberich folgten die Tiere auf der Suche nach Futter ihrem natürlichen Bewegungsdrang, sagt Platen: „Die werden von niemand angetrieben oder bedroht. Und so lange das ohne Zwang ist, habe ich da keine Bedenken“, sagt Platen. In manchen Ställen zeige sich dasselbe Bild, wenn Futter ausgebracht wird. Auch da liefen die Tiere schon mal eine größere Strecke bis zur Nahrung.
Ob Lobberich beim nächsten Ferkesmarkt auf das seit vielen Jahren etablierte Rennen wegen der Kritik verzichtet, ist noch nicht klar. Stobbe: „Wir haben im Gesamtvorstand noch keine Nachbesprechung gemacht. Keine Position ist in Stein gemeißelt, wir werden darüber noch diskutieren.“